Die Bibel
Himmel, Hölle und Erde. Dieses aus antiken Mythen, spätjüdischer Apokalyptik und gnostischen Erlösungsphantasien komponierte Weltbild sei durch das moderne Weltbild erledigt.
Damit sei auch die Himmelfahrt Christi erledigt, die Vorstellung von einer unter kosmischen Katastrophen hereinbrechenden Endzeit, die Erwartung des auf den Wolken des Himmels kommenden Menschensohnes, die Wunder als bloße Wunder, der Geister- und Dämonenglaube. Wer meint, an all diesen Mythen dennoch festhalten zu müssen, solle sich klar machen, dass er damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.
Natürlich blieb von diesem Programm auch der Auferstehungsglaube nicht verschont. Die evangelischen Theologen Martin Dibelius und Werner Georg Kümmel schrieben 1966, dass die Jünger kurz vor dem Tod Jesu zwar angsterfüllt geflüchtet seien, aber kurz danach furchtlos den Auferstandenen verkündigt hätten. Es müsse sich also etwas ereignet haben, was aus ängstlichen Flüchtlingen mutige Christusverkünder gemacht und befähigt hat, dies nicht nur vorübergehend zu sein, sondern dauerhaft zu bleiben. Dieses «Etwas» sei der historische Kern des Osterglaubens.
Was aber könnte das gewesen sein? Für den Papst und den Volksglauben ist es der Auferstandene selbst, in dessen Wunden der ungläubige Thomas seine Finger legen durfte. Für Dibelius und Kümmel waren es nur noch «Visionen». «Offenbar haben zuerst Petrus, dann die anderen Jünger, dann auch weitere Anhänger Jesu, … in Visionen den von ihnen geschiedenen Meister lebend und in himmlischer Glorie geschaut.» Dibelius und Kümmel wagten noch nicht, diesen Gedanken konsequent zu Ende zu denken und zu sagen, was dann der Theologe Gerd Lüdemann 1994 knallhart formulierte: Jesus sei in seinem Grab verwest wie jede andere Leiche.
Dafür wurde Lüdemann von seiner Zunft kritisiert, aber alle mussten zugeben, dass er mit seinen Aussagen eigentlich kaum über das hinausgeht, was andere Theologen auch schon gesagt haben,wenn auch schwerer verständlich, verklausuliert mit Hilfe der üblichen, nur für Insider bestimmten theologischen Termini.
Und was ist mit der Auferstehung der Toten am Jüngsten Tag? Darüber sei nur zu sagen, die im Glauben erfahrene Einheit mit Gott habe «Bestand über den Tod hinaus», und weiteres Fragen nach Ereignissen im Jenseits habe keinen Sinn, sagt Lüdemann. Natürlich stellt sich damit auch für ihn die Frage, die man sich angesichts solcher Aussagen stellen muss: «Können wir noch Christen sein?»
Ja, meint Lüdemann. Die Christen verlören nichts, wenn sie an die Auferstehung nicht mehr so glauben können wie bisher. Christen könnten Christen bleiben, auch wenn sie «nicht an die Wiederbelebung eines Leichnams glauben». Und dann meint der Theologe noch, dass es dem Christen helfe, «wenn er fortan vom Wenigen lebt, was er wirklich glaubt, nicht vom Vielen, was zu glauben er sich abmühen musste».
Das ist sehr ehrlich. Und ziemlich trostlos. Was soll denn ein Pfarrer den Eltern eines durch einen Unfall oder ein Verbrechen getöteten Kindes an dessen Grab sagen? Dass «die im Glauben erfahrene Einheit mit Gott Bestand über den Tod hinaus» habe?
Natürlich ist es riskant, öffentlich zu erklären, man glaube an die Wiederbelebung von Leichen. Die sich aufgeklärt dünkenden Vertreter der offiziellen Wahrheit würden jeden, der so etwas zu sagen riskierte, sofort als Anhänger eines mittelalterlichen, vorwissenschaftlichen Weltbilds in der Luft zerreißen. Diesen Mut, sich lächerlich zu machen und möglicherweise zerrissen zu werden, sollten sich Bischöfe, Pfarrer und christliche Laien trotzdem abverlangen.
Immerhin drei Argumente könnten Gläubige in die Waagschale werfen, um die Frage nach der Auferstehung zumindest offen zu halten: Erstens bedeutet die Wiederbelebung von Leichen nicht dasselbe wie Auferstehung. Was Gott macht, wenn er die Auferstehungins Werk setzt, muss man ihm überlassen. Niemand kann ihm vorschreiben, dafür Leichen wiederbeleben zu müssen. Man darf ruhig vermuten, dass er über ein paar Berufsgeheimnisse und ein Know-how verfügt, die es ihm ermöglichen, etwas zu bewirken, was den Namen Auferstehung verdient und gut für die Menschen ist. Dass er sich dabei möglicherweise eines Verfahrens bedient, das unser menschliches Vorstellungsvermögen überschreitet, wird ihm auch niemand verwehren können.
Zweitens darf das noch immer hochgehaltene Dogma des
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