Die Besteigung Des Rum Doodle
jetzt zwei Männer in der Gletscherspalte hatten, ohne einen Schritt vorangekommen zu sein. Keiner der beiden konnte sich mit uns verständigen, und wir wagten nicht, die Seile heraufzuziehen, aus Angst, die zwei zu verletzen.
Die Lage war verzweifelt.
Burley, der in diesem Moment aufwachte, lieferte uns die Lösung. »Schickt ein Funkgerät runter«, sagte er. »Wir haben die verfluchten Dinger die ganze Strecke bis hierher geschleppt, jetzt wollen wir sie auch benutzen.«
Der Vorschlag war brillant. Burley, so entschied ich, sollte die Ehre zukommen, mit einem Funksprechgerät in die Spalte zu steigen. Wie Shute wies er diese Ehre bescheiden von sich, aber ich bestand darauf. Bald war auch er unseren Blicken entschwunden. Ich hätte schwören können, dass seine letzten Worte in etwa wie »in Zukunft die Klappe halten«klangen, aber das konnte natürlich nicht stimmen, es sei denn, es handelte sich wieder um einen von Burleys unverständlichen Scherzen.
Wish schaltete ein zweites Funkgerät ein, und wir warteten mit angehaltenem Atem. Nichts geschah. Mich überkam ein schrecklicher Verdacht.
»Ist der Apparat in Ordnung?«, fragte ich.
»Wie zum Teufel soll ich das wissen?«, erwiderte Wish. » Jungle ist der Fachmann.«
Das stimmte. Niemand verstand sich darauf, das Funkgerät zu bedienen. Jungle hätte uns bei der Besprechung in London einweisen sollen, war aber aus den bekannten Gründen verhindert gewesen.
Es half alles nichts, Wish musste hinunter. Er würde Jungle veranlassen, Instruktionen aufzuschreiben, die ich an einer Leine heraufziehen würde. Wish sollte das eine Ende dieser Leine mit nach unten nehmen.
Er verschwand nach unten, und nach der entsprechenden Pause kam eine Botschaft herauf: »Batterien noch nicht eingelegt. Sind in einem der Packen, Burley weiß aber nicht, in welchem. Schickt Champagner nach unten.«
So konnte es nicht weitergehen, entschied ich. Irgendeine Art von Nachrichtenverbindung musste aufgebaut werden. Ich kritzelte eine Nachricht: »Teilt bitte mit, was ich tun soll.« Die Nachricht wickelte ich um den Hals einer Champagnerflasche und ließ sie in die Gletscherspalte hinab. Ich gab ihnen fünf Minuten, um die Antwort zu schreiben, und holte dann die Leine wieder ein. Die Nachricht lautete: »Schickt noch eine Flasche nach unten.«
Man wird mich hoffentlich nicht für unnötig streng halten, wenn ich das als unhöfliche Antwort ansehe, und gewiss wird man mir nachsehen, dass ich es zum damaligen Zeitpunkt so empfand. Da ich aber nicht diktatorisch erscheinenwollte, verfuhr ich wie aufgefordert, wobei ich eine weitere Nachricht mitschickte: »Ich bitte dringend darum, meine Lage zu berücksichtigen. Alle Mittel müssen eingesetzt werden, um euch aus eurer misslichen Lage zu befreien. Erbitte daher so bald als möglich Rat.«
Als Antwort kam Folgendes: »Schreiben vom heutigen Tag erhalten. Jungle von Schwindelanfall übermannt. Absolut unerlässlich, sofort vier Flaschen Champagner zu schicken, stehe sonst für nichts ein.«
Das ließ die Dinge natürlich in einem anderen Licht erscheinen, und ich bereute mein vorschnelles Urteil. Ich habe die Angelegenheit später mit Totter besprochen, der mir meine ursprüngliche Auffassung bestätigte, die erste Nachricht habe tatsächlich nicht ganz dem guten Brauch entsprochen. Zu jenem Zeitpunkt aber war ich dringend bemüht, Wiedergutmachung für meinen unbegründeten und wenig ritterlichen Verdacht zu leisten, die Anforderung der zweiten Flasche sei unbegründet gewesen, und ließ im Zweifel lieber unbegründete Milde walten. Dass die Nachricht gerechtfertigt war, steht ja ganz außer Frage. Wir – das heißt Totter und ich – haben später nur die Form in Frage gestellt, in der sie übermittelt wurde, weil die Nachricht mit keinem Wort auf meine eigene schwierige Lage einging. Aber für mich, der ich mich wenigstens auf
terra firma
befand, war es schwer, die Stimmung dort unten zu beurteilen. So bin ich ihnen gegenüber vielleicht doch unfair gewesen; sollte das der Fall sein, bitte ich aufrichtig um Vergebung.
Natürlich vergeudete ich keine Zeit, die letzte dringliche Anforderung zu erfüllen. Mit dem Champagner schickte ich eine weitere Bitte um Anweisungen. In der nächsten Botschaft stand zu lesen: » Jungle von Zuckungen befallen. Schickt Prone mit fünf Flaschen herunter.«
Das bereitete mir mehr Sorgen, als ich beschreiben kann.Mir schien Champagner das Letzte, was man bei Zuckungen verschreiben würde. Aber
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