Die Bismarcks
auf. Wie beim WDR war Osteuropa sein großes Anliegen. Am Ende seiner Amtszeit existierten Goethe-Institute in Moskau, Warschau und Krakau, in Belgrad und Zagreb, in Budapest, Bukarest, Sofia und Prag. Sie waren flankierende Leuchttürme der Ostpolitik.
Der Kontakt zur Bundesregierung war nicht immer störungsfrei. Nach dem Ende der sozialliberalen Koalition im Jahre 1982, der er sein Amt verdankte, häuften sich die Auseinandersetzungen mit Strauß und Kohl. Während Bismarck die Probleme mit Strauß 20 am Ende von Mann zu Mann, sprich von Exoberleutnant zu Exoberstleutnant regeln konnte, gelang ihm das mit dem Pfälzer, wie man den damaligen Bundeskanzler an dieser Stelle bezeichnen muss, nie. 21 Wie gegenüber den Diplomaten des Auswärtigen Amtes hegte Kohl auch ein tiefes Misstrauen gegenüber dem Goethe-Institut. Sehr viel leichter tat Bismarck sich dagegen mit Genscher, der die Institution im Großen und Ganzen gewähren ließ. Er hatte kein persönliches Interesse an Kulturpolitik, er war – wie Bismarck auch – kein Intellektueller. 22 Wenn sich die Probleme mit dem Bundeskanzleramt zuspitzten, sprangen oft genug die beiden Vizepräsidenten in die Bresche: der altehrwürdige Theodor Eschenburg und der Berliner Germanist Peter Wapnewski.
Als Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Weggefährte und Freund von Klaus, 1990 Polen einen offiziellen Besuch abstattete, begleiteten ihn die beiden ältesten Bismarck-Brüder. Das Flugzeug startete zum Rückflug in Danzig und zog zunächst eine Schleife landeinwärts. Tief unter sich, bei klarer Sicht, sah Klaus die Schicksalsorte seines Lebens. In dieser Gegend war er 1945 zunächst knapp dem Tod und dann der russischen Kriegsgefangenschaft entgangen. Mit in der Maschine saß Günter Grass, der lebhaft von seiner Kindheit im Land der Kaschuben erzählte. Die Maschine flog nun entlang der pommerschen Küste. Bald war Kolberg zu erahnen, wo Klaus seine ersten Soldatenjahre verbracht hatte, dann Rügen und der Darßer Ort, Plätze einer unbeschwerten Kindheit.
Derweilen wuchs der Abstand zu den Freunden und Kameraden aus der Jugendzeit. Bei Treffen mit Regimentskameraden und Angehörigen der 32. Infanteriedivision, zu denen Bismarck zweimal anreiste, hatte er sich mit seinen früheren Weggefährten nicht mehr viel zu sagen. Sie lebten für ihn zu sehr in der Vergangenheit. Bismarck selbst sprach nie über seine Kriegszeit. Jahre später hatte er eine erbitterte Auseinandersetzung mit ehemaligen Offizieren der Wehrmacht, die den Partisanenkrieg in Russland, die ungeheuren Verbrechen an der Zivilbevölkerung, rechtfertigten. Bismarck hatte die ehemaligen Soldaten ausfindig machen lassen, nachdem er einen Gedenkort in Minsk besucht hatte. Dort hatten ihm die russischen Gastgeber Details über die seinerzeit an Massakern beteiligten deutschen Wehrmachtseinheiten genannt. Die Kameraden von einst zeigten sich bei der Kontaktaufnahme uneinsichtig, Bismarck beendete die Gespräche. 1995, kurz vor seinem Tod, ließ er es sich nicht nehmen, anlässlich der Wiedereröffnung der Wehrmachtsausstellung eine Rede zu halten. Sie wurde in der deutschen Öffentlichkeit aufmerksam registriert und von der Wochenzeitung Die Zeit nachgedruckt.
Im Kreis seiner Familie konnte Bismarck mit Frau Ruth-Alice 1989 goldene Hochzeit feiern. Wenig später starb sein Sohn Hans. Vor allem die sieben Söhne – Bismarck hatte nur eine Tochter – erlebten ihn als übermächtigen Vater. Sie kämpfen gedanklich noch heute mit ihm. Mitunter kam er verletzt vom Urlaub ins Büro, weil er sich in sportlichen Wettkämpfen mit ihnen gemessen hatte und über seine Grenzen gegangen war. Klaus konnte nicht verlieren. Die Beziehung Bismarcks zu seiner außerordentlich tatkräftigen, hochgewachsenen Frau war ebenfalls schwierig. »Die Polarität zwischen uns«, so hat er es einmal ein wenig verlegen formuliert, »war und ist Reichtum und Spannung. Sie gibt uns Gelegenheit, immer noch mit Überraschung zu lernen.«
Wie der Reichsgründer zeigte auch Klaus am Ende seines Lebens eine besondere Beziehung zu Bäumen. Bei seinem ersten Nachkriegsbesuch in Polen entdeckte er die Blautanne wieder, die er als Konfirmand in Kniephof gepflanzt hatte. Es gebe Momente, hat er später gesagt, wo er sich einem »einsamen knorrigen Baum ähnlich« fühle. »Die alten Bäume um das Gutshaus in Kniephof bleiben mir das Bild einer schönen Erinnerung an meine Kindheit in Pommern.« Klaus von Bismarck starb am 22. Mai 1997 in
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