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Die Ballade der Lila K

Die Ballade der Lila K

Titel: Die Ballade der Lila K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blandine Le Callet
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Arbeitgeber, Sozialarbeiter. Der Pflichtverteidiger hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Ermittlungsakte eingehend zu studieren. Selbst wenn er es gewollt hätte, hätte er dafür nicht genügend Zeit gehabt.
    Meine Mutter hat im gesamten Prozessverlauf kein einziges Wort gesagt. Bei der Sachverhaltsdarstellung verzog sie keine Miene, sie schien auch keinen der Zeugen wiederzuerkennen, die aufgerufen wurden. Und sie zeigte keinerlei Reue. Offenbar war sie in Gedanken ganz woanders, weilte bereits in einer Welt, in der sie hoffentlich nicht mehr leiden musste.
    Das Urteil erging am 13 . Dezember: sechzehn Jahre Haft, Entzug der Elternrechte. Es stand ohnehin von vornherein fest. Meine Mutter wurde noch am selben Tag in die gerade eröffnete Strafvollzugsanstalt von Chauvigny verlegt. Eine Woche später, am 20 . Dezember, stimmten im Parlament 539 Abgeordnete für das Gesetz zum rigoros verstärkten Kinder- und Jugendschutz, bei 37 Gegenstimmen und 66 Enthaltungen. Fünf Tage danach wurde Weihnachten gefeiert.
    ***
    Ich habe Fernand die Geburt der Kleinen schließlich gebeichtet. Als ihm dämmerte, dass das Ereignis bereits zwei Wochen zurücklag, rümpfte er die Nase. Aber das war noch gar nichts im Vergleich zu seiner Grimasse, als er die Kätzchen zu Gesicht bekam: Binnen zwei Wochen waren ihre Fellfarben noch intensiver geworden, und die fuchsroten Streifen, die sie von ihrer Mutter geerbt hatten, traten umso stärker hervor.
    »Das … das kann gar nicht sein!«
    »Offensichtlich doch.«
    »Das kann nicht sein«, wiederholte er.
    »Hier haben Sie den leibhaftigen Beweis!«
    »Sämtliche Regenbogen-Abessinier sind unfruchtbar. Das ist wissenschaftlich erwiesen!«
    »Das Leben steckt voller Rätsel« , sagte ich lächelnd.
    »Wie war das?«
    »Vergessen Sie’s, Fernand.«
    So schnell kam er aus dem Staunen nicht heraus. Er starrte die Kleinen an, die ringsum spielten. Manchmal stieg ihm ein Kätzchen auf den Schuh, und Fernand ließ es halb zerstreut zu.
    Auf einmal schien er sich zu besinnen. Gereizt schüttelte er das Bein, um ein blaues Fellbällchen zu vertreiben, das sich an seinem Hosenaufschlag festkrallte.
    »Abscheuliches Tier!«
    Ich warf ihm einen mahnenden Blick zu.
    »Versuch erst gar nicht, mich umzustimmen, das wird nicht klappen! Egal, ob Pascha diese Tierchen gezeugt hat oder nicht, sie sind und bleiben außerplanmäßige Bastarde. Sie haben hier nichts zu suchen. Und du wirst auf der Stelle die Gesundheitspolizei anrufen, damit sie die Viecher abholt!«
    »Ich kann Ihren Standpunkt durchaus verstehen, Fernand. Aus Ihnen spricht die Vernunft. Aber ich möchte die Kleinen trotzdem noch ein bisschen behalten.«
    »Du machst wohl Witze!«
    »Nein, Fernand, das ist mein voller Ernst.«
    Bevor er etwas sagen konnte, fuhr ich schnell fort:
    »Ich möchte sie so gern noch ein Weilchen bei mir haben. Sie wissen, wie schwer ich es habe. Die Kleinen sind mir ans Herz gewachsen und … ich habe schon so viele schmerzliche Trennungen erlebt.«
    Er kniff die Augen zusammen.
    »Komm mir bloß nicht auf die sentimentale Tour!«
    Ich senkte demütig den Blick.
    »Du bist ja so was von manipulativ.«
    Ich lächelte.
    »Ich gebe dir eine Woche«, brummelte er. »Keinen Tag mehr. Wenn du nach dieser Frist nicht die Gesundheitspolizei rufst, werde ich es tun. Und ich warne dich: Falls man dir vorher auf die Schliche kommt, musst du allein damit fertigwerden!«
    »Eine Woche … Das dürfte reichen. Danke, Fernand.«
    Ich habe mich noch am selben Abend wieder in die Akte vertieft, den Wandschrank sieben Tage lang praktisch nicht verlassen und auch kaum geschlafen. Ich wollte die Lektüre beenden, bevor es Zeit wurde, von den Katzen Abschied zu nehmen. Ich hörte die Kätzchen im Wohnzimmer miauen, das Fauchen ihrer Mutter und manchmal ein Streifen an der Schranktür – Pascha, der mir ein Lebenszeichen gab. Es war schön, sie in der Nähe zu haben. Sonst hätte ich vielleicht nicht durchgehalten.
    ***
    Als Häftling verhielt sich meine Mutter mustergültig: Sie war still und fügsam, äußerte keine Wünsche und erhob keine Forderungen, aß, was man ihr vorsetzte, und schlief die meiste Zeit. Was hätte sie auch sonst tun können, wenn man sie derart mit Drogen vollpumpte? Wenn Sie wüssten, Milo, was man ihr für Dreckszeug gab. Im Lauf der Zeit wurde es immer mehr. Das steht alles im Haftbuch, Tag für Tag: die Medikamente, die jeweilige Dosis. Manchmal verschrieben sie ihr zur Abwechslung Aufputschmittel,

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