Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

frenetischen Version von »London’s Burning«, umgetitelt in »Edinburgh’s Burning«. Und sie brannte mit, zerfloss von dem Speed in ihrem Kopf, der in der eisigen Luft pochte, als sie aus dem Kino kamen. Der Junge wollte zu einer Party nach Canongate und lud sie ein, mitzukommen. Sie sagte ja, sie wollte nicht nach Haus. Mehr noch, sie wollte ihn. Und sie wollte einem gewissen anderen zeigen, dass nicht nur er dieses Spiel spielen konnte.
    Während sie durch die kalte Nacht gingen, redete er überschwänglich auf sie ein, offenbar von ihrer grünen Haarpracht fasziniert, und sagte ihr, dass dieser Teil der Stadt früher als Little Ireland bekannt war. Er erklärte, hier hätten sich die irischen Einwanderer angesiedelt, und hier, in diesen Straßen, hätten Burke und Hare die Armen und Mittellosen ermordet, um die medizinische Fakultät mit Leichen zu versorgen. Sie schaute hoch, in sein Gesicht; er hatte kantige Züge, doch seine Augen waren empfindsam, fast feminin. Er zeigte auf die St. Mary’s Church und erzählte, als noch niemand an Celtic Glasgow dachte, hätten die Iren in Edinburgh in genau diesen Räumen den Hibernian Football Club gegründet. Er wurde lebhaft, als er die Straße hoch zeigte und ihr erzählte, dass dort oben der berühmteste Anhänger von Hibernian geboren war, James Connolly, der später die Easter Risings in Dublin angeführt und damit schließlich die Befreiung Irlands vom britischen Imperialismus eingeleitet hatte.
    Es schien ihm wichtig zu sein, dass sie begriff, dass Connolly Sozialist gewesen war, und kein irischer Nationalist. – Wir in dieser Stadt wissen überhaupt nichts über unsere wahre Identität, sagte er leidenschaftlich, – es ist uns alles aufgezwungen worden.
    Aber sie hatte andere Dinge im Kopf als Geschichtsunterricht; er sollte ihr zweiter Liebhaber an diesem Abend werden – doch vor Ablauf der Nacht würde sie es auf drei bringen.

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Bettgeschichten, 16. Dezember 2003
    Danny Skinner stand als Erster auf, ruhelos, ohne geschlafen zu haben. Er fand das bedenklich, denn normalerweise schlief er tief und fest ein, nachdem sie sich geliebt hatten. Geliebt hatten, dachte er, grinste und besann sich anders: Sex gehabt hatten. Er betrachtete Kay Ballantyne, die glücklich eingeschlummert war, das lange, glänzend schwarze Haar über das ganze Kissen ausgebreitet; auf den Lippen immer noch ein Abglanz der Befriedigung, die er ihr verschafft hatte. Eine Welle der Zärtlichkeit stieg in ihm auf. – Uns geliebt haben, sagte er sanft und küsste behutsam ihre Stirn, um sie nicht mit den Stoppeln auf seinem langen, spitzen Kinn zu kratzen.
    Er schlüpfte in einen grünen Morgenmantel im Schottenmuster und betastete das eingestickte goldfarbene Wappen auf der Brusttasche. Eine Harfe und die Zahl »1875«. Kay hatte ihn Skinner letztes Jahr zu Weihnachten gekauft. Damals waren sie noch nicht lange zusammen, und als Geschenk erschien er so sprechend. Was hatte er ihr eigentlich geschenkt? Er wusste es nicht mehr: vielleicht einen Fitnessbody.
    Skinner ging in die Küche und nahm sich eine Dose Stella Artois aus dem Kühlschrank. Er knackte den Verschluss und schlurfte weiter ins Wohnzimmer, wo er die Fernbedienung aus den Tiefen des mächtigen Sofas befreite und die Sendung Kü chengeschichten der Meisterköche einschaltete. Es war schon die zweite Staffel dieser beliebten Show. Moderiert wurde sie von einem berühmten Koch, der durch Großbritannien reiste und jeweils Köche vor Ort einlud, ihre Geheimrezepte einer Jury von Promis und Gastrokritikern vorzusetzen. Das endgültige Urteil war jedoch einzig und allein dem Koch aller Köche, Alan De Fre tais, vorbehalten. Der Starkoch hatte kürzlich mit seinem Buch Bettgeschichten der Meisterköche eine Kontroverse ausgelöst. In diesem aphrodisischen Kochbuch hatten diverse kulinarische Koryphäen von internationalem Rang jeweils ein Rezept vor gestellt und beschrieben, wie sie es als Mittel der Verführung oder zur Abrundung eines Liebesabenteuers eingesetzt hatten. Das Buch wurde rasch zur Sensation auf dem Buchmarkt und führte für mehrere Wochen die Bestsellerlisten an.
    Heute gastierten De Fretais und seine Crew in einem großen Hotel in Royal Deeside. Der Fernsehkoch war ein Riese mit bombastischem, beängstigendem Auftreten, und der Koch, ein ernsthafter junger Mann, ließ sich in der eigenen Küche unverkennbar unterbuttern.
    An seinem Lager nippend, registrierte Danny Skinner die nervösen, flackernden