Die Bernsteinhandlerin
entsprechen. Wir haben ein Tuch mit dem eingestickten Namenszug Heusenbrink gefunden, das Ihr wohl verloren habt.«
»Blaues Garn auf weiÃem Grund â und dazu das Zeichen unseres Handelshauses: ein Schiff in Bernsteinbraun â¦Â«
Arnulf holte das Tuch aus dem Ãrmel seines Wamses heraus und schüttelte es auseinander. Es sah genau so aus, wie Barbara es beschrieben hatte. »Wenn Euer Begleiter sein Schwert vollends senkt, bin ich in der Lage, es Euch zurückzugeben«, erklärte der Ritterbruder.
Erich stieà ein Knurren aus und steckte das Schwert zurück in die Scheide. Arnulf trat vor und gab Barbara das Tuch zurück.
»Ich danke Euch. Offenbar habe ich es in der Hast der Ereignisse verloren«, sagte Barbara.
»Ich möchte Euch trotz allem ersuchen, dass Ihr mich zum Burgkommandanten begleitet, um ihm zu schildern, was Euch widerfahren ist! Das kann uns nur dabei helfen, die Schurken dingfest zu machen, die gegenwärtig diesen Teil des Ordenslandes unsicher machen.«
Barbara neigte etwas den Kopf. »Gewiss. Ich dachte ohnehin daran, nach Möglichkeit die Festen Häuser des Ordens als Unterkunft zu nehmen, da man dort am sichersten ist!«
Feste Häuser â so nannte der Orden seine Burgen, die über die ganzen baltischen Länder verteilt waren, und zwar in einem Abstand, dass man normalerweise niemals länger als einen Tagesritt benötigte, um von einem dieser Häuser zum anderen zu gelangen. Schon ihrem GroÃvater war das Privileg zuteil geworden, auf dieselbe Art auf Reisen durch das Ordensland untergebracht zu werden.
»Wenn mir die Bemerkung gestattet sei â für ein Ziertuch ist es ungewöhnlich klein«, meinte Arnulf. »Es lässt sich selbst um einen so schlanken Hals wie den Euren kaum herumbinden!«
»Diese Bemerkung sei Euch keinesfalls gestattet!«, mischte sich Erich etwas ärgerlich ein.
»Es ist auch keinesfalls ein Ziertuch«, klärte Barbara auf. »Sondern eines dieser neuen Nasentücher, wie sie in Italien schon weit verbreitet sein sollen!«
Arnulf runzelte die Stirn, und Barbara war sich sicher, dass er ebenso wenig davon gehört hatte wie Erich, auf dessen Stirn sich jetzt eine tiefe Furche gebildet hatte.
Barbara steckte sich das Tuch an ihren Gürtel. Keinesfalls hatte sie etwa die Absicht zu demonstrieren, wie man dieses Nasentuch eigentlich handhabte! Sie selbst hatte es noch nie zu dem Zweck benutzt, sich damit die Nase zu putzen â zumal das in Riga niemand sonst tat. Nicht einmal die feinsten Patrizierfrauen mit den breitesten Pelzstreifen an den Kragen ihrer Mäntel, die es für vornehm hielten, die Nase mit bloà zwei Fingern zu schnäuzen anstatt mit der ganzen Hand, die man anschlieÃend für gewöhnlich an der Kleidung abwischte. Der Gedanke, zum Zweck der Nasenentleerung ein Tuch zu verwenden, war Barbara bis heute fremd geblieben. Dieses Tuch
mit ihrem Familiennamen war auch nur deshalb in ihren Besitz gelangt, weil ein Geschäftspartner aus Florenz dem Haus Heusenbrink im letzten Jahr einen ganzen Stoà dieser Tücher als Gastgeschenk mitgebracht und dabei auch deren korrekten Gebrauch vorgeführt hatte. Bei den Bediensteten ihres Vaters hatte das vor allem zu Heiterkeitsanfällen geführt, die mühsam unterdrückt werden mussten, um den Gast nicht zu beleidigen und dessen Gastgeschenk zu entwerten.
Â
Lautes Stimmengewirr lieà Barbara jetzt förmlich zusammenzucken. Unübersehbar kam es gerade zu den ersten Rangeleien zwischen den wartenden Fischern und den Halbkreuzlern um Sariantbruder Nathaniel.
»Sagt uns: Was geht dort vor sich?«, fragte Barbara. »Können wir noch damit rechnen, an diesem Tag übergesetzt zu werden?«
»Das will ich hoffen«, sagte Arnulf. »Der Streit geht um die Ruderer. Sie wollen auch für die Fahrten bezahlt werden, auf denen der Wind ihnen die Arbeit abnimmt! Dass der Wind gegenwärtig genau aus der Richtung unseres Festen Hauses an der Memel bläst, nutzen sie jetzt schamlos aus. Ihr müsst nämlich wissen, dass Arbeitskräfte aller Art in Memelburg knapp geworden sind, seit wir vor einem halben Jahr die Pestilenz in der Stadt hatten.«
»Wie viel fordern denn die Ruderer?«, fragte Barbara.
Arnulf zuckte die Achseln. »Ein paar Kupferstücke pro Mann. Das ist nicht der Rede wert. Aber man fürchtet, dass sie beim nächsten Mal noch
Weitere Kostenlose Bücher