Die Auswanderinnen (German Edition)
natürlich!“
Isabella sah sie fragend an.
„Ich werde dieses Geld aber vorerst nicht für mich verwenden, sondern es für den Prozess gegen Dieter zurücklegen! Wir werden ihn zurücklocken, davon bin ich überzeugt, und mit dem Geld werde ich die besten Anwälte, die es gibt, für unsere Sache engagieren. Ich werde mich persönlich darum kümmern, dass Dieter dieses Land nie wieder als freier Mann verlässt!“
Endlich standen sie alle auf, stießen miteinander an und begannen Zukunftspläne in einer Größenordnung zu schmieden, die gestern noch undenkbar für sie gewesen war.
Kapitel 57
Noch ehe die Frauen Dubbo erreichten, wussten sie bereits, dass ihre List funktioniert hatte. Steve hatte auf Evas Handy angerufen und ihnen begeistert berichtet, dass Dieter auf ihr Lockangebot, nach Sydney zu kommen, um eine Fotoausstellung zu organisieren, hereingefallen wäre. Er habe gemailt, dass er zufällig noch kurzfristig Termine freihätte! Zum Beispiel vor Weihnachten, der ganze Dezember stünde noch zur freien Verfügung. Er sei einverstanden, so schnell wie möglich nach Australien zu kommen und könne schon nächsten Dienstag in Sydney landen.
Jo Ann und Isabella quittierten die Nachricht mit lautem Jubel.
Am nächsten Morgen nahm Bill ihre Aussagen auf. Die Protokollierung dauerte fast den ganzen Tag und erschöpfte die Frauen mehr, als sie erwartet hatten. Am Abend kamen dann endlich John und Mira in Dubbo an.
John hatte den Pub geschlossen – wegen einer Familienangelegenheit, wie er vergnügt auf das Eingangsschild gemalt hatte – und sie gingen alle gemeinsam mit Bill essen. Der berichtete ihnen, dass die Polizei von Dubbo tatsächlich in ein paar Tagen über die zuständigen Behörden in Sydney einen Haftbefehl für Dieter erwirken könnte, und er selbst nach Sydney fahren würde, um Dieter gemeinsam mit seinen dortigen Kollegen am Flughafen in Empfang zu nehmen.
„Das lasse ich mir nicht entgehen“, meinte Isabella dazu. „Ich werde meinen Abflug auf Mittwoch verschieben. Warum kommst du nicht auch wieder mit uns zurück, Jo Ann? Willst du denn nicht miterleben, wie Dieter seine Strafe erhält?“
Jo Ann schüttelte den Kopf. „Nein, danke! Ich habe Besseres zu tun!“ Unauffällig lies sie unter dem Tisch ihre Hand in die von John gleiten und drückte sie sanft. Es war das erste Mal, dass sie von sich aus körperlichen Kontakt zu ihm suchte, und John lehnte sich mit einem wohligen Seufzer und halb geschlossenen Augen erleichtert zurück.
Die Frauen schienen jedoch weiterhin nervös und hochgradig angespannt zu sein. John vermutete, dass er der Einzige war, der nicht vorrangig mit Dieters Rückkehr in fünf Tagen beschäftigt war. Nachdem er gezwungen gewesen war, Jo Anns Hand loszulassen, weil alle plötzlich vom Tisch aufgestanden waren, verabschiedete er sich hastig mit einem Gute-Nacht-Gruß. Auch bei Jo Ann machte er keine Ausnahme. Sie war ob dieser deutlich zur Schau getragenen asexuellen Höflichkeit vielleicht etwas überrascht gewesen, hatte sich aber nichts anmerken lassen und ihm ebenfalls eine gute Nacht gewünscht.
Danach hatte jeder sein Zimmer aufgesucht, um mit sich und seinen Gedanken alleine zu sein. Nur Jo Ann wartete noch eine Weile hinter dem geöffneten Spalt ihrer Tür. Doch auf dem Gang blieb alles ruhig. Enttäuscht schloss sie leise ihre Zimmertür, legte sich aufs Bett und überlegte, warum sie sich mit einem Mal so unausgeglichen und freudlos fühlte. Sie hätte doch glücklich darüber sein müssen, dass ihnen Dieter so blindlings ins Netz gegangen war. Dass sie nun reich und unabhängig und ihr Leben plötzlich wieder voller Versprechungen war. Aber sie fühlte nichts von alledem. Stattdessen kam sie sich müde, ausgelaugt und leer vor. War dies vielleicht auf Johns unerklärliche Distanz von vorhin zurückzuführen? Oder lag es eher daran, dass sie eine völlig überzogene Erwartungshaltung hatte, die allerdings durch seine bisherigen mehr oder weniger zaghaften Versuche, eine gewisse Nähe zwischen ihnen zu schaffen, genährt worden war. Warum hatte er sie denn erst vor einigen Tagen noch so glühend am Telefon umworben, wenn er sie nun, nachdem sie ihm in Fleisch und Blut gegenüberstand, mit einem freundschaftlichen Kuss auf die Wange abspeiste? Mein Gott, wie hatte er sie abblitzen lassen! Bestimmt hatte ihn ihre kleine Geste unter dem Tisch erschreckt! Auf einmal war ihr unverständlich, warum sie sich überhaupt jemals eingebildet hatte, dass
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