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Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)

Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)

Titel: Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Roth
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mich. Sie weiß es. Sie weiß es, nicht weil sie mein beschämendes Geständnis im Verhörraum der Candor mit angehört hat, sondern weil sie es spürt. Sie hat es selbst erlebt, da bin ich mir sicher. Ich frage mich, wer es bei ihr gewesen ist. Die Mutter? Der Vater? Jemand anderes?
    Ich habe mich immer wieder gefragt, wie mein Vater reagieren würde, wenn jemand ihm die Wahrheit ins Gesicht sagt. Ich bin davon ausgegangen, dass er sich von dem zurückhaltenden Anführer der Altruan in den Albtraum verwandeln würde, als den ich ihn zu Hause erlebte. Ich dachte, er würde vielleicht um sich schlagen und sein wahres Wesen offenbaren. Es wäre befriedigend gewesen, ihn so zu sehen.
    Stattdessen steht er einfach da und wirkt verwirrt, und für einen Moment frage ich mich, ob er tatsächlich verwirrt ist, ob er in seinem kranken Herzen seine eigenen Lügen glaubt und denkt, dass er mich nur diszipliniert hat. Der Gedanke weckt einen Orkan in mir, ein Donnergrollen und Sturmbrausen.
    » Jetzt, da ich offen zu dir war « , fährt Johanna ein wenig gelassener fort, » kannst du mir ja sagen, weshalb du mich hierhergebeten hast. «
    Marcus wechselt das Thema, als habe es das eben nie gegeben. Und wieder einmal sehe ich einen Mann, der sich in verschiedene Persönlichkeiten aufspaltet, zwischen denen er wie auf Kommando wechseln kann. Eine dieser Seiten zeigte er nur meiner Mutter und mir.
    Die Leute im Kontrollraum zoomen das Bild näher heran, sodass das Hancock Building zu einem schwarzen Hintergrund verschwimmt, vor dem die Oberkörper von Marcus und Johanna zu sehen sind. Ich konzentriere mich auf einen Balken, der quer zum Bildschirm verläuft, damit ich Marcus nicht ansehen muss.
    » Evelyn und die Fraktionslosen sind Tyrannen « , fährt Marcus fort. » Der Friede, den uns das Fraktionssystem vor Jeanines erstem Angriff gewährte, kann wiederhergestellt werden, davon bin ich fest überzeugt. Und ich will versuchen, ihn wiederherzustellen. Ich denke, was das angeht, wollen wir das Gleiche. «
    » So ist es « , bestätigt Johanna. » Aber wie sollen wir deiner Meinung nach vorgehen? «
    » Das ist der Teil des Plans, der dir vielleicht nicht gefallen wird, aber ich hoffe, dass du der Sache aufgeschlossen gegenüberstehst « , sagt Marcus. » Evelyn kontrolliert die Stadt, weil sie die Waffen kontrolliert. Wenn wir ihr diese Waffen nehmen, hat sie nicht mehr annähernd so viel Macht. Dann wird sie angreifbar. «
    Johanna nickt und fährt mit dem Schuh über die Pflastersteine. Ich kann nur die unversehrte Seite ihres Gesichtes sehen, das lockere, gewellte Haar, den vollen Mund.
    » Was willst du von mir? « , fragt sie.
    » Erlaube mir, an deiner Seite die Führung der Getreuen zu übernehmen « , sagt er. » Ich war ein Anführer der Altruan. Ich stand praktisch an der Spitze der gesamten Stadt. Die Leute werden sich um mich scharen und sich zusammenschließen. «
    » Die Leute haben sich bereits zusammengeschlossen « , bemerkt Johanna. » Aber nicht du vereinst sie, sondern der Wunsch, die Fraktionen wiederherzustellen. Wer sagt, dass ich dich brauche? «
    » Nichts gegen deine Bemühungen, aber die Getreuen sind immer noch zu bedeutungslos, um mehr als ein kleiner Haufen Aufständischer zu sein « , sagt Marcus. » Es gibt mehr Fraktionslose, als wir dachten. Du brauchst mich. Und du weißt es. «
    Die Art meines Vaters, ohne einen Funken Charme Menschen zu überzeugen, verblüfft mich immer wieder. Er stellt seine Meinungen dar, als seien sie bereits Tatsachen, und irgendwie bringt sein absoluter Mangel an Selbstzweifel einen dazu, ihm zu glauben. Dieser Zug an ihm macht mir jetzt Angst, denn ich weiß, was er mir gesagt hat: dass ich zu nichts zu gebrauchen bin, wertlos bin, ein Nichts. Wie viel davon hat sich in meinem Kopf festgesetzt, bis ich es irgendwann geglaubt habe?
    Ich kann förmlich sehen, wie Johannas Zweifel zu schwinden beginnen, wenn sie an die mickrige Schar von Menschen denkt, die sie für die Sache der Getreuen um sich versammelt hat. Wenn sie an die Gruppe denkt, die mit Cara die Stadt verlassen hat und von der sie nie wieder gehört hat. Wenn sie daran denkt, wie alleine sie ist und welch erfahrenen Anführer sie mit Marcus für sich gewinnen könnte.
    Ich will ihr durch die Bildschirme zurufen, dass sie ihm nicht vertrauen darf, will sie warnen, dass er die Fraktionen nur deshalb zurückwill, weil er weiß, dass er dann wieder seinen Platz an der Spitze der Gesellschaft einnehmen kann. Aber

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