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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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nichts nützten, wollte er, dass Katsa Ellis quälte, und das in Anwesenheit der Töchter, so dass eine von ihnen vortreten und sich zur Ehe bereit erklären würde, um den Vater zu schützen. Randa erwartete, dass sie mit einer der Töchter und deren Mitgift an seinen Hof zurückkehrten.
    »Das ist eine grausige Aufgabe, die wir da erfüllen sollen«, sagte Oll. »Selbst wenn Ellis nicht Ihr Nachbar wäre, wäre sie grausig.«
    »Das stimmt«, sagte Giddon. »Aber ich sehe keine andere Möglichkeit.«
    Sie saßen auf einer Felsnase und aßen Brot und Obst. Katsa beobachtete, wie das hohe Gras um sie wogte. Der Wind peitschte es, griff es an, bog es hin und her. Es hob sich, fiel und hob sich wieder. Es wogte wie Wasser.
    »Ist so das Meer?«, fragte sie und die beiden wandten sich ihr überrascht zu. »Bewegt sich das Meer so wie das Gras?«
    »Es bewegt sich so ähnlich, My Lady«, sagte Oll, »aber anders. Das Meer rauscht, und es ist grau und kalt. Aber es bewegt sich so ähnlich.«
    »Ich würde gern mal das Meer sehen«, sagte sie.
    Giddon schaute sie ungläubig an.
    »Was ist? Ist es so seltsam, das zu sagen?«
    »Es ist seltsam für dich, es zu sagen.« Er schüttelte den Kopf, sammelte ihr restliches Brot und Obst ein und stand auf. »Dieser Kämpfer aus Lienid setzt dir romantische Ideen in den Kopf.« Er ging zu seinem Pferd.
    Sie ignorierte ihn, damit sie nicht über seine eigenen romantischen Ideen, seine Heiratswünsche oder seine Eifersucht nachdenken musste. Sie preschte über die Ebene und stellte sich vor, sie würde über das Meer reisen.
    Es war schwieriger, Giddons Anwesenheit zu ignorieren, als sie sein Schloss erreicht hatten. Die Mauern waren hoch, grau und eindrucksvoll. Die Diener strömten in den sonnigen Schlosshof, um ihren Herrn zu begrüßen und sich vor ihm zu verneigen, und er rief sie bei ihren Namen und befragte sie nach dem Korn im Lagerhaus, dem Schloss, der Brücke, die gerade repariert wurde. Hier war er König und sie konnte sehen, dass er sich in der Rolle wohlfühlte und dass sich seine Bediensteten freuten, ihn zu sehen.
    Sie waren immer aufmerksam zu Katsa, wenn sie an Giddons Hof war. Sie fragten sie, ob sie etwas brauche, sie machten Feuer für sie und brachten ihr Waschwasser. Wenn sie in den Korridoren an ihnen vorbeiging, wurde sie gegrüßt. So wurde sie nirgendwo sonst behandelt, noch nicht einmal in ihrem eigenen Zuhause. Jetzt wurde ihr klar, dass Giddon seine Leute natürlich angewiesen hatte, sie wie eine Herrin zu bedienen – und sie nicht zu fürchten oder es zumindest nicht zu zeigen. Das alles hatte Giddon für sie getan. SeineDiener mussten sie als ihre künftige Herrin betrachten, denn wenn Randas ganzer Hof von Giddons Gefühlen wusste, dann hatten Giddons Diener sein Verhalten bestimmt ebenso gedeutet.
    Sie wusste nicht mehr, wie sie sich an Giddons Hof verhalten sollte, jetzt, wo ihr klar war, dass alle etwas von ihr erwarteten, das sie nie einlösen würde. Sie dachte, sie wären vielleicht erleichtert zu wissen, dass sie Giddon nicht heiraten würde. Sie würden aufatmen und lächeln und sich vergnügt auf irgendeine freundliche, harmlose Herrin vorbereiten, die seine zweite Wahl war. Aber vielleicht erhofften sie auch für ihren Herrn, was er sich selbst erhoffte.
    Giddons Hoffnung verwirrte sie. Seine Dummheit, sich in sie zu verlieben, konnte sie nicht begreifen, und sie glaubte immer noch nicht ganz, dass es stimmte.
    Oll wurde immer verdrossener wegen Lord Ellis.
    »Es ist eine grausame Aufgabe, die uns der König aufgetragen hat«, sagte er beim Abendessen in Giddons privatem Esszimmer, wo die drei von zwei Dienern das Mahl serviert bekamen. »Ich kann mich nicht erinnern, dass er uns je etwas so Grausames befohlen hat.«
    »Doch, das hat er«, widersprach Giddon, »und wir haben gehorcht. Und Sie haben noch nie zuvor so etwas gesagt.«
    »Mir scheint nur …« Oll unterbrach sich und starrte gedankenverloren auf Giddons Wände, die mit üppigen Teppichen in Rot und Gold bedeckt waren. »Mir scheint nur, dass der Rat einen solchen Auftrag nicht stillschweigend dulden würde. Der Rat würde jemanden schicken, der diese Töchter beschützt. Jemanden von uns.«
    Giddon schob Kartoffeln auf seine Gabel und kaute. Er bedachte Olls Worte. »Wir können nicht für den Rat arbeiten, wenn wir Randas Befehle nicht ausführen. Wir nützen niemandem etwas, wenn wir im Kerker sitzen.«
    »Ja«, sagte Oll. »Aber trotzdem, es kommt mir einfach nicht richtig

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