Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
sein Bericht ein bisschen gepfeffert ausgefallen. Er mochte De Fretais nicht, obwohl der Mann ihn irgendwie seltsam anzog. Sein Exemplar von Die Bettgeschichten der Meisterköche war verschämt in einer Mittagspause gekauft worden und steckte gut verborgen in seiner Aktentasche. Ihm fielen wieder die ersten Absätze des Vorworts ein, das er mit großer Abscheu gelesen hatte:
Die klugen Köpfe unter uns wissen seit Langem, dass die einfachsten Fragen oft die wichtigsten sind. Bei jedem neuen Adepten der kulinarischen Künste, der in meinen Bannkreis gelangt, versuche ich, unsere Beziehung mit folgender Frage einzuleiten: Was macht einen Spitzenkoch aus? Die Antworten darauf sind stets aufschlussreich und interessant für mich, denn bei meiner Suche nach kulinarischer Perfektion ist es genau diese Frage, auf die ich immer wieder zurückkomme.
Gewiss muss unser Spitzenkoch ein Kunsthandwerker sein: ein Handwerker, der auch den oft prosaischen Details seines Metiers mit hartnäckiger Gewissenhaftigkeit und Stolz nachgeht. Und sicherlich muss unser Spitzenkoch auch ein Wissenschaftler sein. Aber er ist mehr als nur ein Apotheker oder Lebensmittelchemiker: Er ist ein Alchemist, ein Hexenmeister, ein Künstler, denn seine Mixturen sollen nicht körperliche oder geistige Gebrechen kurieren, sondern der weitaus wundersameren Aufgabe dienen, Geist und Seele zu bereichern.
Unser Vehikel, um dieses Ziel zu erreichen, ist das Essen, schlicht und einfach, aber die Straße, auf der es fährt, sind unsere eigenen menschlichen Sinne … Deswegen ist und muss der Spitzenkoch, so erkläre ich es meinen oft verwirrten Schülern und nun Ihnen, werter Leser, ein absoluter und vollendeter Sinnenmensch sein.
Er ist bloß ein beschissener Koch, und die meisten von den Fotzen überschätzen sich sowieso maßlos.
Und dann dieser beschissene Führer für Sexfood! Diese fette Sau! Die ganze Chose ist absurd, das wird eine ganze Weile her sein, seit diese Nullnummer das letzte Mal seinen Scheißschwanz ohne die Hilfe eines Spiegels zu Gesicht bekommen hat! Und diese ganzen schlaffen, geschlechtslosen Yuppies fallen auch noch darauf rein, kaufen das zu Tausenden und machen eine fette, reiche, verkom mene Fotze noch fetter, reicher und verkommener. Und ich schlepp jetzt auch noch so ein Scheißding mit mir rum!
Foy beobachtete, wie Skinner rot anlief, und zog mit leichtem Unbehagen seinen Arm weg. – Danny, wir dürfen uns zu diesem Zeitpunkt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Also im Pub kein Getratsche aus erster Hand, wie dreckig die Küche von unserm Freund De Fretais ist, klar?
– Versteht sich von selbst, entgegnete Skinner und versuchte sich seine wachsende Vorfreude, es heute Abend in der Kneipe jedem brühwarm zu erzählen, der es hören wollte, nicht anmerken zu lassen.
– Das ist die richtige Einstellung, Danny. Sie sind ein guter Beamter, und so etwas haben wir bitter nötig. Wir sind nur noch fünf Mann in diesem Bezirk. Foy schüttelte missbilligend den Kopf, aber wurde gleich wieder lebhafter. – Apropos, morgen fängt unser Neuer an, hier der aus Fife.
– Ach ja? Seinen Chef unbeabsichtigt imitierend, zog Skinner fragend die Brauen hoch.
– Aye … Brian Kibby. Scheint ein anständiger junger Kerl zu sein.
– Na prima, sagte Skinner abwesend; in Gedanken war er schon bei seinem Wochenende. Heute Abend würde er einen heben, die vier Pints zum Essen hatten einen anständigen Bierdurst in ihm geweckt. Den Rest des Wochenendes würde er, bis auf die Zeit beim Fußball, mit Kay verbringen.
Jeder hatte so seine eigenen Vorstellungen davon, wo Edinburgh aufhörte und der Hafen von Leith begann. Offiziell bei der Old Boundary Bar in Pilrig beziehungsweise ab dort, wo die Postleitzahl EH 6 lautete. Aber Skinner, der den Walk hinunterging, fühlte sich erst wieder in Leith, wenn er spürte, dass der Boden unter seinen Füßen nicht mehr abschüssig war, ein herrliches Gefühl, als sei sein Körper ein Raumschiff, das nach einer langen Reise durch lebensfeindliche Gefilde wieder daheim landet. Gewöhnlich machte es sich ab Höhe der Balfour Bar bemerkbar.
Auf dem Heimweg beschloss Skinner, bei seiner Mutter vorbeizuschauen, die in einer kleinen Gasse mit Kopfsteinpflaster wohnte, die von der Junction Street abging, gegenüber ihrem Friseurladen. Dort hatte er von klein an gelebt, bis er im vergangenen Sommer ausgezogen war. Er hatte immer eine eigene Wohnung haben wollte, doch nun, da er sie hatte, vermisste er sein
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