Die blonde Geisha
dass mein Daumen immer zu meinem Körper zeigte. Nur die Männer tanzten so, dass ihr Daumen zu sehen war. Dann folgte ich den Linien meines Körpers wieder nach oben, langsam, sinnlich, bevor ich den Fächer mit einer ruhigen, fast traurigen Bewegung auf mein Herz legte, als würde ich mich nach meinem weit entfernten Liebsten sehnen.
Plötzlich hörte ich ein Schlurfen und heftiges Atmen. Hisa. Ich musste ihn unbedingt aus meinen Gedanken verbannen und die Vorstellung, wie er mich auf die tausend verschiedensten Arten, die in dem Kopfkissenbuch abgebildet waren, umarmte. Ich warf den Fächer in die Luft und fing ihn geschickt wieder auf. Ich war stolz auf mein Können. Alle Maikos strebten es an, einmal in der Kamogawa Odori zu tanzen, bei den River-Kamo-Tänzen. Seit zwanzig Jahren hatte die Geisha von Ponto-chô jedes Jahr ein neues Programm dargeboten, mit dramatischen Rhythmen und ungewöhnlichen Harmonien, um die Bewohner von Kioto zu unterhalten. Mehrmals hatte ich Okâsan gefragt, ob ich nicht bei dem Festival auftreten dürfe, und wie immer hatte sie gelächelt, ohne zu antworten.
Als Beweis, dass ich geschickt genug war, bei den Tänzen mitzumachen, zog ich mit einer einzigen, langsamen Bewegung einen goldenen Fächer aus meiner Schärpe und ließ ihn hinter meinem langen Kimonoärmel aufsteigen wie einen aufgehenden Mond. Dann tanzte ich mit einem roten und einem dunkellila Fächer so, dass sie aussahen, wie die Flügel eines Schmetterlings. Als Nächstes wedelte ich mit grünen Fächern durch die Luft, die die Wälder im Frühling darstellten, während ein weißer Fächer für die Schneeflocken stand.
Und schließlich warf ich einen gelben Fächer in die Luft, ließ ihn aussehen, wie einen Vogel, fing ihn anmutig auf, als ob er auf einem schaukelnden Ast landen würde. Ich bedeckte mein Gesicht mit dem Fächer und blinzelte über den Rand, als wartete ich in einer magischen, von Farnkraut verdeckten Höhle auf meinen Liebhaber.
Um meine Stimmung zu heben, hatte ich meinen feinsten Seidenkimono angezogen, handbemalt mit Pfingstrosen, der die Kurven meines Körpers unterstrich und Männerhände einlud, mich zu berühren. Meine offensichtliche Nacktheit unter dem hauchdünnen Stoff entfachte eine brennende Hitze in meinem Bauch. Ich war so vertieft in meinen Tanz, dass mir gar nicht auffiel, wie Youki die Hand ausstreckt und an der langen Schleppe zog.
Als mein Tanz den fiebrigen Höhepunkt erreichte, riss sie meinen Kimono auf und entblößte meine Beine und mein blondes Schamhaar vor dem Blick des hinter dem Wandschirm versteckten Rikschafahrers. Erschrocken bedeckte ich mich mit meinem Fächer, konnte aber nicht verhindern, dass der Kimono tiefer rutschte und meine cremeweißen Schultern enthüllte.
Bestürzt stöhnte ich auf, als die Seide über meine nackten Brüste rutschte und der Wind über meine Brustwarzen fuhr wie unsichtbare Hände. Ich glaubte, Hisas männlichen Geruch zu riechen und hatte dabei keine Ahnung, dass mich jemand anderes hinter dem Wandschirm beobachtete, um seine Lust zu steigern und schließlich seinen Appetit an mir zu stillen. Das hätte aber auch nichts geändert. Die Kunst des Tanzens war eine der vielen Voraussetzungen, um endlich Geisha zu werden. Niemand konnte mich davon abhalten.
Kein Mann.
Außer einem.
Feurige Begierde explodierte in dem Mann und versprühte den Samen auf seine handbemalte Seidenjacke. Baron Tonda spuckte auf den Boden und brummte. Seine Leidenschaft war verbraucht. Befriedigt schnupperte er in die Luft, wischte sich dann die Nase ab. Der strenge, stechende Geruch seines Samens vermischte sich mit dem süßen Duft von Orangenblüten, als er sich mit einem kleinen Handtuch, das ein Diener ihm reichte, säuberte.
Er lächelte recht erfreut. Die milchige Flüssigkeit würde trocknen und auf der Seide einen Fleck hinterlassen, aber nicht auf seiner Seele. Baron Tonda hatte seinen Samen schon zuvor vergossen, hätte aber niemals geglaubt, dass er dermaßen die Kontrolle verlieren könnte. Er war aufgeregt gewesen wie ein kleiner, noch unwissender Junge, der zum ersten Mal hinter einem Guckloch stand.
Wie für alle Japaner war Voyeurismus für ihn nichts anderes als ein Zeitvertreib. Und diesen hatte er genossen. Sehr genossen. Er war der Ansicht, dass die Männer zwei Seelen besaßen. Eine, die dem Gehorsam des Kriegers verpflichtet war, der Loyalität und selbstloser Pflichterfüllung. Und dann die Seele, die sich ganz der Erfüllung sexueller
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