Die Bismarcks
Hamburg. Er liegt auf dem Ohlsdorfer Friedhof begraben. Ein polnischer Priester streute Erde aus Jarchlin auf den Sarg.
Philipp von Bismarck
Philipp von Bismarck kam am 19. August 1913 in Jarchlin zur Welt. Neben dem älteren Bruder Klaus hatte er noch zwei weitere Brüder und zwei Schwestern. Als sein jüngerer Bruder geboren war, wurde Philipp, der noch kaum sprechen konnte, in Jarchlin losgeschickt, um den Vater zu holen. Philipp entdeckte ihn, aber der Vater nahm den kleinen Knirps, der an ihm hinaufschaute, zunächst nicht zur Kenntnis. Schließlich gelang es dem Kind, sich bemerkbar zu machen: »Wir haben ein kleines Brüderchen bekommen.« Mit den Geschwistern verbrachte er die Sommerferien bei Großmutter Hedwig in Ahrenshoop. Auf dem humanistischen Gymnasium in Bad Doberan legte Philipp 1931 das Abitur ab. Nach dem frühen Tod seines Vaters wurde er 1939 von seinem kinderlosen Großonkel Bernhard von Bismarck adoptiert.
Wie Klaus hatte er nach dem Abitur zunächst auf dem Gut Külz eine Landwirtschaftslehre durchlaufen. Als Stahlhelm-Mitglied geriet er bei der Gleichschaltung der Organisation in dieser Zeit in das Visier von Partei und SA . Ihm drohten berufliche Unannehmlichkeiten. Sein Lehrherr, der eine für die Zeit sehr moderne biologisch-dynamische Landwirtschaft betrieb, riet ihm, zum Militär zu gehen. Philipp entschloss sich, Berufssoldat zu werden, und trat 1935 als Leutnant in das berühmte Infanterieregiment 9 in Potsdam ein. Er wurde dort später Bataillonsadjutant. Am 14. April 1939 heiratete er Ebba Dorothea Wendelstadt in der Potsdamer Garnisonskirche. Seine Frau kam aus Kreisen der Großindustrie. Einem Verwandten, einem Kölner Bankier, hatte die Bonner Redoute gehört. Große Teile des Familienvermögens, das in Argentinien angelegt worden war, gingen jedoch während des Zweiten Weltkriegs verloren.
Wie sein Bruder Klaus machte auch Philipp von Bismarck den Polen-, Frankreich- und Russlandfeldzug mit. Als Generalstabsoffizier der Heeresgruppe Mitte stieß er zu der Widerstandsgruppe um Henning von Tresckow. Philipp wurde zwar nicht im engeren Sinne im Kreis der Verschwörer aktiv, signalisierte seinen Kameraden jedoch, dass mit ihm im Ernstfall zu rechnen sei. Der Kontakt war über seine Frau hergestellt worden, die eine Freundin der Gräfin von Tresckow war. Eine Reihe von Beteiligungen am 20. Juli 1944 ist durch die Ehefrauen zustande gekommen. Ihre Netzwerke während des Krieges waren von entscheidender Bedeutung für das mentale und emotionale »Überleben« und für eine erfolgreiche Flucht aus den deutschen Ostgebieten bei Kriegsende.
Im Januar 1945 drohte dem Major wegen seiner Nähe zum 20. Juli 1944 die Verhaftung. Nur durch einen Zufall erfuhr er davon, als er mit einer Ju 52 von Berlin nach Ostpreußen unterwegs war und das Flugzeug in Stettin einen Tankstopp einlegte. Auf dem ersten Teilstück war Bismarck mit einem anderen Major ins Gespräch gekommen, der sich auf dem Weg zu Philipps Stab befand und offenbar seine Position als Ic einnehmen sollte. Der sogenannte Ic war in einer höheren Wehrmachtsdienststelle der Nachrichtenoffizier und für die Sicherheit und die Erstellung des Feindbildes zuständig. Philipp rief von Stettin aus seinen Kommandeur an und erfuhr, in welcher Gefahr er sich befand. Er bestieg nicht mehr das Flugzeug, sondern fuhr stattdessen per Anhalter die etwa 60 Kilometer nach Hause, zog sich Zivilkleidung an und tauch-te unter. Faktisch war er damit ein Wehrmachtsdeserteur.
Wenige Wochen später näherte sich die Rote Armee den Bismarck’schen Besitzungen. Die Männer von Külz einschließlich des Adoptivaters von Philipp mussten bleiben und wurden beim Volkssturm eingesetzt. Die schwangeren Frauen und Mütter mit kleinen Kindern, unter ihnen auch Philipps Ehefrau, begaben sich am 3. Februar 1945 in eisiger Kälte auf den Treck. Auf der ersten Etappe führte ihn Philipp an, auf dem Kutschbock sitzend. Der einzige Mann außer ihm war der 16-jährige Sohn des Stellmachers. Philipp hatte sich seine Uniform wieder angezogen und begab sich nun, mit einem gefälschten Marschbefehl ausgestattet, auf den Weg zur Armee Wenck im Großraum Berlin. Mit seiner Frau hatte er verabredet, sich weiter westwärts zu treffen, wenn der Krieg vorbei wäre. Ebba von Bismarck landete mit ihren Kindern und dem Treck zunächst bei einer Kusine in Briest in der Altmark, unweit von Schönhausen. Einige Wochen später setzte sie mit ihren drei Töchtern auf
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