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Die besten Stories

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Titel: Die besten Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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keinen Sinn mehr. Was meinst du denn genau? Gott – oder Gott?« Sie trat dicht an ihn heran und starrte ihm ins Gesicht.
    »Schau mich nicht so an«, verlangte er scharf, wich zurück. »Ich möchte nie wieder so angesehen werden.« Irritiert entfernte er sich von ihr.
    »Ich denke«, erklärte Tanya, »daß, wenn es einen Gott gibt, Er sehr wenig Interesse an unseren menschlichen Angelegenheiten hat. Das ist meine Theorie. Ich meine, Er scheint sich nicht darum zu kümmern, ob nun das Böse triumphiert oder ob Menschen und Tiere verletzt und getötet werden. Nirgendwo ist etwas von Ihm zu sehen. Und die Partei hat schon immer jede Form von Glauben abgelehnt…«
    »Hast du Ihn jemals gesehen?« fragte er. »Als du noch ein Kind warst?«
    »Oh, natürlich, als Kind schon. Aber ich habe ebenfalls geglaubt, daß…«
    »Ist dir schon jemals der Gedanke gekommen«, unterbrach Chien, »daß gut und böse Bezeichnungen für das gleiche Ding sein können? Daß Gott gleichzeitig gut und böse sein kann?«
    »Ich werde dir einen Drink mixen«, erklärte Tanya und eilte barfüßig in die Küche.
    »Der Zerstörer«, sagte Chien. »Der Klapperer. Der Schlinger und der Vogel und die Kletterröhre… und die anderen Bezeichnungen, die anderen Gestalten, die ich nicht kenne. Ich hatte eine Halluzination. Während des Festes. Eine große, umfassende, entsetzliche Halluzination.«
    »Aber das Stelazin…«
    »Es hat eine noch schlimmere hervorgerufen«, bemerkte er.
    »Gibt es irgendeine Möglichkeit«, fragte Tanya nüchtern, »dieses Ding, das du gesehen hast, zu bekämpfen? Diese Erscheinung, die du als Halluzination bezeichnest, die aber offensichtlich keine war?«
    »Man muß daran glauben«, erklärte er.
    »Und was wird das nützen?«
    »Nichts«, murmelte er müde. »Überhaupt nichts. Ich bin erschöpft; ich möchte keinen Drink – ich möchte nur zu Bett gehen.«
    »In Ordnung.« Sie kehrte ins Schlafzimmer zurück und zog ihren gestreiften Pullover über den Kopf. »Wir können später noch einmal darüber diskutieren.«
    »Eine Halluzination«, sagte Chien, »ist etwas Wunderbares. Ich wünschte, ich hätte eine; ich will meine zurückhaben. Ich möchte so sein wie damals, bevor dieser Hausierer mir das Phenothiazin gab.«
    »Komm ins Bett. Es wird schön werden. Hier ist es warm und gemütlich.«
    Er legte seine Krawatte ab, sein Hemd – und entdeckte an seiner rechten Schulter das Zeichen, das Stigma, das zurückgeblieben war, nachdem es ihn vom Sturz in den Jangtse abgehalten hatte. Blutunterlaufene Stellen, die aussahen, als würden sie niemals wieder verschwinden. Er zog die Schlafanzugjacke an, und sie verbarg die Wundmale.
    »Jedenfalls«, bemerkte Tanya, als er sich zu ihr ins Bett legte, »ist deine Karriere dadurch sehr gefördert worden. Bist du nicht froh darüber?«
    »Gewiß«, sagte er und nickte knapp in die Dunkelheit hinein. »Sehr froh.«
    »Komm zu mir«, sagte Tanya und legte ihre Arme um ihn. »Und vergiß alles andere. Zumindest für kurze Zeit.«
    Er zog sie an sich und tat das, was sie und er gewollt hatten. Sie war geschickt; sie war einfühlsam; sie war erfahren und sie half ihm, wie er ihr half. Keiner von ihnen sprach ein Wort, bis sie schließlich »Oh!« sagte. Und sich dann entspannte.
    »Ich wünschte«, sagte er, »wir könnten ewig weitermachen.«
    »Wir können es«, erklärte Tanya. »Es liegt außerhalb der Zeit; es ist grenzenlos wie ein Ozean. So war es damals im Kambrium, bevor unsere Vorfahren sich ans Land begaben; es ist die uralte ewige See. Und dies ist die einzige Möglichkeit, dorthin zurückzukehren. Darum bedeutet es auch soviel. Und in diesen Zeitaltern waren wir nicht voneinander getrennt; es war wie eine einzige weiche Masse, wie jene Quallen, die an den Strand gespült werden.«
    »An den Strand gespült«, nickte er, »wo sie dann sterben.«
    »Kannst du mir ein Handtuch geben?« fragte Tanya. »Oder einen Waschlappen? Ich brauche es.«
    Er ging ins Badezimmer, um ihr ein Handtuch zu holen. Und dort – nackt wie er war – betrachtete er erneut seine Schulter, jene Stelle, wo es ihn festgehalten und zurückgeholt hatte, um noch etwas länger mit ihm spielen zu können.
    Unerklärlicherweise bluteten die Wundmale.
    Er wischte das Blut fort. Sofort quoll neues hervor, und als er das sah, fragte er sich, wieviel Zeit ihm noch bleiben mochte.
    Vermutlich nur noch wenige Stunden.
    Er kehrte ins Bett zurück und fragte: »Kannst du noch weitermachen?«
    »Natürlich.

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