Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime
spielte ihre Rolle mit der Sicherheit einer überragenden Schauspielerin. Wie sie Scarpia leichthin grüßte, wie sie sich lässig gab und lächelte, verfehlte nicht die Wirkung auf ihn. In dieser Szene spielte Paula Nazorkoff mit den Augen; sie agierte mit Todesruhe, mit teilnahmslos lächelndem Gesicht. Nur ihre Augen, die immer wieder Scarpia blitzende Blicke zuwarfen, verrieten ihre wahren Gefühle. Und so nahm die Geschichte ihren Fortgang, die Folterszene, der Zusammenbruch Toscas, schließlich die völlige Selbstaufgabe, wie sie zu Scarpias Füßen niederfällt und ihn vergebens um Gnade anfleht .Der alte Lord Leconmere, der ein Musikkenner war, nickte, und ein ausländischer Botschafter, der neben ihm saß, flüsterte:
«Sie übertrifft sich selbst, die Nazorkoff, heute abend.Es gibt keine andere Frau auf der Bühne, die sich so ausspielt in dieser Rolle, wie sie es tut.»
Leconmere nickte.
Und jetzt hatte Scarpia seinen Preis genannt, Tosca flieht entsetzt von ihm fort zum Fenster.
Dann hört man von ferne Trommelschläge, und Tosca wirft sich voller Verzweiflung auf das Sofa. Scarpia steht über sie gebeugt, erzählt, wie seine Leute den Galgen errichten – dann Schweigen, und wieder der weit entfernte Trommelwirbel. Die Nazorkoff liegt bäuchlings auf dem Sofa, ihr Kopf hängt tief herab, berührt fast den Boden, ihr Gesicht wird durch das herabfallende Haar verdeckt. Dann, in herrlichem Gegensatz zu der Leidenschaft und der seelischen Not der vergangenen zwanzig Minuten, erklingt ihre Stimme, hoch und klar, die Stimme, die – genau wie sie Cowan gesagt hatte – die eines Chorknaben oder eines Engels ist
«Vissi d'arte, vissi dámore, non feci mai male ad anima vivaf ! Con man furtiva quante miserie conobbi, auiutai.»
Es war die Stimme eines verwunderten, verwirrten Kindes. Dann kniet sie noch einmal nieder, bittend und flehend, bis zu dem Augenblick, da Spoletta das Zimmer betritt Tosca, völlig erschöpft, fügt sich, und Scarpia spricht die schicksalhaften zweideutigen Worte aus.
Spoletta geht noch einmal fort. Dann kommt der dramatische Augenblick, da Tosca, die mit zitternder Hand ein Glas Wein hochhebt, das Messer auf dem Tisch erblickt und es hinter sich verbirgt.
Bréon erhebt sich, schön, kämpferisch, entflammt in Leidenschaft «Tosca,finalmente mia!»
Dann das blitzschnelle Zustoßen des Messers, und Toscas Aufschrei der Rache:
«Questo é il bacio di Tosca!» (Das ist der Kuß der Tosca!) Niemals vorher hatte die Nazorkoff solche Intensität bei Toscas Racheakt gezeigt .Dieses letzte wilde Flüstern «Muori dannato», und dann mit einer merkwürdig ruhigen Stimme, die das ganze Theater erfüllte: «Orgli perdono!» (Jetzt vergebe ich ihm!)
Das sanfte Todesthema ertönt, als Tosca mit ihrer Zeremonie beginnt, zu beiden Seiten seines Kopfes Kerzen aufstellt, ihm ein Kruzifix auf die Brust legt, ihr letztes Innehalten, als sie sich in der Tür noch einmal umdreht, das Dröhnen der Trommeln aus der Ferne; und der Vorhang fällt.
Diesmal brach ein echter Begeisterungssturm im Publikum los, doch er war von kurzer Dauer.
Jemand stürzte hinter dem Vorhang hervor und sprach mit Lord Rustonbury. Er erhob sich, und nachdem er sich ungefähr zwei Minuten lang Gewißheit verschafft hatte, wandte er sich vorbeugend zu Sir Donald Calthorp, einem berühmten Arzt. Fast in Sekundenschnelle verbreitete sich im Zuschauerraum die Nachricht von dem Geschehenen. Ein Unfall war geschehen, jemand war ernstlich verletzt worden. Einer der Sänget erschien vor dem Vorhang und erklärte, daß Monsieur Bréon unglücklicherweise einen Unfall erlitten habe die Oper müsse abgebrochen werden. Wieder ging das Gerücht um, Bréon sei erstochen worden, die Nazorkoff habe den Kopf verloren, sie habe ihre Rolle so intensiv mitgelebt, daß sie tatsächlich den Partner erstochen hätte. Lord Leconmere, der mit seinem Freund, dem Botschafter, sprach, spürte, wie ihn jemand am Arm berührte, wandte sich um und sah in Blanche Amerys Augen.
«Es war kein Unfall,» hörte er das Mädchen sagen. «Ich bin sicher, es war kein UnfaIl.
Hörten Sie nicht, kurz vor dem Dinner, die Geschichte, die er erzählte von diesem Mädchen in Italien? Dieses Mädchen war Paula Nazotkoff. Als sie so etwas von ‹wir Russinnen› sagte, bemerkte ich den verblüfften Blick von Mr. Cowan. Sie hat wohl einen russischen Namen angenommen, er aber wußte nur zu gut, daß sie Italienerin ist»
«Aber meine liebe Blanche», sagte Lord
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