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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Maurern Charrier und Mignon, als auch mit der zweiten Schicht, den großen Spielern wie ToutinLaroche, dem Baron Gouraud, und er deckt schließlich die dritte Schicht auf, die Verfilzung dieser ganzen Spekulantenclique mit den verschiedenen Behörden und staatlichen Instanzen, von der Stadtverwaltung angefangen bis hin zum Staatsrat, von dem kleinen Provinzdeputierten bis zum Minister. Und wiederum könnte er die Richtigkeit der dargestellten Vorgänge mit wahren Geschehnissen belegen. Die Geschäfte Saccards mit ToutinLaroche, die Manipulationen mit dem Crédit viticole, die Beziehungen der Aktionäre des Crédit viticole zu den offiziellen Verwaltungs und Regierungsstellen sind den realen Geschäftspraktiken des Crédit mobilier und des Crédit foncier nachgebildet. Im letzteren, der die Delegationsbons der Stadt Paris diskontierte (so wie der Crédit viticole im Roman) und mit ihnen die schmutzigsten Börsenspekulationen durchführte, war Haussmann selbst Direktor. Die Korruptions und Schwindelaffären dieser Unternehmen hielten die Öffentlichkeit des Kaiserreichs in Atem. Marx schreibt in einem Brief an Engels vom Jahr 1857, daß der Schwindel nur in Branchen existiert, »wo der Staat direkt oder indirekt der wirkliche employer ist«. Und Zola läßt im Roman Eugène Rougon, den Minister, offen und versteckt die schmutzigen Geschäfte seines Bruders begünstigen, über deren unsauberen Charakter er keineswegs im unklaren ist.
    Zola zeigt aber nicht nur die Nutznießer der Haussmannschen Boulevardbauten und des durch das Kaiserreich ausgelösten Tanzes der Millionen, wodurch so viele Bedürfnisse zugleich befriedigt wurden, das Pracht und Geltungsbedürfnis des Empire ebenso wie der Beutehunger der Helfershelfer Napoleons, er wirft sogar einen Blick auf die Opfer dieser Zustände, die Arbeiter.
    Schon in einem Zeitungsartikel über die Stadtumbauten hatte er darauf hingewiesen, daß der Abbruch der alten Stadtviertel viele Arbeiterfamilien obdachlos macht und in die Elendswohnungen der Vorstädte verweist. Im letzten Kapitel des Romans zeigt er die Arbeiter bei den Abbrucharbeiten, bei denen sie ihre Haut zu Markte tragen, Leute wie Saccard aber so gut verdienen. Für die Ortung von Zolas politischen und sozialen Sympathien ist diese Szene, die im Spätherbst 1871, kurz nach der Niederschlagung der Commune, geschrieben ist, von höchstem Interesse. Haltung und Reden der Herren dieser Prüfungskommission, aus deren Sicht die Bauarbeiter geschildert werden, entsprechen haargenau den Auffassungen der Bourgeoisie, wie sie sie in der »Blutwoche« praktiziert hatte: »Es waren alles Nichtstuer, Verschwender und noch dazu Dickköpfe, die lediglich ihre Brotherren zugrunde richten wollten«; als Herr de Mareuil einwirft, sie brauchten aber doch ganz schön Mut zu ihrer gefährlichen Arbeit, antwortet ihm der Arzt, der mit zur Kommission gehört: »Ach was, das ist alles Gewohnheitssache. Das sind doch bloß Tiere.« Wiederum handelt es sich nur um eine kurze Szene, aber sie weitet das Gesamtbild von der Sozialstruktur der Empiregesellschaft und vertieft den Eindruck von der Amoralität der führenden Kreise, die das große Spiel um Geld und Gold begonnen haben.
    Im Grunde sind diese Gourauds und ToutinLaroches, diese Mignons und Saccards für Zola alles Lumpen, die sich über das Ohr hauen und im nächsten Moment aus der Patsche helfen, die sich heute bis zum letzten bekämpfen und morgen schon wieder freundschaftlich vertragen. Und ganz gleich, wer gewinnt oder verliert, wer betrügt oder betrogen wird, das Spiel um Geld und Gold geht weiter. Ob des einen Vermögen wächst und des anderen verschwindet, ob der eine Skandal aufgedeckt wird und der andere verborgen bleibt, am Gesamtzustand ändert sich nichts. Er kann deshalb auch nur als Zustand im Roman beschrieben werden. Von daher floß Zola keine erregende dramatische Handlung zu, hier gab es keine echten Konflikte oder Tragödien, bestenfalls »Betriebsunfälle«.
    Gerade weil Zola diesmal das »Milieu« als Sozialgemälde ganz ernst nahm und relativ breit entwickelte – das Gros des Figurenensembles der »Beute« ist in diesem Sektor angesiedelt –, löste es sich ihm zur Bilderfolge ohne durchgehende Handlung auf.
    Die dramatische Schürzung und damit die Vordergrundshandlung mußte ihm die zweite Seite des Romans, das Thema Fleischeslust, liefern, diese etwas skabröse Inzestgeschichte, die zum Schluß noch überdies in eine banale Dreiecksgeschichte

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