Die Blume von Surinam
Thijs Sorgen. Thijs hatte in den Niederlanden einen Mann kennengelernt, der Maschinen von in Kuba aufgegebenen Plantagen vermittelte. Auf Kuba hatte jahrelang ein erbitterter Krieg geherrscht, in dem aufständische Sklaven gegen die spanische Kolonialmacht kämpften. Die Produktionsstätten dort waren vor dem Krieg viel moderner als in manch anderer Zuckerkolonie gewesen, der Krieg aber hatte die Wirtschaft dort fast gänzlich einbrechen lassen. Eine funktionstüchtige Dampfmaschine, die zum Betrieb derPresswalzen geeignet war, war über den Vermittler weit günstiger und schneller zu beschaffen, als eine gleichwertige, neue Maschine in England zu bestellen. Also hatten Thijs und Wim sich für diesen Weg entschieden. Ob die Maschine aufgrund der dortigen Umstände aber auch wirklich in Surinam ankommen würde, stand allerdings in den Sternen.
Der Aufbau der Dampfmaschine war jedoch nicht die erste Handlung, beruhigte sich Wim. Zunächst mussten der Rest der Plantage instand gesetzt und vor allem die Felder bestellt werden. Das erste Zuckerrohr würde dann frühestens in zwölf bis vierzehn Monaten geerntet werden können. Das war natürlich eine lange Zeit, aber Thijs plante, zuvor bereits Lohnpressungen für andere Plantagen anzubieten. Die erforderlichen Kontakte aber hatte er noch nicht knüpfen können, zumal alle Plantagen, mit Ausnahme von Rozenburg, in so weiter Entfernung lagen, dass man sich zunächst um den Transport des Zuckerrohres Gedanken machen musste. Wim seufzte. Alles in allem stand die Unternehmung also noch auf wackeligen Füßen. Thijs aber strotzte noch immer vor Unternehmungslust und Zuversicht, sodass Wim gar nicht anders konnte, als ihm zu glauben, dass das Vorhaben gelingen würde.
Jetzt blickte er sich zufrieden um. Mit Freude dachte er an sein Notizbuch, dessen Seiten sich nach und nach füllten. Das abendliche Schreiben war zu einem festen Bestandteil seines Lebens geworden, was er sehr genoss. Er hatte einen ersten umfangreichen Bericht über die Instandsetzung der Plantage geschrieben und war sehr zufrieden mit seinem Werk. Ob er allerdings dem kritischen Auge seines Schwiegervaters standhalten würde? Wenn ja, würde man seine Zeilen bald in den Niederlanden lesen! Wim wollte den Bericht im Zusammenhang mit der Reise nach Rozenburg auf den Weg bringen, die nun unmittelbar bevorstand.
Baramadir hatte sich aus dem Gästehaus in ein Versteck im Wald zurückgezogen. Die Gefahr, von den weißen Männern oder gar von Sarina entdeckt zu werden, war zu groß, er konnte nicht länger auf der Plantage herumschleichen. Aber er hatte die Ohren offen gehalten. Insbesondere Sarina war gegenüber der schwarzen Frau sehr redselig gewesen, und so hatte er erfahren, dass sie mit ihrer Tochter in der Stadt gelebt hatte. Das stachelte seine Wut nur noch mehr an. Während er sich damals verwundet durch diesen unsäglichen Regenwald hatte kämpfen müssen und fast gestorben wäre, hatten die beiden sich monatelang ein feines Leben gemacht!
Baramadir selbst hatte sich nicht auf die Plantage Rozenburg zurückgetraut. Der Mord an Kadir wäre von den anderen Indern zwar nicht geahndet worden, schließlich hatte Kadir ihm dieses zickige Mädchen als Frau gegeben. Aber er vermutete, dass die Weißen dies nicht so sahen. Und er wusste sehr wohl, welches Schicksal Inika drohte, wenn die anderen annahmen, er sei tot … Doch auch dieser Plan war offensichtlich nicht aufgegangen. Warum war diese Sarina nicht mit ihrem toten Mann dem Feuer übergeben worden? Und diese kleine, hinterhältige Inika … oh, er wusste schon, was er mit dem Mädchen anstellen würde, wenn er es erwischte. Inika hatte ihn bloßgestellt und hintergangen. Und eine Frau verließ ihren Mann nicht ungestraft! Er würde sie aufspüren und sich dann Genugtuung verschaffen. Aber dazu musste er in die Stadt und sie finden. Und dafür brauchte er ein Boot, alles andere würde viel zu lange dauern, wenn es überhaupt möglich war. Der Wald war schließlich dicht und voller Gefahren. Baramadir hatte eine Weile überlegt. Das einzige Boot auf der Plantage war das kleine Zeltboot der weißen Männer. Er hatte nicht viel Erfahrung im Steuern eines Bootes, aber soweit er gehört hatte, lag die Stadt flussabwärts. Er brauchte sich also nur hineinzusetzen und aufzupassen, dass das Boot nirgendwo auflief. Doch es war Eile geboten, die schwarze Frau hatte ihm erzählt,dass die weißen Männer die Plantage in ein paar Tagen verlassen würden. Also
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