Die Berechnung der Zukunft: Warum die meisten Prognosen falsch sind und manche trotzdem zutreffen - Der New York Times Bestseller (German Edition)
langfristig auch nicht zu den Gewinnern. Aber wirklich lange haben wir noch nicht gegen ihn gespielt und können uns in diesen Punkten nicht sicher sein.
Was wissen wir also bislang über die Hand des Rechtsanwalts? Absolut sicher wissen wir nur, dass er weder die 8 ♠ noch die 8 ♣ hat, da wir diese beiden Karten in der Hand halten. Das reduziert die Zahl seiner möglichen Anfangskartenkombinationen von 1326 auf nur 1225, die alle gleich wahrscheinlich auftreten können, wenn das Spiel beginnt.
Der Rechtsanwalt hat uns jedoch eine weitere Information zukommen lassen: Er hat sich dafür entschieden mitzusetzen, was bedeutet, dass er zumindest halbwegs anständige Karten haben muss. Die meisten Spieler, einschließlich des Rechtsanwalts, »folden« (scheiden aus), ehe sie ihren Einsatz vor dem »Flop« (dem Aufdecken von drei Karten) erhöhen. Er hat aber vermutlich keine extrem guten Karten wie beispielsweise zwei Asse, da er nur mitgegangen und den Einsatz nicht noch weiter erhöht hat. Obwohl von letzterer Möglichkeit nicht ganz abzusehen ist. (Gelegentlich geht, »callt«, ein Spieler nur mit, statt zu erhöhen, obwohl er sehr gute Karten hat, um den Gegenspieler zu täuschen.)
Wir können jetzt beginnen, eine probabilistische (Bayes’sche) Einschätzung vorzunehmen, welche Karten der Rechtsanwalt hat. Aus Erfahrungen mit Spielern wie ihm wissen wir, dass er möglicherweise ein Paar wie 9 ♦ 9 ♠ hat. Es könnte sich aber auch um zwei Karten derselben Farbe handeln (wie A ♥ 5 ♥ ), was seine Chance auf einen Flush erhöht. Oder auch zwei zusammenhängende Karten derselben Farbe (»suited connectors«) wie 6 ♠ 5 ♠ , die sich sowohl in einen Flush als auch in eine Straße (»Straight«) verwandeln lassen. Schließlich könnte er mitsetzen, wenn er zwei »face cards« wie Kreuz König und Karo Bauer (K ♣ J ♦ ) hat.
Hätten wir genügend Zeit, könnten wir die Wahrscheinlichkeiten der Hand-Range des Anwalts komplett abschätzen und den 1326 Möglichkeiten eine Wahrscheinlichkeit von 0 bis 100 Prozent zuordnen (Abb. 10-2a). Für einen Computer, der diese Operation sehr schnell durchführen kann, könnte sich das Spiel so darstellen.
Eine Matrix wie diese ist viel zu kompliziert, um sie in der Wirklichkeit anzuwenden. Die Spieler versuchen also, die Blätter des Gegners in Gruppen einzuteilen, die in etwa gleich gut funktionieren (Abb. 10-2b). Was uns am meisten zu interessieren hat, ist die Möglichkeit, dass der Rechtsanwalt ein Paar besserer Karten hat als unsere beiden Achten.
Glücklicherweise ist diese Wahrscheinlichkeit gering: Ein Spieler bekommt beim Texas Hold’em nur selten ein Paar. Wenn gegeben wird, beträgt die Chance, mit einem Paar Neunen oder noch besseren Karten zu beginnen, nur etwa 3 Prozent. Wir müssen unsere Schätzung dieser Wahrscheinlichkeit jedoch aktualisieren, weil der Anwalt mitgegangen ist, bei lausigen Karten wäre er normalerweise ausgestiegen. Das spricht für die Wahrscheinlichkeit, dass er gute Karten hat. Nach unserer Schätzung ist die Wahrscheinlichkeit, dass sein Paar besser ist als unsere beiden Achten, bereits auf 6 Prozent gestiegen.
Abbildung 10-2a: Probabilistische Darstellung der gegnerischen Hand-Range
In 94 Prozent der Fälle hat der Anwalt schlechtere Karten als wir. Das Problem besteht darin, dass fünf Karten noch nicht gegeben sind. Und obwohl es relativ schwer ist, mit diesen unser Paar zu verbessern (wir bräuchten eine der beiden verbleibenden Achten im Spiel), könnte er es noch auf ein höheres Paar, eine Straße oder einen Flush bringen.
Typ
Beispiel
Wahrscheinlichkeit vor dem Mitgehen
anschließend
Paar, Acht bis Ass
J ♥ J ♣
3%
6%
Paar, Zwei bis Sieben
6 ♠ 6 ♦
3%
12%
Ass gleicher Farbe
A ♥ 9 ♥
4%
15%
Ass unterschiedlicher Farbe
A ♠ Q ♥
11%
16%
»Face Cards« gleicher Farbe
Q ♠ J ♠
2%
10%
»Face Cards« ungleicher Farbe
K ♣ T ♠
5%
16%
zusammenhängende Karten gleicher Farbe
7 ♦ 6 ♦
2%
8%
unterschiedliche Karten
J ♣ 8 ♣
70%
17%
Abbildung 10-2b: Gegnerische Hand vor dem Flop
Der Anwalt trinkt einen Schluck Kaffee, und der Dealer legt die Flop-Karten in die Mitte des Tisches. Sie bestehen aus zwei Kreuzen (einem König und einer Drei) und einer Herz Neun.
K ♣ 9 ♥ 3 ♣
Diese Karten haben unsere Hand nicht verbessert, und wir können nur hoffen, dass sie auch die des Anwalts nicht verbessert haben. In diesem Fall wird der Achter-Zwilling immer noch am besten abschneiden. Also wetten wir relativ
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