Die Bibel
aufgeregt, wollen wissen, wer es ist. Laut Markus und Lukas gibt Jesus darauf keine Antwort. Nach Matthäus deutet Jesus zweideutig an, dass es Judas ist. Nur bei Johannes wird Judas eindeutig geoutet:
Der ist’s, dem ich den eingetauchten Bissen geben werde. Und er taucht den Bissen ein und gibt ihn Judas
. Die Jünger sind aber nun offenbar soperplex, dass sie gar nicht glauben können, was sie gehört haben. Das erklärt vielleicht die unterschiedlichen Erinnerungen, die sie später daran haben.
Einen von ihnen, Petrus, treibt das soeben Erlebte besonders um. Darum möchte er mit Jesus darüber reden und ihm zugleich seine unverbrüchliche Treue versichern. Aber Jesus antwortet:
Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.
Nach dem Essen zieht Jesus mit seinen Jüngern auf den Ölberg in einen Garten namens Gethsemane. Dort wollen sie sich offenbar zur Ruhe legen. Doch schon bald dringt eine mit Schlagstöcken bewaffnete Polizeitruppe in den Garten ein und überrascht Jesus und dessen Jünger. Judas tritt aus dem Polizeitrupp hervor, geht auf Jesus zu, sagt: «Sei gegrüßt, Rabbi» und gibt Jesus den Judaskuss. Jesus fragt:
Freund, wozu bist du hier? Da traten sie hinzu, legten Hand an Jesus und nahmen ihn fest
. Und seine Jünger fliehen entsetzt in alle Richtungen.
Ganz allein wird Jesus in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in das Haus des amtierenden Hohenpriesters gebracht, und dort beginnt sofort das Verhör vor dem Hohen Rat. In diesem 71 Mitglieder umfassenden Gremium sitzen die führenden Vertreter des Volkes: die amtierenden und ehemaligen Hohepriester und die Inhaber wichtiger Tempelämter, beide überwiegend sadduzäisch orientiert, dazu die Schriftgelehrten, die überwiegend von den Pharisäern kamen.
Dass Jesus den herrschenden Kreisen in die Quere kommt, reicht nun aber nicht, um ihn hinzurichten. Man braucht schon eine handfeste Anklage und eine Verurteilung nach Recht und Gesetz. Das ist aber nicht so einfach. Was hat Jesus eigentlich verbrochen? Der Hohe Rat ist selber noch unsicher und vernimmt erst einmal die Belastungszeugen. Entlastungszeugen gibt es nicht. Die Jünger sind geflohen, und das Volk weiß nichts von Jesu Gefangennahme.
Petrus hätte aussagen können. Er war nicht, wie die anderen, bei der Verhaftung Jesu geflohen, sondern ist der Truppe, die Jesus abführte, gefolgt. Jetzt sitzt er ganz nah am Ort der Vernehmung im Vorhof des hohepriesterlichen Palasts bei den Dienern, wärmt sich dort am Feuer und wird von einer Magd als ein Freund des Galiläers erkannt.
Er aber leugnete und sprach: Ich weiß nicht und verstehe auch nicht, was du sagst! Und er ging in den Vorhof hinaus, und der Hahn krähte. Und als die Magd ihn sah, begann sie wieder und sprach zu den Umstehenden: Dieser ist einer von ihnen. Er aber leugnete wiederum
. Nach einer Weile behaupten andere, er sei ein Anhänger des Angeklagten. Wieder sagt Petrus:
Ich kenne diesen Menschen nicht, von dem ihr redet. Da krähte der Hahn zum zweiten Mal.
Und Petrus beginnt zu weinen.
Wer diese ergreifende Szene zu wörtlich als Beleg für das Versagen des Petrus liest, wird ihm nicht gerecht und verpasst ein paar wichtige Nebenaspekte. Die Quelle dieser Szene konnte ja nur Petrus selber sein. Er hätte das leicht verschweigen können. Und selbst wenn andere es den Jüngern zugetragen hätten, hätte er sagen können: Was wollt ihr, die ihr alle davongelaufen seid!? Ich bin Jesus immerhin gefolgt, habe mich in Gefahr begeben, um zu sehen, was sie mit ihm machen. Als die Magd mich erkannte, hätte ich da sagen sollen, ja, ich sei auch einer von den Anhängern des Angeklagten? Sie hätten mich doch sofort geschnappt und ebenfalls verurteilt. Was wäre damit gewonnen gewesen?
All das sagt Petrus nicht, denn er erkennt hinterher, nach Jesu Tod: Wenn ich und wenn die anderen den Mut gehabt hätten, als Zeugen vor dem Hohen Rat und vor Pontius Pilatus auszusagen, wäre es viel schwerer, ja vielleicht sogar unmöglich gewesen, Jesus zum Tod zu verurteilen. Wegen dieses Versagens und weil er weiß, dass die Christenheit immer in der Gefahr steht zu versagen, klagt sich Petrus später – wahrscheinlich sogar öffentlich – selber an und vergisst es nie.
Jesus steht verlassen vor dem Hohen Rat. Dieser wirft ihm «Verführung des Volkes» vor, was allerdings schwer zu beweisen ist. Einfacher ist es, Jesus des Verstoßes gegen bestehende Gesetze und Vergehen gegen den Tempel zu
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