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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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beklagen«, fuhr Maxime fort, »für deine Toiletten gibst du jährlich mehr als hunderttausend Francs aus, du bewohnst ein fürstliches Haus, hast herrliche Pferde, deine Launen werden zu Gesetzen, und die Zeitungen berichten über jede deiner neuen Roben wie über ein Ereignis von höchster Wichtigkeit; die Frauen beneiden dich, und die Männer würden zehn Jahre ihres Lebens hingeben, um dir auch nur die Fingerspitzen küssen zu dürfen … Stimmt’s?«
    Sie nickte zustimmend, ohne zu antworten. Die Wimpern gesenkt, hatte sie von neuem begonnen, sich die Haare des Bärenfells um die Finger zu wickeln.
    »Geh, sei nicht bescheiden«, sprach Maxime weiter, »gib rundweg zu, daß du eine der Stützen des zweiten Kaiserreichs bist. Unter uns können wir ja von diesen Dingen reden. Überall, in den Tuilerien9, bei den Ministern, bei den simplen Millionären, von oben bis unten regierst du als unumschränkte Herrscherin. Es gibt kein Vergnügen, das du nicht in vollen Zügen genossen hättest, und wenn ich es wagte, wenn der Respekt, den ich dir schulde, mich nicht zurückhielte, würde ich sagen …«
    Er schwieg einige Augenblicke und lachte; dann vollendete er ritterlich seinen Satz: »Dann würde ich sagen, du hast bereits alle Früchte gekostet.«
    Sie verzog keine Miene.
    »Und dabei langweilst du dich noch!« begann der junge Mann erneut mit spaßhaftem Eifer. »Aber das ist ja eine Sünde! Was willst du eigentlich? Wovon träumst du?«
    Sie zuckte mit den Achseln, um anzudeuten, daß sie es selber nicht wisse. Obwohl sie den Kopf gesenkt hielt, sah Maxime ihr Gesicht jetzt so ernst, so traurig, daß er schwieg. Er betrachtete die Wagenreihe, die, am Ende des Sees angelangt, sich auseinanderzog und die breite Straßenkreuzung füllte. Die Fahrzeuge, nun weniger beengt, schwenkten in prachtvollen Kurven ein; der raschere Hufschlag der Gespanne hallte auf dem harten Boden.
    Um sich einzureihen, fuhr die Kalesche jetzt einen großen Bogen, und ihre schwingende Bewegung erfüllte Maxime mit einer unbestimmten Wollust. Er gab dem Verlangen nach, Renée mit Vorwürfen zu überhäufen.
    »Hör mal«, sagte er, »du verdientest eigentlich, in einer Mietskutsche zu fahren! Das geschähe dir recht! … Sieh doch diese Menschenmenge an, die nach Paris zurückkehrt, diese Menge, die dir zu Füßen liegt. Man grüßt dich wie eine Königin, und wenig fehlt, daß dein guter Freund, Herr de Mussy, dir Kußhände zuwirft.«
    In der Tat wurde Renée soeben von einem Reiter gegrüßt. Maxime hatte in einem Ton erheuchelten Spotts gesprochen. Doch Renée wandte sich kaum um, zuckte nur mit den Achseln. Diesmal war es der junge Mann, der eine verzweifelte Bewegung machte.
    »Sind wir wirklich schon so weit? Aber, mein Gott, du hast alles, was willst du denn noch?«
    Renée hob den Kopf. Ein heißer Glanz lag in ihren Augen, ein brennendes Begehren voll ungestillter Neugier.
    »Ich will etwas anderes«, antwortete sie leise.
    »Aber da du bereits alles hast«, entgegnete Maxime lachend, »gibt es eben nichts anderes mehr … Was soll das heißen: etwas anderes?«
    »Was das heißen soll …?« wiederholte sie.
    Damit brach sie ab. Sie hatte sich vollständig umgedreht und betrachtete das eigenartige Bild, das allmählich hinter ihr verblich. Es war beinahe Nacht geworden; wie feine Asche senkte sich langsam die Dämmerung herab. In dem bleichen Tageslicht, das noch auf dem Wasser lag, rundete sich der See, den man nun von vorn her überblickte, zu einer riesigen Zinnplatte; die Wäldchen aus immergrünen Bäumen, deren dünne, gerade Stämme der schlafenden Wasserfläche zu entwachsen schienen, nahmen jetzt das Aussehen blaßvioletter Säulenreihen an, die mit ihrer regelmäßigen Architektur die kunstvollen Krümmungen der Ufer nachzeichneten; im Hintergrund stiegen dichte hohe Bäume empor, schlossen mächtige, verworrene Laubmassen, große dunkle Flecken den Horizont ab. Hinter diesen Flecken schimmerte die Glut eines fast erloschenen Sonnenuntergangs, der nur noch einen Zipfel der grauen Unendlichkeit beleuchtete. Über dem regungslosen See, dem niedrigen Wald, über dieser so besonders ebenen Aussicht öffnete sich das Himmelsgewölbe unendlich, tiefer und weiter. Dieses große Stück Himmel über diesem kleinen Stückchen Natur hatte etwas wie ein Erschauern an sich, eine unbestimmte Traurigkeit; und aus diesen immer fahler werdenden Höhen fiel solche herbstliche Schwermut, eine Nacht von so herzzerreißender Süße herab,

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