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Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition)

Titel: Die Autobiographie: Die Ursache / Der Keller / Der Atem / Die Kälte / Ein Kind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Bernhard
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ausgesehen, als wäre es von oben herunter geschlachtet worden, wie ein riesiger offener Bauch waren die Gewölbe auseinandergegangen oder eingerissen, und die Andräkirche dahinter erschien nach und nach, wie sich der Staub zuerst gehoben und dann wieder gesenkt und gesetzt hatte, gänzlich verstümmelt, aber um diese Kirche ist es nicht schade gewesen, denn sie war schon immer eine Verunstaltung der Stadt, und augenblicklich hatten alle den gleichen Gedanken gehabt, daß die Andräkirche vollständig zerstört gehört hätte, aber die Andräkirche war nicht vollständig zerstört und ist tatsächlich nach dem Kriege wieder aufgebaut worden, was einer der größten Fehler gewesen ist, die Schranne aber, dieses Ungeheuer von mittelalterlichem Gebäude, war vernichtet. Im Schrannenwirt, drei Häuser vom Internat, sollen an die hundert Gäste, weil es ja ein so klarer und schöner Tag gewesen war, neugierig geworden, auf das Dach gestiegen sein, um das in jedem Falle immer ungeheuer faszinierende Schauspiel der hoch in den Lüften glänzenden und blinkenden Bomberverbände zu beobachten, und alle diese Neugierigen sind getötet worden. Diese Toten vom Schrannenwirt sind niemals geborgen, sondern, wie viele Hunderte andere in der Stadt auch, ganz einfach tief in den Schutt hinein- und hinuntergeschoben und mit dem Schutt eingeebnet worden. Heute steht dort ein Wohnhaus, und niemand weiß von der Geschichte, wenn ich frage. Die Zerstörungen im eigenen Haus, im Internat, waren zwar groß, aber sie waren kein Grund, das Internat zuzusperren, gleich waren alle daran gegangen, den Staub und die durch die Fenster hereingeschleuderten Mauerbrocken von der Schranne aufzuräumen, und in kurzer Zeit waren die Räume wieder begehbar und bewohnbar. Mehrere Spinde, darunter mein eigener, waren arg in Mitleidenschaft gezogen, meine Geige war vernichtet, ein Großteil meiner Kleidung, die ja nur aus ein paar Stücken bestanden hat, war zerfetzt worden. Keine zwei oder höchstens drei Stunden nach diesem Angriff, der, was ich aber durch die eigene Mitleidenschaft nicht selbst habe sehen können, in der ganzen Stadt großen Schaden angerichtet und viele Hunderte von Toten gefordert hatte, war plötzlich meine Großmutter erschienen, und wir packten meine paar noch brauchbaren Habseligkeiten zusammen und verabschiedeten uns und waren auch schon bald zuhause bei den Großeltern in Ettendorf. Die Eisenbahn funktionierte noch, und so war ich zwar nicht mehr im Internat gewesen, aber dann doch täglich mit dem Zug von Traunstein nach Salzburg gefahren, wochenlang, monatelang, bis kurz vor dem Jahresende. Diese Fahrten sind mir in allen Einzelheiten in Erinnerung, sie führten mich meistens nicht in die Schule, denn schon auf dem Hauptbahnhof, der zu diesem Zeitpunkt schon an allen Ecken und Enden von Bomben aufgerissen gewesen war, angekommen, war ich mit der Tatsache, daß längst Fliegeralarm gegeben worden war, konfrontiert und ohne Umweg gleich in den Stollen gegangen, und der Aufenthalt im Stollen, gleich, ob in der Zwischenzeit ein Angriff gewesen war oder nicht, hatte immer so lange gedauert, daß es zwecklos gewesen wäre, auch noch in die Schule zu gehen. Ich machte dann halt, aus dem Stollen herausgekommen, einen Umweg über die Stadt, in welcher es von Tag zu Tag immer neue Zerstörungen zu entdecken und zu bestaunen gegeben hatte, bald war die ganze Stadt, und die Altstadt nicht ausgenommen, voller Zerstörungen, und es hatte bald den Anschein, als gäbe es mehr vollkommen vernichtete oder arg in Mitleidenschaft gezogene Wohnhäuser, öffentliche Gebäude als andere, stundenlang war ich mit meiner Schultasche, der Faszination des in dieser Stadt aufeinmal heimisch gewordenen sogenannten Totalen Krieges vollkommen verfallen, in der Stadt hin- und hergezogen, irgendwo auf einem Schutthaufen oder auf einem Mauervorsprung sitzend, von welchem aus ich einen guten Blick auf die Zerstörungen und auf die mit diesen Zerstörungen nicht mehr fertig werdenden Menschen hatte werfen können, direkt in die Menschenverzweiflung und in die Menschenerniedrigung und in die Menschenvernichtung hinein. Für mein ganzes Leben habe ich in dieser Zeit, indem ich dieses auch in dieser Stadt, was niemand mehr weiß oder wissen will, fürchterlichste und erbarmungswürdigste Menschenelend beobachtete, gelernt und die Erfahrung gemacht, wie furchtbar das Leben und die Existenz überhaupt sind und wie wenig wert, überhaupt nichts wert im Krieg. Die

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