Die Bismarcks
günstig gelegen, in den Mittelpunkt des landesherrlichen Interesses.
Im Jahre 1555 war es zum Augsburger Religionsfrieden gekommen. Er besiegelte die territoriale und religiöse Teilung Deutschlands, die erst mit Napoleon I. und der Reichsgründung von Bismarck aufgehoben wurde. Brandenburg hatte sich in diesen Auseinandersetzungen lange Zeit neutral verhalten, bevor es sich, vor allem unter dem Einfluss der Frauen der Kurfürsten, dem Luthertum zuwandte. Wenige Jahre nach dem Augsburger Religionsfrieden wollte der brandenburgische Kurfürst seine Territorien neu ordnen. Der Bismarck’sche Besitz lag dieser Absicht im Wege. Daher wurden die Bismarcks 1562/63 von Joachim II. nach langem vergeblichem Werben dazu gezwungen, Burgstall zu verkaufen. Als sie sich zunächst zierten, ließ der Landesherr sie gefangen setzen und Heringslake trinken. Das wirkte, die Bismarcks willigten in einen Gebietstausch ein.
Damit kam es zu einem Neustart der Bismarcks in der deutschen Geschichte, den sie zu nutzen wussten. Ein Teil der Familie erhielt zum Ausgleich die Propstei Krevese, eine Anzahlung von 200 Talern und weitere 600 Gulden für die Ehefrauen »zur Beschwichtigung ihrer Wehklagen«, wie es im Vertragswerk hieß. 2 Zwei andere Brüder, von einer jüngeren Linie der Familie abstammend, wurden mit den Dörfern Schönhausen und Fischbeck entschädigt, die bis dahin zum Bistum Havelberg gehört hatten. Außerdem erhielten sie 2100 Taler und Baumaterial. Lediglich einige kleinere linkselbische Besitzungen rund um Stendal verblieben im Familienbesitz, darunter das bis zum heutigen Tag existierende Gertraudenhospital in Stendal. Schönhausen und Fischbeck, das neue Zentrum der Bismarck’schen Besitztümer, hatten zum Kerngebiet der Ostkolonisation gehört. Otto I. hatte im Jahre 948 das Bistum Havelberg mit Besitzungen in dieser Gegend ausgestattet.
Über den Verlust von Burgstall, die sogenannte Permutation, kamen die Bismarcks nie hinweg. So hieß es in einem Brief von Otto von Bismarck, dem späteren Reichskanzler, an Leopold von Gerlach am 31. Oktober 1855: »Ich ärgere mich, dass ich gar nicht mehr zur Letzlinger Jagd eingeladen werde, die doch zumeist auf unserm uns vor 300 Jahren per nefas 3 genommenen Stammbesitz stattfindet.« 4 Gegenüber dem Journalisten Moritz Busch sprach Bismarck später vom »Butterbrot«, mit dem seine Vorfahren seinerzeit abgefunden worden seien. 5 Er lag damit nicht falsch.
Friedrich I. , der kinderlos verstarb, wurde der erste Besitzer von Krevese und Schönhausen. Er gilt als Stammvater der Schönhausener Bismarcks. Mit harter Hand kontrollierten sie ihr frisch erworbenes Territorium und bauten es weiter aus. Als die Bauern in den 1570er-Jahren Scheunen und später sogar den Familiensitz ansteckten, verhängte das zuständige Brandenburger Gericht Todesstrafen. Schon geringfügige Verstöße gegen das Eigentumsrecht, beispielsweise der Diebstahl einiger Schafe und Lämmer, konnten damals den Tod durch den Strang zur Folge haben.
Ludolf von Schönhausen, der auf Friedrich I. folgte, repräsentierte eine neue Entwicklung für die Bismarcks. Sie wurden nun mobil. Denn dieser Bismarck leistete Kriegsdienste für zahlreiche Herren und kam dadurch weit in Europa herum. So nahm er an einem Feldzug des Kaisers gegen die Türken teil und kämpfte später unter Admiral Coligny in den Hugenottenkriegen. Sein Sohn Valentin von Bismarck konzentrierte sich wieder auf den Besitz. Er galt als verschwenderisch und versuchte, sich das erforderliche Geld bei den Bauern mit zusätzlichen Diensten zu holen. Selbst der Kurfürst wurde auf die Missstände aufmerksam, ließ Bismarck jedoch ungeschoren.
Dann brach der Dreißigjährige Krieg aus. In seiner ersten Phase ging er an den Bismarck’schen Besitzungen vorüber. Im Niedersächsisch-Dänischen Krieg, der von 1625 bis 1629 dauerte, kamen jedoch Truppen eines dänischen Generals nach Tangermünde und quartierten sich in der Stadt ein. Es kam zu Epidemien und zu zahlreichen Todesopfern. Die Dänen zogen ab, Wallenstein ersetzte sie. Auch in Schönhausen litten die Menschen nun unter den Belastungen der erbitterten Auseinandersetzung. In einer späteren Phase des Dreißigjährigen Kriegs wurde das Gebiet noch härter getroffen. Der schwedische König Gustav Adolf kam in die Gegend und nahm mit seinen Truppen das strategisch bedeutsame Tangermünde ein, in dem sich bis dahin kaiserliche Soldaten befunden hatten. Die Koalitionen im Krieg
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