Die Besteigung Des Rum Doodle
umgekehrten »M«. Der Gipfel besteht aus zwei Spitzen: Rum Doodle und Nord- Doodle. Nord- Doodle liegt westlich des echten Gipfels. Die verschiedenen Schätzungen der Höhe des echten Gipfels weichen beträchtlich voneinander ab; nimmt man jedoch aus diesen Werten den Durchschnitt, kann man mit einiger Gewissheit sagen, dass sich der Rum Doodle 40 000½ Fuß über den Meeresspiegel erhebt.
Der Hauptgrat des Massivs verläuft geradewegs von Norden nach Süden und wird von zwei Flüssen unterbro-chen, die als Wasserscheiden fungieren, der Agenda und der Conundra. Sie teilen den Grat in drei Abschnitte, die durch Schluchten von 20 000 Fuß Tiefe voneinander getrennt sind. Der echte Gipfel befindet sich im mittleren Abschnitt; der Nord- Doodle, obgleich nur wenig mehr als eine Meile entfernt, wird durch die Conundra-Schlucht von ihm getrennt. Von jedem der beiden Gipfel verläuft ein Grat in nordöstlicher Richtung, und diese Grate treffen sich in einer Senke, die als Col Süd (25 000 Fuß ü. d. M.) bekannt ist. Die Nord-wand des Col Süd fällt zum Rankling-La-Gletscher hin ab, der sich um die Südostwand des Berges windet, bis er scharf nach Nordwesten abbiegt. Aus dem Gletschertor tritt derRankling-Fluss hervor und fließt, nachdem er die Agenda-Schlucht etwa drei Meilen unterhalb der Wasserscheide durchquert hat, Richtung Norden. Der letzte Strich des umgekehrten »M« wird durch den Südgrat des Rankling-Tals komplettiert, der den Hauptgrat des Massivs etwa zwei Meilen westlich des echten Gipfels durchschneidet.
Unser Plan sah folgendermaßen aus: Das Basislager sollte in 20 000 Fuß Höhe im Nährgebiet des Gletschers aufgeschlagen werden. Hier wollten wir einige Tage zum Akklimatisieren verbringen. Während dieser Zeit sollten Erkundungen der Nordwand, die zum Col Süd führt, angestellt werden. Das vorgeschobene Basislager würde auf dem Col errichtet, ein Zwischenlager auf halber Höhe in der Wand. Von hier bis zum Gipfel sollten an geeigneten Stellen weitere Lager eingerichtet werden. Unser vorläufiger Plan war es, oberhalb der vorgeschobenen Basis in Abständen von 2000 Fuß zu lagern, das letzte Lager, Nummer 7, würde sich damit in 39 000 Fuß Höhe nur 1000 ½ Fuß unterhalb des Gipfels befinden. Jedes Lager würde mit Vorräten für 14 Tage ausgestattet sein, womit reichlich Vorsorge für schlechtes Wetter getroffen wäre.
Die große Frage war: Ist der Berg zu schaffen? Totter hatte 1947 geschrieben: »Der Berg ist schwierig, ja sogar hart, aber er ist zu schaffen.« Spätere Erkundungen hatten in Frage gestellt, ob die Nordwand zu schaffen sei, aber das abschließende Urteil lautete: Sie ist zu schaffen. Totter selbst hatte die
communis opinio
so zusammengefasst: »Teamgeist und gute Träger vorausgesetzt, ist der Berg zu schaffen.« Alle Welt weiß inzwischen, dass er geschafft wurde. Es ist mir keine geringe Genugtuung, dass wir Totters Meinung gerechtfertigt haben.
Als wir jedoch auf dem Rankling La standen, ergriff uns Scheu angesichts der mächtigen Zitadelle, die ihr majestätischesHaupt in den wolkenlosen Himmel erhob. Constant sprach für uns alle:
»Sie steht da wie eine Göttin und trotzt jedem, der seinen gotteslästerlichen Fuß in ihren unberührten Schrein zu setzen wagt.«
Es gab zustimmendes Gemurmel. In jenem Augenblick wurden wir durch die Größe der Aufgabe entmutigt, die wir uns selbst gestellt hatten, und ich für mein Teil sandte ein inbrünstiges Gebet hinauf, ich möge in der vor uns liegenden Prüfung nicht versagen. In solchen Augenblicken ist der Mensch ganz bei sich selbst.
Da standen wir, ganz bei uns selbst, bis der Sonnenuntergang, jener unübertreffliche Künstler, die Schneefelder der mächtigen Zitadelle mit rosigem Pinsel berührte und den Berg in einen Anblick verwandelte, wie ihn kaum ein menschliches Auge je gesehen hat. Schweigend wandten wir uns um und bahnten uns unseren Weg durch die einbrechende Dunkelheit zu unserem Rastplatz im Tal.
4
Der Gletscher
Z wei Tage später erreichten wir den Gletscher und begannen den langen Aufstieg zum Basislager. Dabei seilten wir uns zum ersten Mal an. Jungle ging als Pfadfinder mit Shute, der uns an einer geeigneten Stelle filmen sollte, voran. Mit ihnen gingen zehn Träger, die Kameras und Zubehör trugen. Dann folgten Burley und Wish. Erster litt unter Gletscher-Trägheit, aber wir erwarteten, dass er sich in Kürze akklimatisieren werde. Als Nächste kamen Constant und Prone. Letzterer hatte sich Röteln
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