Die Blendende Klinge
geschmückt. Ihr Haar war lang und prächtig, doch trug sie es gerade in einem praktischen Knoten. In absolut allem wirkte sie wie eine sehr reiche Dame, die es sich in ihrem eigenen Heim gutgehen ließ. Sie setzte sich. Nippte am Tee.
»Er ist nicht heiß, Gaeros«, sagte sie.
Der Mann entschuldigte sich überschwänglich und nahm den Tee weg. Fast sofort war er wieder zurück und stellte eine Tasse mit heißem Tee vor sie hin. »Wir wollen nicht gestört werden«, erklärte die Frau.
»Ja, Herrin.« Er verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich.
»Also«, begann die Frau.
»Also?«, wiederholte Teia.
»Ich bin deine Besitzerin, mein Name ist Lady Aglaia Crassos. Du darfst mich Herrin nennen.«
»Meine Besitzerin ist Lady Lucretia Verangheti.«
»Es gibt keine Lady Verangheti. Oder ich bin Lady Verangheti, je nachdem, wie du es betrachten willst. Meine Familie hat Feinde, die uns daran hindern wollen, Sklaven in gewissen Haushalten oder Positionen unterzubringen – sagen wir, in der Schwarzen Garde zum Beispiel. Das Märchen von ›Lady Verangheti‹ hilft mir, solche Kleinigkeiten zu umgehen.«
»Es tut mir leid, Herrin, ich will nicht unhöflich sein, aber aus Loyalität meiner Herrin gegenüber …« Es musste eine Möglichkeit geben, das loszuwerden. »Ähm …«
»Du glaubst mir nicht«, stellte Lady Crassos fest. Sie klang erheitert, was, so hoffte Teia, ein gutes Zeichen war. »Wäre ein interessanter Bluff, nicht wahr? Würde natürlich nur bei Sklaven funktionieren, die Herr oder Herrin niemals treffen – will sagen, bei meinen Sklaven. Schade.« Sie griff nach einem Stück Pergament und hielt es Teia hin. Es war Teias Besitzurkunde; sie erkannte sie sofort. Daran war ein zweites Blatt geheftet, eine Bestätigung der Besitzübertragung. Unterzeichnet von Lucretia Verangheti und Aglaia Crassos. Die Handschrift war identisch.
Teia brauchte einige Augenblicke, um zu verstehen. Wenn Aglaia geheim halten wollte, dass sie die Besitzerin von Teia war, durften die Besitzdokumente nicht ihren wahren Namen tragen, denn dann könnte jeder, der die entsprechenden Nachforschungen anstellte, herausfinden, wem Teia gehörte. Aber für den Fall, dass irgendein Vorkommnis von ihr verlangte, ihre Besitzerschaft schnell unter Beweis zu stellen, musste sie das Überschreibungspapier bereits parat haben – also behielt sie dieses Papier bei sich und reichte es einfach nicht bei der Chromeria ein.
Teias Kehle schnürte sich zu. Aus welchem Grund sollte ihr die Frau gerade jetzt offenbaren, dass sie ihre Besitzerin war?
»Wie gut kannst du lügen, Mädchen?«
»Wie bitte?«
»Ich habe eine einfache Frage gestellt. Wenn du dich verstockt zeigst, wirst du aufs Erlesenste geschlagen werden.«
Aufs Erlesenste ? »Ich bin ziemlich gut, wenn ich mir Mühe gebe. Herrin.«
Aglaia Crassos’ Züge hellten sich auf. »Gut. Sehr gut. Genau das, was meine Informanten mir berichtet haben. Antworte auch weiterhin ehrlich, und dein Dienst für mich braucht nicht in allem unangenehm zu sein.«
Furcht durchzuckte Teia. Nicht in allem ?
Aglaia sah sich um, als suche sie etwas. Sie läutete ihre kleine Glocke, und der Mann, der ihr den Tee gebracht hatte, kam sofort herein. »Meine Gerte.«
Gaeros schlug sich mit den Fingerknöcheln an die Stirn und verschwand. Wenige Augenblicke später war er wieder da. Er reichte ihr eine Reitgerte und drehte ihr dann den Rücken zu.
Sie ließ die Gerte weit unten über seinen Rücken knallen. Er zuckte zusammen, sagte jedoch nichts.
Aglaia entließ ihn mit einer Handbewegung. »Meine Sklaven müssen meine Bedürfnisse voraussehen. Mir liegt viel daran, dich persönlich zu züchtigen, wenn du dem nicht gerecht wirst. Wenn eine Dame aus einem irregeleiteten Gefühl von Zimperlichkeit heraus die Strafe jemand anderem überlässt, kann sie nicht wissen, ob die Bestrafung nicht vielleicht mit zu viel Nachsicht oder zu heftiger Begeisterung durchgeführt wird. Und Sklaven bestraft man – wie Kinder oder Hunde – am besten sofort. Ich werde nicht immer ein entsprechendes Vollstreckungsmittel dabeihaben, aber ich habe meinen starken rechten Arm bei mir, wo immer ich hingehe. Wenn wir heute also unser Gespräch beendet haben, werde ich dich schlagen. Ich denke, es ist wichtig für dich zu wissen, über welch starke Hand deine Herrin verfügt. Außerdem kann ich dadurch feststellen, wie leicht du blaue Flecken bekommst – für den Fall, dass ich dich eines Tages schlagen muss,
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