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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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hatte. Der trockenwarme Raum war voller Lebensmittel wie: Hülsenfrüchte, Teigwaren, Zucker, Kunsthonig, Weizenmehl und Margarine. Kisten Knäckebrot lasteten auf Kisten Palmin. Konservendosen mit Leipziger Allerlei stapelten sich neben Dosen mit Mirabellen, Jungen Erbsen, Pflaumen auf Regalen, die der praktische Matzerath selbst angefertigt und auf Dübeln an den Wänden befestigt hatte. Einige, etwa Mitte des Krieges auf Greffs Veranlassung hin zwischen Kellerdecke und Betonboden gekeilte Balken sollten dem Lebensmittellager die Sicherheit eines vorschriftsmäßigen Luftschutzraumes geben. Mehrmals wollte Matzerath die Balken wieder wegschlagen, da Danzig außer Störangriffen kein größeres Bombardement erlebte. Doch als der Luftschutzwart Greff nicht mehr mahnte, bat ihn Maria um den Verbleib der stützenden Balken. Für Kurtchen forderte sie Sicherheit und manchmal auch für mich.
    Während der ersten Luftangriffe Ende Januar trugen der alte Heilandt und Matzerath noch mit vereinten Kräften den Stuhl mit Mutter Truczinski in unseren Keller. Dann ließ man sie, vielleicht auf ihren Wunsch, womöglich auch die Anstrengungen des Tragens scheuend, in der Wohnung, vor dem Fenster. Nach dem großen Angriff gegen die Innenstadt fanden Maria und Matzerath die alte Frau mit herabhängendem Unterkiefer und so verdrehtem Blick vor, als wäre ihr eine kleine klebrige Fliege ins Auge geflogen.
    So wurde die Tür zum Schlafzimmer aus den Angeln gehoben. Der alte Heilandt holte aus seinem Schuppen Werkzeug und einige Kistenbretter. Derby-Zigaretten rauchend, die ihm Matzerath gegeben hatte, begann er Maß zu nehmen. Oskar half ihm bei der Arbeit. Die anderen verschwanden im Keller, weil der Artilleriebeschuß von der Höhe wieder begann.
    Er wollte es schnell machen und eine schlichte, unverjüngte Kiste zusammenzimmern. Oskar war jedoch mehr für die traditionelle Sargform, ließ nicht locker, hielt ihm die Bretter so bestimmt unter die Säge, daß er sich schließlich doch noch zu jener Verjüngung zum Fußende hin entschloß, die jede menschliche Leiche für sich beanspruchen darf.
    Am Ende sah der Sarg fein aus. Die Greffsche wusch Mutter Truczinski, nahm ein frischgewaschenes Nachthemd aus demSchrank, beschnitt ihre Fingernägel, ordnete ihren Dutt, gab dem mit drei Stricknadeln den nötigen Halt, kurz, sie sorgte dafür, daß Mutter Truczinski auch im Tode einer grauen Maus glich, die zu Lebzeiten gerne Malzkaffee getrunken und Kartoffelpuffer gegessen hatte.
    Da sich die Maus aber während des Bombenangriffes in ihrem Stuhl verkrampft hatte und nur mit angezogenen Knien im Sarg liegen wollte, mußte ihr der alte Heilandt, als Maria mit dem Kurtchen auf dem Arm für Minuten das Zimmer verließ, beide Beine brechen, damit der Sarg vernagelt werden konnte.
    Leider hatten wir nur gelbe und keine schwarze Farbe. So wurde Mutter Truczinski in ungestrichenen, aber zum Fußende hin verjüngten Brettern aus der Wohnung und die Treppen hinunter getragen.
    Oskar trug seine Trommel hinterdrein und betrachtete lesend den Sargdeckel: Vitello-Margarine — Vitello-Margarine — Vitello-Margarine — stand dort dreimal in gleichmäßigen Abschnitten untereinander und bestätigte nachträglich Mutter Truczinskis Geschmacksrichtung. Sie hatte zu Lebzeiten die gute Vitello-Margarine aus reinen Pflanzenfetten der besten Butter vorgezogen; weil Margarine gesund ist, frisch hält, nährt und fröhlich macht.
    Der alte Heilandt zog den Tafelwagen der Gemüsehandlung Greff mit dem Sarg durch die Luisenstraße, Marienstraße, durch den Anton-Möller-Weg — da brannten zwei Häuser — in Richtung Frauenklinik. Das Kurtchen war bei der Witwe Greff in unserem Keller geblieben. Maria und Matzerath schoben, Oskar saß drauf, wäre gerne auf den Sarg geklettert, durfte aber nicht. Die Straßen waren mit Flüchtlingen aus Ostpreußen und dem Werder verstopft. Durch die Eisenbahnunterführung vor der Sporthalle war kaum durchzukommen. Matzerath schlug vor, im Schulgarten des Conradinums ein Loch zu graben. Maria war dagegen. Der alte Heilandt, der Mutter Truczinskis Alter hatte, winkte ab. Auch ich war gegen den Schulgarten. Auf die Städtischen Friedhöfe mußten wir allerdings verzichten, da von der Sporthalle an die Hindenburgallee nur für Militärfahrzeuge offen war. So konnten wir die Maus nicht neben ihrem Sohn Herbert beerdigen, wählten ihr aber ein Plätzchen hinter der Maiwiese im Steffenspark, der den Städtischen Friedhöfen

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