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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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den ich kenne. Liebe ohne Begehren, ohne Bedingung oder Grenzen - ein reines, strahlendes Leuchten im Herzen, bei dem mir zugleich schwindlig und traurig und überglücklich zumute sein konnte. Wo ist sie geblieben? Wieso haben die drei Weisen aus dem Morgenland bei all ihren Experimenten nie versucht, diese Reinheit zu destillieren? Vielleicht konnten sie es nicht. Vielleicht geht sie uns verloren, sobald wir sexuelle Wesen werden, und kein Zauber kann sie wieder zurückbringen. Vielleicht erinnere ich mich nur daran, weil ich so lange versucht habe, die Liebe zu verstehen, die Josua für jedermann empfand.
    Im Osten haben sie uns gelehrt, dass alles Leid aus Fleischeslust erwächst, und diese wilde Bestie sollte mich mein Leben lang verfolgen, doch an jenem Nachmittag und noch einige Zeit danach erlebte ich Erhabenheit. Nachts lag ich wach, lauschte dem Atmen meiner Brüder im stillen Haus, und in meinem Inneren sah ich ihre Augen wie blaues Feuer in der Dunkelheit. Oh, süße Qual. Ich frage mich, ob Josua nicht ihr ganzes Leben dazu gemacht hat. Maggie, sie war die Stärkste von uns allen.
    Nach dem Schlangen wunder ließen Josua und ich uns Ausreden einfallen, um zur Schmiede zu gelangen, wo wir vielleicht auf Maggie treffen würden. Jeden Morgen standen wir früh auf und liefen zu Josef, boten an, zum Schmied zu gehen, um ein paar Nägel zu besorgen oder Werkzeug reparieren zu lassen. Der arme Josef hielt es für die reine Freude am Zimmererhandwerk.
    »Wollt ihr Jungs morgen mit mir nach Sephoris kommen?«, fragte uns Josef eines Tages, als wir ihm in den Ohren lagen, ob wir Nägel holen dürften. »Biff, würde dich dein Vater die Arbeit eines Zimmermannes lernen lassen?«
    Am liebsten wäre ich im Boden versunken. Es wurde erwartet, dass ein zehnjähriger Junge den Beruf seines Vaters erlernte, doch das war noch ein Jahr hin - eine Ewigkeit, wenn man neun ist. »Ich ... ich überlege noch, was ich machen will, wenn ich groß bin«, sagte ich. Mein Vater hatte Josua am Tag zuvor ein ähnliches Angebot gemacht.
    »Du willst also kein Steinmetz werden?«
    »Eigentlich wollte ich Dorftrottel werden, wenn mein Vater es erlaubt.«
    »Dafür hat er ein gottgegebenes Talent«, sagte Josua.
    »Ich habe mit Bartholomäus, dem Idioten, gesprochen«, sagte ich. »Er will mir beibringen, wie man sich mit seiner eigenen Scheiße voll schmiert und mit dem Kopf an Wände schlägt.«
    Düster sah Josef mich an. »Vielleicht seid ihr beiden wirklich noch zu jung. Nächstes Jahr.«
    »Ja«, sagte Josua. »Nächstes Jahr. Können wir jetzt gehen, Josef? Biff ist mit Bartholomäus zum Unterricht verabredet.«
    Josef nickte, und wir waren weg, bevor er uns noch weitere Freundlichkeiten angedeihen lassen konnte. Wir hatten uns tatsächlich mit Bartholomäus, dem Dorftrottel, angefreundet. Er stank und sabberte, aber er war groß und bot einigen Schutz gegen Jakan und seine Rüpel. Außerdem verbrachte Bart seine Zeit meist bettelnd auf dem Dorfplatz, wo die Frauen Wasser vom Brunnen holten. Hin und wieder konnten wir dort einen kurzen Blick auf Maggie werfen, wenn sie mit einem  Wasserkrug auf dem Kopf vorüberkam.
    »Du weißt, dass wir bald arbeiten müssen«, sagte Josua. »Wir werden uns wohl nicht mehr sehen, wenn ich erst bei meinem Vater arbeite.«
    »Josua, sieh dich um. Siehst du irgendwo Bäume?«
    »Nein.«
    »Und die Bäume, die wir haben, Olivenbäume ... verdrehte, verästelte, knorrige Dinger, stimmt's?«
    »Stimmt.«
    »Aber du willst Zimmermann werden wie dein Vater?«
    »Die Möglichkeit besteht.«
    »Ein Wort, Josh: Steine.«
    »Steine?«
    »Sieh dich um. Steine, so weit das Auge blickt. Galiläa besteht nur aus Steinen, Dreck und noch mehr Steinen. Werd Steinmetz wie ich und mein Vater. Wir können Städte für die Römer bauen.«
    »Eigentlich hatte ich daran gedacht, die Menschheit zu retten.«
    »Vergiss den Quatsch, Josh. Steine, ich sag es dir.«
     
     
    3

    Der Engel will mir nicht erzählen, was aus meinen Freunden geworden ist, aus den Zwölfen und aus Maggie. Er sagt nur, dass sie tot sind und ich meine eigene Version der Geschichte schreiben muss. Oh, er erzählt mir nutzlose Engelsgeschichten, wie Gabriel einmal sechzig Jahre lang verschwunden war und sie ihn auf der Erde gefunden haben, wo er sich im Körper eines Mannes namens Miles Davis versteckte, oder wie sich Raphael aus dem Himmel geschlichen hat, um Satan zu besuchen, und mit etwas wiederkam, was sich Handy nennt. (Offensichtlich hat

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