Die Behandlung: Roman (German Edition)
ihm verpasst hatte, hatten eigentlich Penderecki gegolten. Und als Klare geschrien und ihn abzuwehren versucht hatte, da hatte Caffery sich vorgestellt, dass er Pendereckis Schreie hörte, ein Vergnügen, das ihm nie vergönnt gewesen war. Ja, ihn hatte buchstäblich eine Mordswut überwältigt, und dieses Gefühl wollte einfach nicht aufhören – war immer noch da, saß ihm wie ein brennender Schmerz in den Eingeweiden.
»Ist Ihnen schlecht?« Souness stand mit verschränkten Armen direkt neben ihm.
Er schüttelte den Kopf.
»Was dann?«
»Am liebsten würde ich kotzen, wenn ich nur könnte.«
»Hm – überrascht mich nicht. Ich würde mir nämlich auch die Seele aus dem Leib kotzen, wenn ich meinen Partner derart hätte hängen lassen.«
»Ich brauch unbedingt was zu trinken.« Rebecca stand in der Tür, ihre Stimme zitterte. »Vielleicht sollte ich uns allen einen Drink machen.«
»Nein, Becky, im Augenblick nicht.« Souness stützte sich mit den Händen auf die Oberschenkel und sah Caffery von der Seite an. »Ich hab hier erst noch was zu regeln. Der Typ da – ist nämlich einfach abgehauen.«
»Ich konnte nicht anders.« Er richtete den Oberkörper ein wenig auf, wischte sich den Mund ab und atmete tief ein und aus. »Sie wissen doch, ich konnte einfach nicht anders.«
»Und mich in der Scheiße sitzen lassen, Jack? Wir haben Klare gerade in Brixton eingesperrt, und ich brauche Sie dort. Ich bin mit der Geschichte allein überfordert.«
»Nein, am besten, Sie entziehen mir den Fall.«
»Was?«
»Ich möchte, dass sie mir die Ermittlungen entziehen.«
»Na, so was.« Sie spreizte die Hände und blickte ratlos um sich, betrachtete ungläubig die Wände, die Spiegel, das Waschbecken. »Was für einen Schwachsinn reden Sie denn da?«
»Sie haben doch gesehen, was ich vorhin getan habe.« Er drängte sich an ihr vorbei und ging zum Waschbecken, drehte den Hahn auf und schöpfte sich Wasser in den Mund. »Das können Sie doch nicht dulden.«
»Was hat er denn getan, Danni?«
»Sie haben doch selbst gesehen, was ich getan habe, Danni.«
»Also, ich hab nur einen miesen Scheißhaufen – genau genommen einen Kindermörder – gesehen, der sich der Festnahme widersetzt hat. Und wissen Sie, was? Ich hab extra noch mal die beiden Beamten angerufen, die bei der Festnahme dabei waren, und sie gefragt, was sie gesehen haben. Die beiden haben erklärt, dass ich die Situation völlig richtig sehe – dass ich mir also nichts eingebildet habe. Die beiden haben genau das Gleiche gesehen wie ich.«
Caffery schüttelte den Kopf. »Nein, Danni.«
»Das kommt nun mal vor, wenn jemand sich der Verhaftung widersetzt – manchmal muss man eben ein bisschen nachhelfen. Besonders, wenn man es mit solchem Abschaum zu tun hat.«
Er schaute lange in den Spiegel über dem Waschbecken und sah sie an. »Dann glauben Sie echt, dass Sie mich da raushauen können?«
»Ja, sieht ganz danach aus.«
»Aber Sie haben doch gesagt, dass ich auf Sie nicht zählen kann, wenn ich Scheiße …«
»Na ja – fragen Sie mal Paulina, was von meinen Versprechungen zu halten ist. Ein kleiner Luxus, den ich mir manchmal leiste – wegen der vielen Schufterei, wissen Sie.«
»Na gut.« Er ließ die Zunge im Mund kreisen. Sie musste unbedingt begreifen, wie sehr ihn dieser Fall innerlich und äußerlich mitgenommen hatte. Ja, er wollte, dass sie kapierte, wozu er in seiner Besessenheit fähig war. »Augenblick noch.«
Er rannte die Treppen hinunter, riss die Tür zu dem Kämmerchen auf und wühlte darin herum, bis er unter den übrigen Sachen die zugeklebte Schachtel fand. Jetzt würde endlich alles auffliegen. Er hatte nur noch einen Wunsch: reinen Tisch zu machen. Mit der Schachtel auf dem Arm ging er wieder die Treppe hinauf.
Oben im Bad stand Rebecca schweigend neben der Tür. Souness hatte den Klodeckel heruntergeklappt, sich rittlings auf das WC gesetzt und trommelte nervös mit den Fingern auf das Holz – offenbar ein Rock-Song, der ihr gerade im Kopf herumging. Caffery stellte die Kiste auf den Boden, zog sein Schweizer Armeemesser aus der Tasche, klappte es auf und durchtrennte das Klebeband.
»Was ist das?« Souness hörte auf zu trommeln. »Was haben Sie da?«
Er schwieg, sah, wie Rebecca die Arme verschränkte und die Augenbrauen hochzog. Dann öffnete er den Deckel der Schachtel und kippte den Inhalt auf den Boden. Pendereckis Kinderpornosammlung lag jetzt direkt vor ihnen. Ein aufgeschlagenes Magazin, in dem ein
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