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Die Biene Maja

Die Biene Maja

Titel: Die Biene Maja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Bonsels
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wissen Sie, Fräulein Maja, oder wie Sie sich rufen lassen, da muß man sich vorsehen. Ich sehe die Hand kommen, aber ich warte bis zuletzt, dann mache ich rasch einen geschickten Flug zur Seite, setze mich und schau zu, wie er nachfühlt, ob ich noch da bin. So geht es oft eine halbe Stunde lang, Sie haben keine Ahnung, welch eine Ausdauer der Mensch hat. Endlich springt er auf und läßt allerlei Worte hören, die von seiner Undankbarkeit Zeugnis ablegen. Aber was wollen Sie? Ein edles Herz rechnet nicht auf Entgelt. Ich bin dann schon wieder oben an der Zimmerdecke und höre zu, wie er undankbar ist.«
    »Ich kann nicht eben sagen, daß mir das sonderlich gefällt«, meinte Maja. »Ist es nicht recht unnütz?«
    »Soll ich etwa eine Honigwabe auf seiner Nase anbauen?« rief Puck. »Sie haben keinen Humor, meine Liebe. Was tun +Sie+ denn Nützliches?«
    Die kleine Maja wurde über und über rot. Aber sie faßte sich schnell, um Puck ihre Verlegenheit nicht merken zu lassen.
    »Es wird ein Tag kommen, an dem ich etwas Schönes und Großes tue, das gut und nützlich ist,« sagte sie schnell, »aber erst will ich sehn, was in der Welt vorgeht. Ich fühle es tief im Herzen, daß es so kommen muß!«
    Und als die kleine Maja dies ausrief, fühlte sie, wie es heiß in ihr emporwallte vor Hoffnung und Begeisterung, aber Puck schien gar nicht zu verstehn, wie ernst es ihr war und was sie innerlich bewegte. Sie machte ihre aufgeregten kurzen Laufstrecken hin und her und meinte endlich:
    »Haben Sie vielleicht etwas Honig bei sich, meine Gute?«
    »Es tut mir sehr leid,« antwortete Maja, »ich würde Ihnen gern etwas geben, zumal Sie mich so freundlich unterhalten haben, aber ich habe nichts. Dürfte ich vielleicht noch eine Frage stellen?«
    »Schießen Sie los,« sagte Puck, »ich antworte immer.«
    »Ich möchte von Ihnen wissen, wie ich in die Behausung des Menschen gelangen kann.«
    »Sie müssen hineinfliegen«, sagte Puck weise.
    »Aber wie gelingt es mir ohne Gefahr?«
    »Warten Sie, bis eins der Fenster geöffnet ist, aber merken Sie sich den Ausgang. Sollten Sie ihn nicht wiederfinden, so fliegen Sie später am besten dem Licht nach. Fenster finden Sie an jedem Haus genug, Sie brauchen nur darauf zu achten, wo die Sonne sich spiegelt. Wollen Sie denn schon fort?«
    »Ja«, antwortete Maja und gab Puck die Hand. »Leben Sie wohl und erholen Sie sich recht. Ich habe noch allerlei vor.«
    Und mit ihrem vertrauten leisen Summen, das immer ein wenig sorgenvoll klang, hob die kleine Maja ihre glänzenden Flügel und flog in den Sonnenschein hinaus auf die Blumenwiesen, um ein wenig Nahrung zu sich zu nehmen.
    Puck sah ihr nach, überlegte alles vorsichtig, was man etwa noch äußern könnte, und sagte dann nachdenklich:
    »Nun, schließlich, also! -- Warum auch nicht?«

Siebentes Kapitel
Majas Gefangenschaft bei der Spinne

    Nach dieser Begegnung mit der Fliege Puck war der kleinen Maja nicht sonderlich froh zumute. Sie konnte sich unmöglich denken, daß Puck in allem recht haben sollte, was sie über den Menschen gesagt hatte und wie sie sich zu ihm stellte. Maja dachte so ganz anders vom Menschen. Sie hatte ein hohes und schönes Bild von ihm und sträubte sich dagegen, etwas Geringes und Lächerliches von ihm zu glauben. Aber sie wagte es doch nicht, sich in seine Behausung zu begeben. Wie sollte sie wissen, ob es ihm angenehm war, und um alles in der Welt wollte sie niemandem zur Last fallen. Sie dachte noch einmal über alles nach, was Kassandra ihr erzählt hatte: »Die Menschen sind gut und weise«, hatte sie ihr gesagt. »Sie sind sehr stark und mächtig, aber sie mißbrauchen ihre Kräfte nicht, sondern überall, wo sie hinkommen, entsteht Ordnung und Wohlstand. Sie sind dem Volk der Bienen wohlgesinnt, darum vertrauen wir Bienen uns ihrem Schutz an und teilen unseren Honig mit ihnen. Sie lassen uns genug für den Winter und sorgen dafür, daß der Frost und die große Schar der Feinde, die wir unter den Tieren haben, uns nicht stören oder vernichten. Es gibt wenig freie Tiere in der Welt, die solch ein Verhältnis von Freundschaft und freiwilliger Dienstbarkeit mit den Menschen eingegangen sind. Du wirst immer wieder unter den Insekten Stimmen hören, die dem Menschen Böses nachsagen. Höre nicht auf sie. Wenn ein betörtes Bienenvolk sich einmal in die Wildnis begibt und sein Heil ohne den Menschen versucht, geht es rasch zugrunde. Es gibt zu viele Wesen, die Verlangen nach unserm Honig tragen, und oft

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