Die blonde Geisha
ließ sie schimmern wie flüssiger Silberbrokat. Ich wiegte mich auf der Veranda zu den Klängen der Harfe und den schwirrend lebhaften Tönen der Laute. Um Mariko zu zeigen, wie ernst es mir mit meiner Kunst war, wollte ich besser tanzen denn je.
Da mir fiel etwas anderes ins Auge. Ich war mir sicher, dass Hisa sich hinter dem goldenen Wandschirm im hintersten Bereich der Veranda versteckt hielt, während die Sonne auf seinen fast nackten Körper brannte. Heiß. Gnadenlos. Es musste ihm sehr wichtig sein, mich tanzen zu sehen, wenn er bereit war, in der glühendheißen Sonne zu stehen. Schatten war den Japanern wichtiger als warmes Essen. Etwas zuvor hatte ich ihn hinter dem Wandschirm hervorspähen und mich anlächeln sehen, seine nackte Brust glänzte vor Schweiß. Mit einer Handbewegung gab ich ihm zu verstehen, dass er gehen solle, aber er achtete nicht darauf.
Ich rief die Göttin Benten an, die Schirmherrin der Musik und des Tanzes, damit sie mich durch den Tanz begleitete und mir die Anmut einer Lady Jiôshi schenkte. Mit gebeugten Knien glitt ich in meinen weißen Strümpfen über die Matte, meine Hände bewegten sich geschmeidig und behutsam und unterstrichen die Worte des alten japanischen Liebesliedes über ein Schloss, den Mond und zwei Liebende, die ein paar gestohlene Momente miteinander verbrachten.
“Meine Liebe ist in meinem Herzen versteckt wie ein weißer Kranich in einer Schneewehe”, sang Mariko, während sie die Laute spielte und Youki die Harfe strich.
Ich wedelte mit meinem Fächer, weigerte mich aber Mariko, die mich anstarrte, einen Blick zuzuwerfen. Sie starrte unbewegt, während ich versuchte, mich auf meinen Tanz zu konzentrieren. Aber ich war wütend. Sie hatte ihre harten Worte später in unserem Zimmer noch einmal wiederholt. Ich verstehe nicht, was falsch daran sein soll, einen Mann zu begehren, argumentierte ich. Ich hatte nichts Falsches getan!
Aber sie hörte nicht zu, stürzte sich nur auf mich, packte mich am Kimonokragen und riss mich von den Füßen. Dann bewarfen wir uns mit goldenen und blauen Kissen, das Kohlebecken fiel um und bestreute unsere sauberen Matten mit weißer Asche.
Marikos anklagende Worte trafen mich. Sie wiederholte immer wieder, dass ich durch mein Benehmen Schande über alle Mädchen gebracht hätte und Okâsan mich bestrafen würde, indem sie mich auf den Notfallkörben schlafen ließ, die im Teehaus für den Fall eines Feuers aufbewahrt wurden. Die Körbe waren rechteckig, aus Bambus gewoben und viel zu ungemütlich, um darauf zu schlafen. Ich erschauerte allein bei der Vorstellung.
Aufgebracht nannte ich Mariko eine unterwürfige Dienerin der niedrigsten Art und sagte, sie würde sich zu viel einbilden, wenn sie glaubte, jemals eine Geisha zu werden. Ich hörte nicht auf, machte immer weiter wie ein Kolibri, der von Blüte zu Blüte schwirrt, und behauptete, sie würde niemals Tänzerin werden, weil sie nicht groß genug wäre und damit auf der Bühne das Gefühl für Proportionen verletzen würde. Warum hatte ich solche Dinge gesagt? Ich kannte die Antwort. Ich war wütend darüber, dass ich selbst noch keine Geisha war.
Mariko hatte sowohl ihre Tränen als auch ihre Worte unterdrückt und ich war froh, dass sie dem Brauch folgte, ihre wahren Gefühle nicht zu zeigen. Ich hatte das letzte Wort, aber deswegen fühlte ich mich noch lange nicht besser. Meine Stimmung war am Boden. Geishas sind dafür bekannt, Charme zu versprühen – ich hatte meinen verloren.
Mir fiel auch auf, dass Youki ungewöhnlich still war, während sie die Harfe spielte, ihr schmallippiges Lächeln war der einzige Hinweis darauf, wie sie sich über den Streit zwischen uns freute. Youki hegte noch immer eine tiefe Abneigung gegen mich und erzählte mir oft in hochmütigem Ton, wie sie, seit sie Geisha war, vor hohen Herren auftrat. Die Edelmänner wären alle sehr gut aussehend und erweckten in ihr große Gefühle, sagte sie, so erregend, dass ihr Liebesnektar über ihre Schenkel laufen würde. Sie gab damit an, wie die Edelmänner sie mit der Zunge liebkosten, ihre Lustperle fanden und ihr die ganze Nacht lang einen Höhepunkt nach dem anderen bescherten. Ich war neidisch, wäre aber lieber gestorben, als sie das wissen zu lassen.
Von dem Tag träumend, an dem ich endlich Geisha wäre und mein Name auf einem flachen, runden Fächer gedruckt stehen würde, tanzte ich weiter und bewegte meine Hände Richtung Boden. Dabei achtete ich darauf, den Fächer so zu halten,
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