Die Bestie
Beantwortet das Ihre Frage?«
Präsident Dayles entgegnete: »Vollkommen. Sie hätten ihn zu jeder beliebigen Zeit aufspüren können?«
»Ja«, erwiderte Anrelle.
Damit verabschiedeten sie sich und gingen.
*
An Bord des nordwärts rasenden Flugzeuges sagte Kay: »Ich sehe keinen Grund, warum Mrs. Pendrake oder die anderen freigelassen werden sollten. Jetzt, da sie uns ihre Trumpfkarte gegeben hat, schulden wir ihr nicht das geringste.«
Sie wurde unterbrochen. »Eine Radiobotschaft vom Kaggat-Gefängnis.«
Jefferson Dayles las die lange Nachricht mit geschürzten Lippen und reichte sie dann wortlos Kay.
»Ausgebrochen!« schrie sie auf. »Die ganze Bande!« Sie saß versteinert. »Hah, diese bleichgesichtige kleine Schauspielerin – die ganze Zeit so zu tun, als ob nichts mehr auf der Welt eine Rolle spielt, wenn nur er gerettet wird! Aber warum hat sie uns diese Geschichte erzählt? Warum?«
Sie brach ab, las die Nachricht ein zweites Mal und flüsterte schließlich: »Neunzig Flugzeuge, die alle mit jenem mysteriösen Triebwerk ausgestattet waren, haben an der Befreiungsaktion teilgenommen! Da muß eine riesige Organisation dahinterstecken! Es bedeutet, daß die Befreiung zu jedem beliebigen Zeitpunkt hätte erfolgen können – auch vor unserem Besuch. Trotzdem haben sie damit bis jetzt gewartet. Herr Präsident, das ist äußerst bedenklich.«
Jefferson Dayles stellte mit Verwunderung fest, daß er das Panikgefühl seiner Assistentin nicht zu teilen vermochte. Die Lage war in der Tat ernst; zweifellos stand eine Krise bevor. Doch seine Stimme klang ruhig und gelassen als er sagte: »Kay, wir werden fünf Divisionen aufwenden, zwei davon gepanzert, und so viele Flugzeuge, wie gebraucht werden – nicht neunzig, sondern neunhundert. Wir werden die Wüste umstellen. Wir werden den gesamten Land- und Luftverkehr kontrollieren. Nachts sollen Radaranlagen, Scheinwerfer und Nachtjäger eingesetzt werden. Wir werden die Macht der Streitkräfte der Vereinigten Staaten mobilisieren. Pendrake muß gefangen werden!«
10
Die pfeifenden Winde des Winters bliesen. Am 15. Januar wurden die Staaten New York und Pennsylvanien von einem Blizzard heimgesucht und nahezu begraben. Die Menschen erwachten am Morgen des 16. Januar in einer Welt, die wieder weiß, rein und friedvoll war.
Am gleichen Tag brachen fern im Süden Hoskins und Cree Lipton von Brasilien nach Europa auf, nachdem sie einige Anhaltspunkte untersucht hatten, die sie nach Südamerika geführt hatten. Über Dakar, Algier, Vichy und Paris reisten sie nach Deutschland.
Ihr Ziel bildete das amerikanische Hauptquartier im Westsektor von Berlin. In dem großen, mit dicken Teppichen reich ausgelegten Saal im zweiten Stock führte sie ein General der US-Armee rasch in einen bewachten Nebenraum.
»Das dort«, erklärte er, mit der Hand deutend, »ist unsere sogenannte Mordkarte. Seitdem Sie uns vor einigen Wochen gebeten haben, gewisse Beobachtungen und Untersuchungen für Sie routinemäßig anzustellen, hat sich die Landkarte zu einem außergewöhnlich interessanten Dokument entwickelt.«
Die Karte war zehn Meter lang und mit einer Unzahl von farbigen Stecknadelköpfen übersät – kaum ein »Dokument« im eigentlichen Sinn, dachte Hoskins unwillkürlich. Doch er sagte nichts, sondern hörte mit gesammelter Konzentration zu.
»Genau vor einem Monat«, sagte der General, »haben wir damit begonnen, in ganz Europa Lastwagen mit großen Plakaten herumzuschicken. Die Plakate sind alle im gleichen Wortlaut abgefaßt – und zwar in genau dem, den Sie uns fernschriftlich mitgeteilt haben. Es wird auf ihnen eine Belohnung für Informationen über das Triebwerk in Aussicht gestellt. Die gleiche Nachricht ist über die Radio- und Fernsehnetze Europas gelaufen.«
Er zog ein Päckchen Zigaretten hervor und bot es den beiden Männern an. Hoskins lehnte ab und wartete ungeduldig, bis der andere Feuer hatte. Der Offizier fuhr fort:
»Wie Sie wissen, haben wir seit der Entspannung im Kalten Krieg ein gut funktionierendes Verbindungssystem zu den Sowjets, doch war es alles andere als leicht, unsere Nachforschungen über diese Kanäle in die Oststaaten auszudehnen. Erst als wir den kommunistischen Behörden Beweise für die von Ihnen und dem FBI entdeckten Tatsachen lieferten, erhielten wir die Möglichkeit, im östlichen Europa entsprechende Beobachtungen anzustellen. Es bildete für die Ostbehörden eine ziemlich bittere Überraschung, feststellen zu
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