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Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney

Titel: Die Australierin - Von Hamburg nach Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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blond, das Zweite ist gefleckt – so wie sein Vater, der uns so sehr gemundet hat.«
    Emilia lachte laut auf. »Siehst du in den Ferkeln nur die zukünftigen Braten?«
    Piet senkte den Kopf. »Aye, Ma’m.«
    Emilia kauerte sich vor den Verschlag. Die beiden kleinen Ferkel saugten schon an den Zitzen der Mutter. Der Bauch der Sau bewegte sich wie in Wellen, und fasziniert beobachtete Emilia, wie das vierte Ferkel geboren wurde. Das Schwein drehte sich um, leckte das Neugeborene sauber, fraß die Nachgeburt auf und legte sich auf die Seite. Es dauerte nicht lange, da hatte das Kleine auch eine Zitze gefunden und saugte sich satt.
    »Wo ist das tote Tier?«, fragte Emilia leise.
    Piet zeigte auf eine abgedeckte Schüssel, die neben ihm stand. »Wenn wir es bei ihr gelassen hätten, so hätte sie es aufgefressen.« Er zuckte mit den Schultern. »Das machen sie so. Aber jetzt werden wir heute Abend ein köstliches Ragout haben.«
    »Kommen noch mehr?«
    Piet kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. »Nein. Das war es. Wir können froh sein, dass sie überhaupt geworfen hat.Ob die Kleinen überleben, werden wir sehen. Es ist zu kalt in diesen Breitengraden, und es wird noch mindestens zwei Wochen dauern, bis wir wärmere Gewässer erreichen.«
    »Können wir hier nicht heizen?«
    McPhail lachte schallend. »Gnädigste, wir haben Kohlen geladen. Ein Funke, und das ganze Schiff brennt. Ich habe mal einen brennenden Kohlefrachter gesehen. Der glühte nur, aber sechs Tage lang, und sie haben es nicht in den Griff bekommen. Die mussten das Schiff aufgeben.«
    »Dann ist das wohl leider nicht möglich.« Emilia seufzte. »Es ist so kalt. Ich hoffe, sie schaffen es.«
    »Wir werden noch Streu dazugeben, Gnädigste«, versicherte ihr Palmer, der Bootszimmermann. »Und auf sie achten. Laufen schon Wetten, ob wer überlebt.«
    Schwerfällig stieg sie die Stiege wieder empor, holte tief Luft, als sie an Deck stand. McPhail war dicht hinter ihr geblieben, führte sie zum Oberdeck.
    »Gnädigste!« Er verbeugte sich und tippte an seine Mütze. »Wir alle schätzen übrigens, dass Ihr mit auf Fahrt seid. Wirklich!«
    Tief berührt ging Emilia zurück in die Kajüte, sie freute sich an dem Lob.
    Endlich sahen sie die Küstenzüge von Südamerika. Die Daunendecken wurden verstaut, dann die Wolldecken. Emilia war froh, nur noch die leichtere Kleidung tragen zu müssen. Mitte Juli erreichten sie endlich Valparaiso. Der Hafen lag voller Schiffe, die den südlichen Winter abgewartet hatten und sich jetzt auf die Heimfahrt machten. Wie Bäume ragten die zahllosen Masten auf, man konnte sie gar nicht zählen, so viele waren es.
    Sorgfältig kleidete Emilia sich an. Sie hatte ein Kleid ausgelassen, so dass es ihren Bauch verdeckte.
    »Wenn ich das Schultertuch noch umlege, dann geht es, nicht wahr?«, fragte sie Carl.
    »Was hast du vor?«
    »Wir werden doch an Land gehen.«
    »Du sicherlich nicht.« Er sagte es so, als dulde er keinen Widerspruch.
    »Was?« Emilia schüttelte den Kopf. »Ich bin nun seit sieben Monaten auf diesem Schiff, von dem kurzen Halt auf St. Vincent einmal abgesehen. Du kannst mich doch nicht einfach an Bord lassen.«
    »Emma, du erwartest ein Kind. Und zwar bald. Das ist nicht zu übersehen.«
    »Und?«, fragte sie verblüfft. »Ich bin ja nicht die erste Frau, die ein Kind bekommt.«
    »Es schickt sich nicht, dass du so unter die Leute gehst.«
    Sie schnappte nach Luft. »Das ist nicht dein Ernst«, sagte sie leise.
    »Natürlich ist das mein Ernst. Ich möchte nicht, dass du so in die Öffentlichkeit gehst.«
    »Warum denn nicht?«
    »Hast du in Hamburg Frauen in deinem Zustand auf der Straße gesehen?« Er schüttelte verärgert den Kopf.
    »Ja, das habe ich.«
    »Aber keine deines Standes. Das schickt sich einfach nicht.«
    »Es schickt sich ja auch nicht, dass ich mit dir reise. Carl Gotthold, du kannst mich nicht hier auf dem Schiff lassen. Ich will den Hafen sehen, die Stadt. Ich will festen Boden betreten.« Emilia wurde lauter. Sie konnte gar nicht fassen, dass er es anscheinend ernst meinte.
    »Ich wusste, es war ein Fehler, dich mitzunehmen«, brummte Carl. »Frauen sind für die Seefahrt nicht geschaffen.«
    »Also wirklich – was soll das bedeuten? Ich habe mich doch tapfer gehalten auf der Fahrt. Das klingt ja so, als würdest du unsere Ehe bereuen.« Sie schluckte. So war auch die Tante mit ihr umgegangen, hatte sie gegängelt. War sie vom Regen in die Traufe gekommen? Würde Carl ihr von nun

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