Die Bibel nach Biff
Eisentür los?« Brillant. Ich legte eine Pause ein, betrachtete das Blau meiner Fingernägel und kostete meinen Sieg aus.
»Das ist das Dämlichste, was ich je gehört habe«, sagte Balthasar. Nachdem er kurz die Beherrschung verloren hatte, kehrte die gelassene, stets leicht amüsierte Haltung des Meisters zurück. »Was wäre, wenn ich sagte, dass es für euch noch zu gefährlich wäre, wenn ihr wüsstet, was sich hinter der Eisentür befindet, ihr es aber nach einiger Ausbildung nicht nur wissen, sondern aus diesem Wissen große Macht schöpfen werdet? Ich verspreche euch: Sobald ich der Ansicht bin, dass ihr so weit seid, zeige ich euch, was sich hinter dieser Tür versteckt. Aber ihr müsst versprechen, dass ihr studiert und eure Lektionen lernt. Wollt ihr das tun?«
»Verbietet Ihr uns, Fragen zu stellen?«, fragte Josua.
»Oh, nein, ich verweigere euch nur vorläufig ein paar Antworten. Und glaubt mir, Zeit ist das Einzige, wovon ich reichlich habe.«
Josua wandte sich mir zu. »Ich weiß noch immer nicht, was ich hier lernen soll, aber ich bin mir sicher, dass ich es bisher nicht gelernt habe.« Er flehte mich mit seinem Blick an, die Sache nicht zu erzwingen. Ich beschloss, sie fallen zu lassen. Ich war nicht scharf darauf, noch mal vergiftet zu werden.
»Wie lange werden sie dauern?«, fragte ich. »Diese Lektionen, meine ich?«
»Manche Schüler brauchen viele Jahre, das Wesen des Chi zu begreifen. Man wird für euch sorgen, so lange ihr hier seid.«
»Jahre? Können wir es uns noch überlegen?«
»So lange ihr wollt.« Balthasar stand auf. »Ich muss zu den Mädchen. Sie reiben ihre nackten Brüste gern an meinem kahlen Schädel, wenn er frisch gewachst und noch so glatt ist.«
Ich schluckte. Josua lächelte und betrachtete den Tisch. Oft - nicht nur in diesem Moment, sondern meistens - habe ich mich gefragt, ob Josua die Fähigkeit besaß, seine Vorstellungskraft - wenn nötig - abzustellen. Es musste so sein. Ansonsten wüsste ich nicht, wie er der Versuchung je hätte Herr werden können. Ich hingegen war ein Sklave meiner Phantasie und lief förmlich heiß an, als ich mir Balthasars Kopfmassage vorstellte.
»Wir bleiben. Wir lernen. Wir tun, was man von uns verlangt«, sagte ich.
Josua prustete vor Lachen laut heraus, dann beruhigte er sich so weit, dass er wieder sprechen konnte. »Ja, wir bleiben und lernen, Balthasar, aber erst muss ich nach Kabul und dort noch was erledigen.«
»Selbstverständlich«, sagte Balthasar. »Ihr könnt morgen reisen. Eines der Mädchen soll euch den Weg zeigen, doch für den Augenblick wünsche ich euch eine gute Nacht.« Der Zauberer schlenderte von dannen, er ließ Josua zurück, der sich vor Lachen schüttelte, und mich, der überlegte, wie der Zauberer wohl mit kahlem Schädel aussehen mochte.
Am Morgen kam Wonne im Gewand eines Wüstenhändlers in unsere Gemächer: weite Tunika, weiche Lederstiefel und weite Hosen. Ihr Haar steckte unter einem Turban, und sie hielt eine lange Reitgerte in der Hand. Sie führte uns einen schier endlosen, engen Gang entlang, der tief in den Berg führte und dann aus einer steilen Felswand heraustrat. Wir erklommen eine Strickleiter zum Plateau hinauf, wo Kissen und Sue mit drei Kamelen warteten, die gesattelt und für eine kurze Reise ausgerüstet waren. Auf dem Plateau gab es einen kleinen Bauernhof mit mehreren Hühnerställen und ein paar Ziegen und Schweinen im Pferch.
»Es dürfte nicht ganz einfach werden, mit den Kamelen die Strickleiter hinabzusteigen«, sagte ich.
Wonne zog ein finsteres Gesicht und wickelte sich das Ende ihres Turbans ums Haupt, so dass nur ihre Augen noch zu sehen waren. »Es gibt einen Pfad hinunter«, sagte sie. Dann klopfte sie ihrem Kamel mit der Gerte an die Schulter und ritt davon, während Josua und ich unsere liebe Mühe damit hatten, die Tiere zu erklimmen und ihr zu folgen.
Der Pfad vom Plateau hinunter war gerade breit genug, dass ein Kamel schwankend darauf schreiten konnte, ohne abzustürzen, doch unten auf dem Wüstenboden hätte man ihn - ganz wie die Schlucht, in der sich der Eingang zur Festung befand - niemals gefunden, sofern man nicht wusste, dass er dort war. Wieder ein gewisses Maß an Sicherheit für eine Festung ohne Wachen, dachte ich.
Josua und ich versuchten, Wonne auf unserer Reise nach
Kabul in ein Gespräch zu verstricken, doch war sie übellaunig und barsch und ritt oft genug voraus.
»Wahrscheinlich ist sie deprimiert, weil sie mich nicht quälen kann«,
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