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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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nahmen. Papiertüten raschelten, und wenn Jenny nah genug vorbeiging, konnte sie manchmal sogar riechen, was sie zu Mittag aßen.
    Jennys Clique hatte sich während der letzten zwei Wochen nicht zusammen sehen lassen – das hätte zu viel Gerede verursacht. Aber heute hatten sie keine andere Wahl.
    Audrey als Nächste, dachte Jenny. Sie ging an dem Amphitheater mit den verwitterten Holzbänken vorbei und schaute in einen der dort liegenden Kursräume. Audrey hatte Innenarchitektur belegt und schaffte das natürlich mit links.
    Jenny stand in der Tür, bis Audrey, die als Einzige mit der Lehrerin zurückgeblieben war, aufschaute. Audrey klappte ihren Aktenordner zu, warf ihn in ihren Rucksack und ging zu Jenny.
    »Was gibt’s?«
    »Wir müssen alle zusammentrommeln«, sagte Jenny. »Hast du dein Mittagessen dabei?«

    »Ja.« Audrey fragte nicht, warum sie alle zusammentrommeln mussten. Sie schüttelte lediglich ihre stachligen kupferfarbenen Ponyfransen aus ihren Augen, wobei sie gekonnt den Kopf zurückwarf, und presste ihre mit kirschfarbenem Gloss geschminkten Lippen aufeinander.
    Der Weg zur Mädchenturnhalle führte die beiden über den Campus zurück. Die Sonne brannte Jenny auf den Kopf und ein leichtes, feuchtes Rinnsal rann ihr über den Nacken. Zu heiß für Mai, selbst in Kalifornien. Warum also fröstelte sie im Inneren?
    Jenny und Audrey spähten in die Mädchenumkleide. Dee war noch nicht einmal angezogen, schnappte sich gerade ein paar Handtücher und kicherte mit zwei Mädchen aus der Schwimmmannschaft. Sie war nackt und vollkommen ungeniert, schön und geschmeidig wie ein pechschwarzer Panther. Als sie Jenny und Audrey bemerkte, die ihr einen bedeutungsvollen Blick zuwarfen, zog sie eine Augenbraue hoch und nickte. Sie griff nach einem granatroten T-Shirt und war eine Minute später bei ihnen.
    Zach fanden sie im Kunsttrakt, wo er allein vor dem Fotolabor stand. Das war nicht überraschend – Zach war meistens allein. Was Jenny überraschte, war der Umstand, dass er nicht im Labor war und arbeitete. Zachs schmales, sensibles Gesicht war immer schon blass gewesen, aber in den letzten Tagen sah es beinah kreideweiß aus, und er hatte sich angewöhnt, schwarze Hosen und Hemden zu tragen. Er hat sich verändert, dachte
Jenny. Kein Wunder. Was sie durchgemacht hatten, hatte jeden von ihnen verändert.
    Als er aufblickte, deutete Jenny mit dem Kopf in die ungefähre Richtung des Personalparkplatzes. Der übliche Ort. Er machte eine kurze, ruckartige Kopfbewegung, um seine Zustimmung zu signalisieren.
    Michael befand sich in der Nähe der Englischklassenzimmer, wo er verstreut liegende Papiere und Bücher vom Boden auflas.
    »Idioten, Schweine, Deppen, Neandertaler «, murmelte er.
    »Wer hat das getan?«, fragte Jenny, während Audrey sich zu ihm hinunterbeugte und ihn auf Prellungen untersuchte.
    »Carl Vortman und Steve Matsushima.« Michaels rundes Gesicht war gerötet und sein dunkles Haar war noch zerraufter als gewöhnlich. »Es würde bestimmt helfen, wenn du mich hier küssen könntest«, sagte er zu Audrey und zeigte auf seinen Mundwinkel.
    Dee vollführte einen schnellen, fließenden Kickboxtritt in die Luft. Es sah aus wie Ballett. »Ich werde sie mir vorknöpfen«, sagte sie, und ein barbarisches Lächeln blitzte auf.
    »Kommt, wir müssen reden«, erklärte Jenny. »Hat irgendjemand Tom gesehen?«
    »Ich denke, er hat heute Morgen blaugemacht«, meinte Audrey. »Er war weder in Geschichte noch in Englisch.«

    Na wunderbar, dachte Jenny, während Michael sich sein Mittagessen holen ging. Zachary trägt morbides Schwarz, Michael lässt sich verprügeln und Tom, der Superschüler, macht den ganzen Vormittag blau – genau dann, wenn ich ihn am dringendsten brauche.
    Sie setzten sich neben den Parkplatz auf den kleinen Buckel, der in der Vista Grande High nur »Grashügel« genannt wurde. Als Michael wieder zu ihnen stieß, ließ er zuerst sein Lunchpaket und dann sich selbst auf den Boden fallen.
    »Also, was ist los?«, fragte Dee.
    Jenny holte tief Luft.
    »Da war ein Mädchen«, begann sie und tat ihr Bestes, um das weinende Mädchen zu beschreiben. »Wahrscheinlich eine Neuntklässlerin«, fügte sie hinzu. »Weiß einer von euch vielleicht, wen ich meine?«
    Alle schüttelten den Kopf.
    »Sie hat gesagt, wir hätten Summer getötet und ihre Leiche versteckt, und dass sie wisse, dass P.C. es nicht getan habe. Sie klang wie jemand, der wirklich Bescheid weiß und ihm nicht nur einfach

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