Die besten Freunde der Welt: Fritz und Ben (German Edition)
Papas und meine Freunde kennen diese Nummer. Wir brauchten dringend ein Männertelefon, weil die andere Nummer den ganzen Tag und den ganzen Abend besetzt ist. Mama hat eben viel zu besprechen, mit den Musikern von der Band, mit ihren Englischschülern, mit ihren Freundinnen und den Geschwistern in Manchester und New York.
»Hallo?« Ich nehme den Hörer von der Station.
»Hier ist Ben!«
»He, Ben. Was ist? Hast du Sehnsucht nach mir? Oder hast du Ärger wegen des Gummizeugs und brauchst einen Unterschlupf?«
»Sehr witzig. Spätestens nach fünf Minuten würde meine Mutter bei euch eine Hausdurchsuchung durchführen und mich finden. Egal, in welcher Ecke ich stecke, die riecht ja, wo ich bin.«
»Dann musst du mal Nikes Parfüm benutzen.«
»Hast du zum Abendessen Clown in Tomatensoße gegessen? Oder gebratenen Homer Simpson?«
»Was willst du?«
»Hast du schon einen Plan?«
»Mensch, Ben, ich bin gerade mal fünf Minuten zu Hause. Meine Mutter kocht gleich Dick und Doof in Curry mit Witzbeilage und danach, wenn ich im Bett liege, fange ich mit dem Denken an.«
»Okay!« Ben klingt erleichtert. »Dann erzähl es mir morgen. Ich hol dich zur zweiten Stunde ab. Gute Nacht!«
»Gute Nacht!«
Ich lege auf. Mein Freund Ben ist gestresst. Ich kann ihn verstehen. Mir muss echt was Guteseinfallen. Wir müssen dafür Beweise bringen, dass er alles kann, ohne schlappzumachen. Seine Mutter muss das endlich kapieren. Wir werden ein bisschen schummeln. Aber das sind Notlügen. Später wird Silke froh sein, dass ihr Sohn ein Normalo geworden ist. Und sie wird stolz auf ihn sein. Und mich wird sie zu Kaffee und Kuchen einladen, um sich zu bedanken. Ich werde den Kaffee ablehnen und mir eine Cola wünschen. Sie wird einen ganzen Kasten kaufen. Aus Dankbarkeit. Dann wird sie mit uns einen Ausflug ins Fantasialand machen. Wir dürfen auf alle Geräte, Türme, Achterbahn und alles, was sich dreht und fliegt. Und sie wird ihrem Sohn alles erlauben, weil sie durch mich, Fritzi Flitz, erkannt hat, wie schön das Leben sein kann, wenn sie keine Angst mehr um Ben haben muss.
Ich glaube, jetzt fang ich an zu fantasieren. Ich sollte lieber wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. So nennt das mein Dad, wenn die Fantasie mit mir durchgeht.
Bens Mutter würde niemals mit uns ins Fantasialand fahren. Schon der Gedanke würde sie in Panik versetzen.
Eine Vase vom Sperrmüll und Gedichte für Hilmar
Gerade will ich mir den letzten Löffel Müsli hineinlöffeln, schrillt die Türklingel.
»Fritz, the doorbell!«, ruft meine Mutter vom Balkon. Sie gießt die Blumen.
Ich springe auf und erwarte an der Gegensprechanlage die Müllabfuhr, den Postboten oder unseren Nachbarn, der immer den Schlüssel vergisst.
Stattdessen kreischt eine aufgeregte Stimme: »Hier Ben! Bitte öffnen!«
»Du bist zu früh«, brülle ich in den Hörer.
»Mach auf, ich muss aufs Klo.«
Das wird ja immer besser. Kann er nicht zu Hause aufs Klo gehen? Ben rast die Treppe hinauf. Sein Alien-Rucksack poltert von links nach rechts auf seinem Rücken herum, denn es ist fast nichts drin, weil Ben ja nicht schwer tragen soll. Er stürzt in unsere Wohnung, zieht die Schuheaus, das machen die so bei ihm zu Hause, und rennt weiter ins Bad.
»Entschuldigung!«, murmelt er noch schnell und lässt den Rucksack fallen, bevor er verschwindet.
»Warum gehst du nicht bei dir?«, rufe ich ihm hinterher.
»Blöde Frage. Weil ich nicht musste.«
Ich bin erstaunt über die einfache Antwort.
»Beeil dich!«, brüll ich fünf Minuten später durch die geschlossene Tür. »Wir müssen los.«
Ben kommt in den Flur zurück.
»Early bird catches the worm«, sagt meine Mutter und begrüßt Ben, indem sie ihm über den Kopf streichelt. Ich gucke weg. Ich kann das schon beim Zugucken nicht ertragen.
Ben grinst verlegen. Immer diese Sache mit meiner Mutter. Er weiß nie, ob sie Spaß macht oder ernst ist. Und jetzt sehe ich ihm an, dass er den Satz mit dem Vogel nicht kapiert hat.
»Oh, sorry, Ben, frühe Vögel schnappt die Wurm«, übersetzt sie.
»Früher Vogel schnappt den Wurm«, verbessere ich.
»Kleine Klugscheißer«, sagt sie. »Did you take the banana from the sideboard?«
»Ja!« Ich verdrehe die Augen, dass man nur noch das Weiße sieht. Ben schüttelt sich.
Bananen, jeden Tag Bananen. Irgendwann kann ich mich an Lianen aus dem zweiten Stock hinunterhangeln und mit bloßen Händen auf Bäume klettern. Kalium und Kalzium und Magnesium und alle
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