Die Beschenkte
foltere, bis eine Ihrer Töchter sich zu dieser Hochzeit bereit erklärt.«
Ellis’ Gesicht veränderte sich nicht. »Das habe ich erwartet.«
Giddon sagte leise: »Katsa! Was machst du da?«
»Der König …«, fuhr Katsa fort, und dann spürte sie, wie ihr das Blut so heftig in den Kopf stieg, dass sie sich auf den Schreibtisch stützen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Der König ist in manchen Angelegenheiten gerecht, in dieser Sache aber nicht. Er will Sie einschüchtern. Doch der König schüchtert Sie nicht selbst ein – er verlässt sich darauf, dass ich es mache. Und ich …« Plötzlich fühlte sich Katsa stark. Sie stieß sich vom Schreibtisch ab und stand hoch aufgerichtet da. »Ich werde nicht tun, was Randa sagt. Ich werde weder Sie noch Ihre Töchter zwingen, seinem Befehl zu gehorchen. Mein Herr, Sie können tun, was Sie wollen.«
Im Raum war es still. Der Hausherr hatte große Augen vor Überraschung und lehnte sich jetzt schwer auf den Schreibtisch, als hätte ihn zuvor die Gefahr gestärkt und er wäre nun, wo sie vorbei war, schwach geworden. Giddon schien neben Katsa nicht mehr zu atmen, und als sie zu ihm hinüberschaute, hatte er den Mund vor Verblüffung geöffnet. Oll stand etwas abseits, er sah freundlich und besorgt aus.
»Nun«, sagte Lord Ellis, »das ist eine Überraschung, My Lady. Ich danke Ihnen, My Lady. Wirklich, ich kann Ihnen gar nicht genug danken.«
Katsa fand nicht, dass ihr jemand dafür danken sollte, dass sie ihm keinen Schmerz zufügte. Wer Freude auslöste, verdiente Dank, wer Schmerz verursachte, Verachtung. Weder das Eine noch das Andere zu bewirken, verdiente keins von beidem.
»Sie schulden mir keinen Dank«, sagte sie. »Und ich fürchte, dass Ihre Schwierigkeiten mit Randa dadurch nicht zu Ende sind.«
»Katsa!« Das war Oll. »Sind Sie sicher, dass Sie das wollen?«
»Was wird Randa mit dir machen?«, fragte Giddon.
»Was er auch tut«, erklärte Oll, »wir werden Sie unterstützen.«
»Nein«, sagte Katsa. »Ich will keine Unterstützung. Ich muss das allein tun. Randa muss glauben, dass ihr beide, du und Giddon, mich dazu zwingen wolltet, seinem Befehl zu folgen, es aber nicht konntet.« Sie fragte sich, ob sie die beiden verletzen sollte, um das überzeugender wirken zu lassen.
»Aber wir wollen diese Aufgabe so wenig durchführen wie du«, sagte Giddon. »Es war unser Gespräch, das dich dazu gebracht hat, diese Entscheidung zu treffen. Wir können nicht zuschauen, wie du …«
»Wenn er weiß, dass ihr ihm nicht gehorcht habt, wird er euch in den Kerker werfen oder töten«, sagte Katsa entschlossen. »Mich kann er nicht so bestrafen wie euch. Ich glaube, seine ganze Wache könnte mich nicht fangen. Und wenn, dann habe ich wenigstens kein Anwesen wie du, Giddon. Ich habe keine Frau wie du, Oll.«
Giddon machte ein finsteres Gesicht. Er wollte etwas sagen, doch Katsa schnitt ihm das Wort ab. »Ihr beide nützt niemandem, wenn ihr im Gefängnis seid. Raffin braucht euch. Und wo immer ich sein mag, ich werde euch auch brauchen.«
Giddon versuchte zu sprechen. »Ich werde nicht …«
Sie würde ihn zwingen, das einzusehen. Sie würde seine Beschränktheit durchbrechen und ihn zwingen, seinen Widerstand aufzugeben. Sie schlug so fest mit der Hand auf den Schreibtisch, dass Papiere auf den Boden fielen. »Ich werde den König töten«, sagte sie. »Ich werde ihn töten, wenn ihr nicht beide darauf verzichtet, mich zu unterstützen. Dies ist meine Rebellion und nur meine, und wenn ihr nicht zustimmt, dann schwöre ich bei meiner Gabe, den König zu ermorden.«
Katsa wusste nicht, ob sie das tun würde. Aber sie wusste, dass sie den beiden wild genug erschien, damit sie es glaubten. Sie wandte sich an Oll. »Sag, dass du zustimmst.«
Oll räusperte sich. »Es soll sein, wie Sie sagen, My Lady.«
»Giddon?«
»Es gefällt mir nicht«, antwortete er.
»Giddon …«
»Es soll sein, wie du sagst.« Er schaute zu Boden und sein Gesicht war rot und düster.
Katsa fuhr fort: »Lord Ellis! Wenn Randa erfährt, dass Hauptmann Oll oder Lord Giddon freiwillig zugestimmt haben, werde ich wissen, dass Sie geredet haben. Ich werde Sie töten. Ich werde Ihre Töchter töten. Verstehen Sie?«
»Ich verstehe, My Lady«, sagte Ellis. »Und noch einmal, ich danke Ihnen.«
Etwas steckte in ihrer Kehle bei diesem zweiten Dank, nachdem sie ihm gerade so brutal gedroht hatte. Wenn du ein Ungeheuer bist, dachte sie, wird dir gedankt und du
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