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Die Berufung

Titel: Die Berufung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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sie erhaschte.
    Der Kapitän fuhr einen weiten Bogen, sodass die Gäste den Ausblick auf Ellis Island und die Freiheitsstatue genießen konnten, und wandte sich dann nordwärts in Richtung Battery an der Südspitze Manhattans. Es war mittlerweile dunkel geworden, und die Wolkenkratzer erleuchteten den Finanzdistrikt. Majestätisch rauschte die Brianna auf dem East River unter Brooklyn Bridge, Manhattan Bridge und Williamsburg Bridge hindurch. Das Streichquartett trat ab, und bald schallten Hits von Billy Joel über die Hightech-Soundanlage des Schiffes. Auf dem zweiten Deck wurde getanzt. Irgendwer wurde in den Pool geschubst. Andere folgten, und bald entledigten sich viele der jüngeren Gäste ihrer Kleidung.
    Wie von Trudeau angewiesen, wendete der Kapitän am Gebäude der Vereinten Nationen und beschleunigte das Tempo, was aber niemandem auffiel. Carl Trudeau selbst gab in diesem Augenblick in seinem weitläufigen Büro auf dem dritten Deck ein Interview.
    Pünktlich um 22.30 Uhr legte die Brianna an Pier 60 an, und die Gäste gingen nach und nach von Bord. Mr und Mrs Trudeau verabschiedeten sie mit Umarmungen und Küsschen, winkten und wünschten sich nichts sehnlicher, als dass alle bald verschwunden waren. Schließlich wartete das Mitternachtsdinner. Vierzehn Gäste blieben an Bord, sieben glückliche Paare, die für ein paar Tage zu einer Kreuzfahrt nach Palm Beach eingeladen waren. Sie zogen sich etwas Bequemeres an und trafen sich im Speisesaal zu einem weiteren Drink, während der Küchenchef dem ersten Gang den letzten Schliff verlieh.
    Trudeau flüsterte dem ersten Maat etwas zu, und fünfzehn Minuten später legte die Brianna erneut von Pier 60 ab. Während seine Frau die Gäste unterhielt, entschuldigte er sich für ein paar Minuten und stieg die Treppe zum vierten Deck empor. Dort befand sich sein Lieblingsort auf diesem faszinierenden neuen Spielzeug: ein erhöhtes kleines Deck, der höchste Punkt des Schiffes. Ein Beobachtungsposten.
    Während ihm der kühle Wind das Haar zerzauste, packte er die Messingreling fester und sah zu den gewaltigen Hochhaustürmen des Finanzdistrikts hinüber. Sogar sein eigenes Büro im vierundvierzigsten Stock war für einen Augenblick zu erkennen.
    Krane bewegte sich in schwindelnden Höhen. Die Stammaktie wurde für knapp unter fünfzig Dollar gehandelt, der Gewinn brach alle Rekorde. Sein eigenes Nettovermögen betrug mehr als drei Milliarden Dollar und wuchs ständig weiter.
    Vor achtzehn Monaten hatten ein paar Dummköpfe da drüben über ihn gelacht. Krane sei erledigt, hatte es geheißen, Trudeau ein Versager. Wie kann man eine Milliarde Dollar an einem Tag verlieren ?, hatten sie gejohlt.
    Und wer lachte jetzt?
    Wo waren die selbst ernannten Experten?
    Der große Carl Trudeau hatte ihnen wieder einmal ein Schnippchen geschlagen. Er hatte mit der Bowmore-Sache aufgeräumt und seine Firma gerettet. Er hatte den Kurs der Aktie in den Keller stürzen lassen, um dann bei Notverkäufen so viele Aktien zu kaufen, dass ihm nun praktisch das gesamte Unternehmen gehörte. Dabei war er immer reicher geworden.
    Auf der Forbes 400- Liste würde er zu den Aufsteigern gehören. Während er ganz oben auf seiner einzigartigen Jacht über den Hudson rauschte, warf er voller Selbstzufriedenheit einen Blick auf die schimmernden Wolkenkratzer, die sich um die Wall Street drängten, und dachte, dass nichts sonst zählte.
    Nun, wo er drei Milliarden Dollar besaß, wollte er sechs.
Ende

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