Die Bernsteinhandlerin
erwiderte, bildete sich auf der rechten Wange ein Grübchen, das seinem sonst so von harter Entschlossenheit geprägten Gesicht einen weichen, humorvollen Zug gab. »Keine Sorge â was mich angeht, so besteht diese Gefahr nicht«, versicherte er.
Sie sah ihn an, beobachtete, wie er jetzt das Pferd beruhigte, dem es nicht gefiel, dass das Fährschiff leicht hin und her schwankte. Nachdem er auch ihren Blick erwiderte, wich sie ihm jedoch schnell aus.
»Habt Ihr schon Pläne für die Zeit, wenn wir Riga erreicht haben?«, erkundigte sie sich betont sachlich.
Sein Blick wirkte nach innen gekehrt, so als würde er über etwas nachdenken. Er schüttelte schlieÃlich den Kopf, während er dem Apfelschimmel über die Nüstern strich, sodass er sich beruhigte. »Nein, ehrlich gesagt, weià ich noch nicht, was ich dann beginnen werde«, gestand er. »Wer weiÃ, vielleicht ist ein Platz als Hauptmann in der Stadtwache frei.«
»Ich werde Euch gerne dabei helfen, eine Anstellung nach Eurem Wunsch zu bekommen«, versprach Barbara.
»Ich nehme an, Euer Vater ist nicht ganz ohne Einfluss.«
»So ist es! Und nachdem einige unserer Männer bei dem Ãberfall durch die Wegelagerer ums Leben gekommen sind, werden wir dafür Ersatz einstellen müssen. Dass Söldner derzeit schwer zu bekommen sind, brauche ich Euch ja wohl nicht zu sagen!«
»Ich selbst habe in den letzten drei Jahren ja immer wieder davon profitiert«, gestand er stirnrunzelnd. »Doch Ihr braucht Euch keine Mühe zu geben! Ich brauche keine Protektion und habe derzeit genug Geld, um mir alles in Ruhe zu überlegen. Obendrein bin ich durchaus bescheiden und nicht auf Luxus aus, auch wenn ich kein Armutsgelübde abgelegt habe wie die Ordensritter.«
»Armut, Gehorsam, Keuschheit â das Gelübde der Ritterbrüder beinhaltet drei Dinge«, erinnerte ihn Barbara.
»Das ist wahr! Aber ich wäre gewiss zu schwach, um die Zumutungen aller drei Gelübde dauerhaft auf mich zu nehmen. Darum habe ich auch niemals versucht, dem Orden beizutreten.«
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Die Ãberfahrt dauerte nicht lange. An der Kaimauer stand eine Gruppe von Menschen, die bereits geraume Zeit auf die Ankunft des Schiffes warteten. Die Stimmung unter ihnen war alles andere als freundlich, auch wenn sie von Sariantbruder Nathaniel nachdrücklich ermahnt wurden, ihre unchristlichen Flüche für sich zu behalten, da man kein Unglück für das Schiff heraufbeschwören wollte.
»Ihr mögt mir jetzt ins Feste Haus folgen«, sagte Arnulf von Brindig, an Barbara und Erich gerichtet. »Ich bin mir sicher, dass Ihr dort freundliche Aufnahme finden werdet â denn an der Wahrheit Eurer Worte habe ich mittlerweile keine Zweifel mehr!«
»Ihr seid sehr freundlich«, erwiderte Barbara.
Arnulf führte den Reiterzug an, während Barbara und Erich ungefähr in dessen Zentrum folgten. Es entging Barbara keineswegs, dass die Begleiter des Ritterbruders sie in die Mitte genommen hatten.
»Nennen wir es eine Art ehrenhafter Gefangenschaft«, raunte Erich ihr zu.
»Macht Euch keine Gedanken, Erich«, gab Barbara zurück. »Der Burgkommandant ist Hermann von Schlichten, ein guter Freund unserer Familie, der mit meinem Vater seit langer Zeit gut bekannt ist! Wie ich schon Arnulf gegenüber sagte, bin ich ihm schon als Kind das erste Mal begegnet â¦Â«
»Dann kann ja nichts geschehen«, sagte Erich. »Was mir Sorgen macht, ist der Umstand, dass wir erst morgen weiterreiten können, denn ich nehme an, dass uns das Treffen mit Hermann von Schlichten so lange aufhält, dass uns gar nichts anderes übrigbleiben wird, als auch die Nacht auf der Memelburg zu verbringen.«
»Es wäre unhöflich, die Gastfreundschaft des Festen Hauses auszuschlagen, meint Ihr nicht?«
»Gewiss. Aber Ihr gebt damit Euren Feinden â wer immer sie auch sein mögen â die Möglichkeit, Euch leichter folgen zu können oder aufs Neue einen Haufen Gesindel anzuwerben, der noch einmal versucht, Euch in seine Gewalt zu bringen.«
»Wenn wir morgen in aller Frühe aufbrechen, werden wir es allemal bis zur nächsten Kommende des Ordens schaffen und dort sicher unterkommen!«, beschwichtigte Barbara Erich. »Der Weg führt durch die Gebiete an der kurländischen Küste, und wenn wir uns nicht zu weit vom Meer ins Inland verirren, wird nichts
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