Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Biene Maja

Die Biene Maja

Titel: Die Biene Maja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Bonsels
Vom Netzwerk:
war. Sie flog ganz in die Nähe, setzte sich auf ein benachbartes Blatt und grüßte. Die Fremde antwortete nicht.
    »Sie!« sagte Maja und stieß das Blatt der Fremden an, so daß es etwas wackelte. Da öffnete das platte Geschöpf langsam ein Auge, schaute Maja damit an und sagte:
    »Eine Biene. Nun ja, es gibt viele Bienen.« Und dann machte es sein Auge wieder zu.
    Wie eigenartig, dachte die kleine Maja, aber sie beschloß doch, hinter das Geheimnis der Fremden zu kommen. Nun war sie ihr erst recht interessant geworden, wie Leute es oft werden, die nichts von uns wissen wollen. Maja versuchte es mit etwas Honig. »Ich habe reichlich,« sagte sie, »wenn ich Ihnen vielleicht etwas anbieten darf?«
    Die Fremde machte ihr Auge wieder auf und schaute Maja eine Weile sinnend an. Was wird sie diesmal sagen, dachte die Biene. Aber es kam keine Antwort, nur das Auge schloß sich wieder, und die Fremde blieb still sitzen, ganz fest an das Blatt geschmiegt, so daß man nichts von ihren Beinen sah und fast glauben konnte, es hätte sie jemand mit dem Daumen so fest an das Blatt gepreßt, daß sie darüber platt geworden war.
    Maja merkte nun wohl, daß die Fremde nichts von ihr wissen wollte, aber wie es einem so geht, man möchte nicht gern so unhöflich verabschiedet werden, am wenigsten ohne zu seinem Ziel gelangt zu sein. Das wäre ja gradezu eine Blamage gewesen, und die erlebt niemand gern.
    »Wer immer Sie sein mögen,« rief Maja, »merken Sie sich, daß man in der Insektenwelt einen Gruß zu erwidern pflegt, ganz besonders aber dann, wenn er von einer Biene geboten wird.«
    Es blieb ganz still, und nichts rührte sich. Die Fremde machte ihr Auge nicht mehr auf.
    Dies Tier ist krank, dachte sich Maja. Wie unangenehm, an einem so schönen Tage krank zu sein, darum sitzt es auch im Schatten. Sie flog auf das Blatt der Fremden und setzte sich neben sie.
    »Meine Liebe,« fragte sie freundlich, »was fehlt Ihnen?«
    Da begann das fremde Tier sich fortzubewegen, auf ganz absonderliche Art, als ob es von einer unsichtbaren Hand geschoben würde. Es hat keine Beine, dachte Maja, deshalb ist es so verstimmt. Am Stiel des Blattes machte es halt, und nun sah Maja zu ihrer Verwunderung, daß es einen kleinen braunen Tropfen zurückgelassen hatte. Wie apart, dachte sie, aber da verbreitete sich plötzlich ein furchtbarer Geruch in der Luft, der von diesem braunen Tropfen ausging. Die Biene wurde beinahe betäubt, so eindringlich und widerwärtig war dieser Geruch, und so rasch sie konnte, flog sie empor und setzte sich auf eine Himbeere, hielt sich die Nase zu und schüttelte sich vor Aufregung und Entsetzen.
    »Ja, warum lassen Sie sich mit einer Wanze ein,« sagte jemand über ihr und lachte.
    »Lachen Sie nicht!« rief Maja.
    Sie sah sich um. Über ihr auf einem feinen schaukelnden Trieb des Himbeerbusches saß ein weißer Schmetterling. Er klappte seine großen Flügel langsam auf und wieder zu, lautlos und von der Sonne beglückt. Seine Flügel hatten schwarze Ecken, auch waren mitten darauf runde schwarze Punkte, auf jedem Flügel einer, so daß es zusammen vier waren. Maja hatte schon viele Schmetterlinge gesehen, aber sie hatte noch keinen kennengelernt. Vor Entzücken über seine Schönheit vergaß sie ihren Verdruß.
    »Ach,« sagte sie, »Sie haben vielleicht ganz recht, wenn Sie lachen. War das eine Wanze?«
    Der Schmetterling nickte. »Aber sicher war es eine,« sagte er, immer noch lächelnd, »mit denen läßt man sich nicht ein. Sie sind wohl noch sehr jung?«
    »Nun,« meinte Maja, »das will ich nicht grade behaupten. Ich habe große Erfahrungen gemacht. Aber so ein Tier ist mir noch nicht vorgekommen. Wer tut denn so was?«
    Der Schmetterling mußte wieder lachen.
    »Die Wanzen«, erzählte er, »sind gern allein, und weil sie im allgemeinen nicht sehr beliebt sind, versuchen sie sich auf diese Art bemerkbar zu machen. Man würde sie sonst wahrscheinlich bald vergessen, aber auf diese Art denkt man an sie. Das wollen sie jedenfalls.«
    »Wie schön Ihre Flügel sind,« sagte Maja, »so leicht und weiß. Darf ich mich Ihnen vorstellen? Ich heiße Maja, vom Volk der Bienen.«
    Der Schmetterling legte seine Flügel zusammen, so daß es aussah, als habe er nur einen, sie standen grade in die Luft empor. Er verbeugte sich ein wenig und sagte nur ganz kurz:
    »Fritz.«
    So hieß er. Maja konnte sich nicht satt sehen an seinen Flügeln. »Fliegen Sie mal«, sagte sie.
    »Soll ich fortfliegen?«
    »O nein,«

Weitere Kostenlose Bücher