Die Blechtrommel
im Steinbock herrscht und im Löwen seine Vernichtung feiert, dem Neptun Aale anbietet und den Maulwurf dafür erhält, der Tollkirschen, Zwiebeln und Runkelrüben liebt, der Lava hustet und den Wein säuert; er bewohnte mit Venus das achte, das tödliche Haus und ließ an Unfall denken, während die Zeugung auf dem Kartoffelacker gewagtestes Glück unter Merkurs Schutz im Haus der Verwandten versprach.
Hier muß ich den Protest meiner Mama einschieben, denn sie hat immer bestritten, auf dem Kartoffelacker gezeugt worden zu sein. Zwar habe ihr Vater — soviel gab sie zu — es dort schon versucht, allein seine Lage und gleichviel die Position der Anna Bronski seien nicht glücklich genug gewählt gewesen, um dem Koljaiczek die Voraussetzungen fürs Schwängern zu schaffen.
»Es muß in der Nacht auf der Flucht passiert sein oder in Onkel Vinzents Kastenwagen oder sogar erst auf dem Troyl, als wir bei den Flößern Kammer und Unterschlupf fanden.«
Mit solchen Worten pflegte meine Mama die Begründung ihrer Existenz zu datieren, und meine Großmutter, die es eigentlich wissen mußte, nickte dann geduldig und gab der Welt zu verstehen:
»Jeweß Kindchen, auf Kastenwagen wird jewaisen sein oder auf Troyl erst, nur nich auf Acker: weil windig war und hat auch jeregnet wie Deikert komm raus.«
Vinzent hieß der Bruder meiner Großmutter. Nach dem frühen Tode seiner Frau war er nach Tschenstochau gepilgert und hatte von der Matka Boska Czestochowska Weisung erhalten, in ihr die zukünftige Königin Polens zu sehen. Seitdem kramte er nur noch in merkwürdigen Büchern, fand in jedem Satz den Thronanspruch der Gottesgebärerin auf das Reich der Polen bestätigt, überließ seiner Schwester den Hof und die paar Äcker. Jan, sein damals vierjähriger Sohn, ein schwächliches, immer zum Weinen bereites Kind, hütete Gänse, sammelte bunte Bildchen und, verhängnisvoll früh, Briefmarken.
In jenes der himmlischen Königin Polens geweihte Gehöft brachte meine Großmutter die Kartoffelkörbe und den Koljaiczek, daß der Vinzent erfuhr, was geschehen, nach Ramkau lief und den Priester heraustrommelte, damit der ausgerüstet mit Sakramenten komme und die Anna dem Joseph antraue. Kaum hatte Hochwürden schlaftrunken seinen durchs Gähnen in die Länge gezogenen Segen ausgeteilt und mit einer guten Seite Speck versehen den geweihten Rücken gezeigt, spannte Vinzent das Pferd vor den Kastenwagen, packte das Hochzeitspaar hinten darauf, bettete es auf Stroh und leeren Säcken, setzte seinen frierenden, dünn weinenden Jan neben sich auf den Bock und gab dem Pferd zu verstehen, daß es jetzt geradeaus und scharf in die Nacht hineingehe: die Hochzeitsreisenden hatten es eilig.
In immer noch dunkler, doch schon verausgabter Nacht erreichte das Gefährt den Holzhafen der Provinzhauptstadt. Befreundete Männer, die gleich dem Koljaiczek den Beruf der Flößer ausübten, nahmen das flüchtende Paar auf. Vinzent konnte wenden, das Pferdchen wieder gen Bissau treiben; eine Kuh, die Ziege, die Sau mit den Ferkeln, acht Gänse und der Hofhund wollten gefüttert, der Sohn Jan ins Bett gelegt werden, denn er fieberte leicht.
Joseph Koljaiczek blieb drei Wochen lang verborgen, gewöhnte seinem Haar eine neue, gescheitelte Frisur an, nahm sich den Schnauz ab, versorgte sich mit unbescholtenen Papieren und fand Arbeit als Flößer Joseph Wranka. Warum aber mußte Koljaiczek mit den Papieren des bei einer Schlägerei vom Floß gestoßenen, ohne Wissen der Behörden oberhalb Modlin im Fluß Bug ertrunkenen Flößers Wranka in der Tasche, bei den Holzhändlern und Sägereien vorsprechen? Weil er, der eine Zeitlang die Flößerei aufgegeben, in einer Sägemühle bei Schweiz gearbeitet, dort Streit mit dem Sägemeister wegen eines von Koljaiczeks Hand aufreizend weißrot gestrichenen Zaunes bekommen hatte. Gewiß um der Redensart recht zu geben, die da besagt, man könne einen Streit vom Zaune brechen, brach sich der Sägemeister je eine weiße und eine rote Latte aus dem Zaun, zerschlug die polnischen Latten auf Koljaiczeks Kaschubenrücken zu soviel weißrotem Brennholz, daß der Geprügelte Anlaß genug fand, in der folgenden, sagen wir, sternklaren Nacht die neuerbaute, weißgekälkte Sägemühle rotflammend zur Huldigung an ein zwar aufgeteiltes, doch gerade deshalb geeintes Polen werden zu lassen.
Koljaiczek war also ein Brandstifter, ein mehrfacher Brandstifter, denn in ganz Westpreußen boten in der folgenden Zeit Sägemühlen und
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