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Die Biene Maja

Die Biene Maja

Titel: Die Biene Maja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Bonsels
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schwindlig zumute wurde. Sie mußte die Augen schließen, und ihr wurde übel. -- Aber was war das?! Entsetzt riß sie die Augen auf. Sie war über und über eingewickelt von einem ganz frischen klebrigen Faden, den die Spinne bei sich gehabt haben mußte.
    »O du lieber Gott«, sagte die kleine Maja leise und mit bebender Stimme. Mehr sagte sie nicht. Nun war es zu Ende. Nun erkannte sie die Hinterlist der Spinne. Nun erst war sie gefangen, nun gab es kein Entrinnen mehr. Sie konnte keinen Flügel, kein Glied ihres Körpers mehr bewegen.
    Ihr Zorn und ihre Wut waren verflogen, nur eine große Traurigkeit kam über ihr Herz. Ich habe nicht gewußt, daß es soviel Schlechtigkeit und Bosheit in der Welt gibt, dachte sie. Nun kommt meine tiefe Todesnacht, leb' wohl, helle Sonne, lebt wohl, meine lieben Gefährten, warum hab' ich euch verlassen? Lebt alle wohl. Ich muß sterben.
    Die Spinne saß vorsichtig ein wenig beiseit. Sie fürchtete sich immer noch vor dem Stachel der kleinen Maja.
    »Nun?« fragte sie spöttisch, »wie befinden Sie sich, meine Kleine?«
    Maja war zu stolz, dieser Falschen noch zu antworten. Nur nach einer Weile, als sie glaubte, ihre Traurigkeit nicht mehr ertragen zu können, sagte sie:
    »Töten Sie mich bitte gleich.«
    »I wo,« sagte die Spinne und verknotete ein paar zerrissene Fäden, »meinen Sie, ich wäre so dumm wie Sie? Sterben tun Sie sowieso, wenn man Sie nur lange genug hängen läßt, und ich kann Ihnen Ihr Blut auch noch aussaugen, wenn Sie nicht mehr stechen können. Es ist nur schade, daß Sie nicht mehr sehen können, wie Sie mein schönes Netz zugerichtet haben, dann würden Sie Ihren Tod wenigstens als gerecht empfinden.«
    Sie ließ sich blitzschnell bis an die Erde nieder, legte das Ende des neugesponnenen Fadens um einen kleinen Stein und zog es fest an.
    Dann kam sie wieder herauf, ergriff das feste Seil, an dem die eingewickelte Maja hing, und schleppte es langsam mit ihrer Gefangenen fort.
    »Sie kommen in den Schatten, meine Liebe,« sagte sie, »damit die Sonne Sie nicht austrocknet. Da oben wirken Sie mir auch zu abschreckend auf andere Leutchen, die nicht aufpassen können. Und die Grasmücken kommen auch zuweilen auf den Gedanken, mein Netz zu plündern. Und damit Sie wissen, mit wem Sie zu tun haben: Ich heiße Thekla, von der Familie der Kreuzspinnen. Ihren Namen brauchen Sie mir nicht zu nennen, er ist gleichgültig, ein fetter Bissen sind Sie jedenfalls.«
    Da hing nun die kleine Maja tief im Schattendunkel des Brombeerbusches dicht über der Erde, der Grausamkeit der Spinne hilflos überliefert, die vorhatte, sie langsam verhungern zu lassen. Da sie mit dem Köpfchen nach unten hing, fühlte sie bald, daß sie diese schreckliche Lage nicht lange aushalten würde. Sie wimmerte leise vor sich hin, und ihre Hilferufe wurden immer schwächer. Wer auch sollte ihr helfen? Die Ihren daheim wußten nichts von dem Leid, das ihr widerfahren war, und konnten nicht zu ihrer Befreiung herbeieilen.
    Da hörte sie plötzlich unter sich im Gras jemanden mißmutig brummen, und sie verstand die Worte:
    »Ich komme, das genügt für alle, um Platz zu machen!«
    Ihr geängstigtes Herz begann stürmisch zu klopfen, denn sie erkannte an der Stimme sogleich den Mistkäfer Kurt, den sie damals bei der Grille Iffi belauscht hatte, und dem sie geholfen hatte, sich aus seiner bösen Lage wieder aufzurichten.
    »Kurt,« rief sie, so laut sie konnte, »lieber Kurt!«
    »Machen Sie Platz«, rief der blaue Kurt, der es in der Tat war.
    »Ich bin Ihnen ja nicht im Weg, Kurt,« rief Maja, »ach, ich hänge hier über Ihnen, die Spinne hat mich gefangen.«
    »Aber wer sind Sie denn?« fragte Kurt. »Ich bin sehr bekannt, überall, das werden Sie jetzt voraussichtlich zugeben?«
    »Ich bin die Biene Maja. O bitte, bitte, helfen Sie mir!«
    »Maja? Maja? -- Ach, ich erinnere mich. Sie lernten mich vor einigen Wochen kennen. Sapperlot, Sie sind allerdings in einer fatalen Lage, das muß ich zugeben, da ist freilich meine Hilfe nötig. Da ich augenblicklich Zeit habe, werde ich sie Ihnen nicht verweigern.«
    »O lieber Kurt! Können Sie diese Fäden zerreißen?«
    »Diese Fäden? Wollen Sie mich beleidigen?« Kurt schlug mit der Hand auf die Muskeln seines Arms. »Sehen Sie her, Kleine, das ist so gut wie reinster Stahl! So was an Kraft finden Sie so leicht nicht wieder. Ich nehme andere Dinge auf mich, als ein paar Spinnweben zu zerschmettern. Sie werden Ihr Wunder erleben.«
    Er kroch an dem

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