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Die Bedrohung

Die Bedrohung

Titel: Die Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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zusammenfielen. Er wusste, dass er den wunden Punkt am Bauch des Drachen entdeckt hatte. Seine Gedanken galoppierten schon voraus, und er machte eine Liste der Dinge, die er brauchen würde, und überlegte, wie er sie in die Anlage schmuggeln konnte. In jener Nacht vor einem halben Jahr schien der Plan noch verrückt, aber das war im Grunde bei allen kühnen Taten so. Am nächsten Morgen schilderte er seine Vorstellungen in einer verschlüsselten Nachricht, die er in seinem toten Briefkasten hinterließ. Während er auf eine Antwort aus Tel Aviv wartete, dachte er sich einen Vorwand aus, um noch einmal in Omidifars Büro zu kommen, und diesmal nahm er seine Kamera mit.
    Zwei Monate berieten die Experten über die Vorzüge von Shoshans Plan. Den Ausschlag gab schließlich die mangelnde Zuversicht der Luftstreitkräfte, die Anlage ohne einen Atomschlag zerstören zu können. In diesen beiden Monaten entwickelte Shoshan seinen Plan weiter, erkundete alle Winkel des dritten Untergeschosses und suchte und fotografierte so viele Stahlträger wie möglich. Er gab das alles weiter, weil er die Fragen vorhersah, die aus Israel kommen würden. In dieser Zeit begann Shoshan auch eine Scheinwand in seinem Lagerraum zu errichten, weil er einen Platz brauchen würde, wo er das Material für sein Zerstörungswerk verstecken konnte.
    Shoshan verbrachte zahllose Stunden in dem Bemühen, den Plan in allen Details auszuarbeiten. Es würde nicht ausreichen, an einem oder zwei Punkten zuzuschlagen. Der Plan musste umfassend sein, und das bedeutete, dass es Stunden dauern würde, ihn auszuführen. Die Sprengladungen mussten angebracht werden. Er würde die ganze Zeit Gefahr laufen, entdeckt zu werden – genauso wie der Sprengstoff. Selbst der dümmste Sicherheitswächter würde wahrscheinlich über das Zeug stolpern.
    Die Lösung kam ihm eines Nachmittags, als es einen kurzen Stromausfall in der Anlage gab. Shoshan putzte gerade eine Toilette im zweiten Untergeschoss, als es passierte. Für ein paar Sekunden wurde es stockdunkel im Raum, ehe die Notbeleuchtung anging. Shoshan schaute zu dem Beleuchtungskörper hinauf, der knapp unterhalb der Decke an der Wand montiert war – zwei drehbare Leuchten an einem beigefarbenen Metallkasten, der etwa einen halben Meter lang und ebenso breit war. Shoshan verließ die Toilette und blickte den langen Gang hinunter. Er zählte vier weitere Notlichter allein in diesem Bereich. An diesem Abend fotografierte er die Leuchten und notierte sich Bauart und Modellnummer. Am nächsten Morgen teilte er dem Mossad mit, dass er eine Lösung für das Problem gefunden hatte.
    Fünf Wochen später wurde die erste Lieferung mit einem Dutzend solcher Beleuchtungskörper von Haifa nach Mumbai, Indien, geschickt. Nachdem die Güter den Zoll passiert hatten, wurden sie umgepackt und Richtung Norden in die iranische Freihandelszone Chabahar geschickt. Von dort ging die Ware landeinwärts nach Isfahan. Zwei weitere Lieferungen folgten auf derselben Route. Jeden Tag fuhr Shoshan mit seinem Motorrad zum Haupttor der Anlage, mit zwei Satteltaschen und einem alten Milchkasten aus Plastik auf dem hinteren Kotflügel. Der Milchkasten war fast immer voll mit Ersatzteilen. Die Sicherheitsleute wussten das längst. In den Satteltaschen hatte er jedoch je ein nachgebildetes Notlicht. Niemals forderten ihn die Wächter auf, die Taschen zu öffnen.
    Unzählige Male hatte Shoshan in Gedanken durchgespielt, wie er vorgehen würde. Die Experten zu Hause in Israel hatten an alles gedacht. Statt des üblichen C-4-Plastiksprengstoffs hatten sie die Beleuchtungskörper mit dem relativ neuen thermobarischen Sprengstoff gefüllt. Eine solche Bombe war für die unterirdischen Räume der Anlage besonders gut geeignet, weil sie buchstäblich den ganzen Sauerstoff aus der Luft aufsaugen und einen enormen Vakuumeffekt hervorrufen würde. Außerdem war diese Waffe leichter als herkömmlicher Sprengstoff und hatte dabei die dreifache Zerstörungskraft. Die Ladungen sollten alle gleichzeitig hochgehen, was ein weiteres Problem aufwarf. Eine Verbindung mit Sprengschnur, einer sogenannten Detonation Cord, kam in diesem Fall nicht infrage. Die Ladungen per Fernzündung hochgehen zu lassen war ebenfalls unmöglich. Der viele Beton und Stahl würde sich von keinem Funksignal durchdringen lassen. Die Lösung bestand darin, jede Ladung mit einer präzisen Uhr zu versehen. Mittels Fernbedienung hatte Shoshan die Möglichkeit, für alle Ladungen eine

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