Die Bank im Park
–, und dann brachte er ungeheuerliche Worte zu Gehör.
»Die Dauphine«, sagte er, »ist eine Revolutionärin, parbleu! Ich liebe solche Aventuren. Es wird noch manches fallen, manches neu erstehen in Frankreich.«
Der Hofschranze hatte das Gefühl, es öffne sich die Erde unter ihm.
»Ich … ich …«, stammelte er.
Ich höre wohl nicht recht, wollte er sagen.
»Ich … werde also der hochedlen Dame berichten«, sagte er wirklich, »daß gegen ihre Exkursion nichts einzuwenden ist.«
»Sie soll nur zusehen«, meinte der Dauphin vergnügt, »daß sie vor Einbruch der Dunkelheit ins Schloß zurückkehrt. Erstens treibt sich nachts allerhand Gesindel draußen herum, und zweitens würde ich heute abend noch gerne eine Patience mit ihr legen.«
Eine Patience mit ihr legen, aha, so nennt er das also, dachte der Höfling despektierlich und entwich unter einer Kette unaufhörlicher Bücklinge rückwärts durch die Tür.
Die Dauphine hatte also wieder einmal ihren Willen durchgesetzt und erregte schon wenig später mitsamt ihrem Gefolge Aufsehen in den Straßen von Paris. Von den Händlern an den Ecken wurde billiges Obst erworben, auch kleine Leckereien, und bald trieb es die Dauphine auf die Spitze, indem sie zum Entsetzen des ganzen Hochadels um sie herum in einen ungeschälten Apfel biß und an einem offenen Stand, dessen Besitzer Wein anbot, billigen Pinard probierte, der es sogar schwer gehabt hätte, die Begeisterung der Hafenarbeiter zu erregen.
Der sensationellen Prozession voran trippelten zwei kleine Negersklaven, die eines der galanten Geschenke des Herzogs von Orléans waren. Die armen Mohren wußten, daß sie, koste es was es wolle, drollig zu sein hatten, und hüpften deshalb unnatürlich herum, stolperten absichtlich, schlugen Purzelbäume und verabreichten sich, wenn alle Stricke rissen, wenn also partout niemand lachen wollte, mehr oder minder ernstgemeinte Ohrfeigen; spätestens dann pflegte sich in der Regel der erwünschte Erfolg einzustellen.
Zur Ehre der Dauphine muß freilich gesagt werden, daß sie ihre gute Laune aus der Natur um sie herum bezog. Alles Grün, alle Blumen schienen ihr zuzulächeln.
»Ist das nicht herrlich, liebste Polignac?« fragte sie ihre Freundin, die Comtesse de Polignac, und diese nickte mit ihrem schmalen, puppenhaften Köpfchen.
Als der Bois de Boulogne erreicht wurde, sagte die Dauphine: »Was mich wundert, ist, daß die Wege so leer sind. Wo sind die Pariser? Die Pariserinnen? Ich hätte gerne mit einigen von ihnen gesprochen.«
Ein Verdacht stieg hoch in ihr.
»Habt Ihr das Gelände hier absperren lassen? – Präfekt!«
Der kleine, dicke Polizeipräfekt trat beflissen aus dem verstörten Kreis und legte voller Unterwürfigkeit beide Hände auf die Brust, was lächerlich und dumm zugleich aussah.
»Königliche Hoheit?«
»Ob Ihr das Gelände hier absperren ließet, will ich wissen.«
Er wand sich.
»Die Verantwortung für Eure Sicherheit …«
Er brach ab und begann noch einmal: »Die Verantwortung für Eure Sicherheit gebot mir dies.«
Mit verärgerter Miene sah sie ihn an. »Ihr glaubt also«, sagte sie, »daß es richtig ist, unsichtbare Mauern zwischen mir und meinem Volk zu errichten?«
»Mauern, die überall auf Gottes weiter Erde zwischen den Herrschern und ihren Untertanen errichtet werden, Königliche Hoheit.«
Eine Weile schwieg die Dauphine. Dann aber sprach sie fast prophetische Worte: »Möge es nie dazu kommen, daß diese Mauern einmal irgendwo vom Volk mit Gewalt niedergerissen werden. Gerade die Pariser scheinen mir dazu in der Lage zu sein. Dann aber gnade Gott den Herrschenden!«
Der Präfekt schwieg. Vielleicht hatten ihm diese Worte geradezu den Atem geraubt.
»An einem der nächsten Tage«, fuhr die Dauphine nach kurzer Überlegung fort, »wiederhole ich den heutigen Ausflug – aber ohne Absperrung, Präfekt, das sage ich Euch jetzt mit Nachdruck! Zwingt mich nicht, Euch dem Dauphin zur Bestrafung zu melden!«
Der dicke, kleine Präfekt war rasch in Schweiß geraten. Mit rotem Kopf trat er ins Gefolge zurück.
»Was sagt Ihr jetzt?« flüsterte ihm der Comte de Buron, ein Vertrauter, zu.
»Diese Hexe!« stöhnte der Präfekt leise. »Diese verfluchte fremde Hexe!«
»Diese Hexe«, flüsterte Buron zurück, »hat das Ohr des Dauphin; in ihrer Hand ist der Dauphin Wachs.«
»Der Teufel soll ihn holen, den Schwächling! Mit den beiden geht es so nicht mehr weiter! Ihr habt sie soeben doch wieder gehört! Die Fundamente
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