Die Blume von Surinam
überrascht.
»Ja, es scheint auf den Anleger zuzufahren, Masra.«
Julie stand auf und strich ihr Kleid glatt. »Wer könnte das sein?Karini, nimm bitte Helena mit nach oben, sie muss bald ins Bett. Jean?«
Jean seufzte und stand auf. »Dann sehen wir mal nach, wer zu Besuch kommt. Vielleicht sind es ja sogar Wim und Thijs.« Er sprach damit aus, was Julie vermutete.
Beide machten sich auf den Weg zum Anleger, während Karini mit Helena auf dem Arm zurück ins Haus ging.
Julie war sehr gespannt. Sie versuchte, ihren Blick zu fokussieren, konnte im Boot aber nur schwarze Ruderer und drei weitere Personen ausmachen, von denen eine zu liegen schien. Plötzlich durchfuhr sie die Erkenntnis wie ein Blitz. »Oh Gott!« Sie raffte ihren Rock und lief los. »Jean! Schnell!«
Am Anleger vertäute einer der Ruderer gerade das kleine Boot, als Julie und Jean auf den Steg liefen.
»Oh nein! Erika!« Julie stieg sofort hinab in das Boot. Ihre Freundin lag reglos auf den Kissen im Heck. Ihr Gesicht war aschfahl, und sie zitterte am ganzen Körper. Sie schien zu frieren, obwohl sich zahlreiche Schweißperlen auf ihrer Stirn gebildet hatten. Vorsichtig nahm Julie Erikas schlaffe Hand in ihre, doch Erika zeigte keine Regung. Sie war offensichtlich schwer krank! Julie hob den Blick auf der Suche nach einer Erklärung und erkannte zu ihrer eigenen Überraschung Inika. Wieder fuhr ihr der Schreck in die Glieder. Ausgerechnet Inika. Hier, auf Rozenburg! Julie schluckte. Das Mädchen musste gute Gründe haben, sich dieser Gefahr auszusetzen.
»Inika?«, fragte Julie leise, »was ist denn passiert?«
»Misi Juliette, Misi Erika ist sehr krank, der Arzt hat geraten, sie aus der Stadt zu bringen, und wir … wir wussten nicht, wohin …« Das Mädchen senkte den Blick.
Julie spürte eine Welle von Zärtlichkeit. »Schon gut, Inika, es war richtig, sie hierherzubringen. Jean – hilf bitte, Erika aus dem Boot zu tragen.«
Neben Jean tauchte ein weiterer Passagier auf. Julie hatte ihnzwischen den vier Ruderern, die mit betroffenem Blick auf dem Anleger standen, bisher nicht ausgemacht.
»Das ist Bogo«, sagte Inika eilig, als Julie ihn fragend ansah. »Sie erinnern sich doch, Misi, er war damals mit Misi Erika und mir gekommen. Bogo kann nicht sprechen. Er hat geholfen, Misi Erika hierher zu bringen.«
Jean sah Bogo an. »Wir sollten sehen, dass wir Erika ins Haus tragen.« Bogo nickte kurz, dann nahmen sie Erika unter die Arme und zogen sie behutsam auf die Beine. Erika gab ein leises Stöhnen von sich. »Wo …?«
»Alles ist gut, du bist auf Rozenburg.«
Während Bogo Erika stützte, kletterte Jean auf den Steg und hob sie von dort aus dem Boot. Er trug sie auf seinen Armen Richtung Ufer, während Bogo Julie und Inika an Land half. Julie dankte den Ruderern für ihre Arbeit und bat sie, ins Arbeiterdorf zu gehen und sich dort versorgen zu lassen. Dann eilte sie hinter Jean her, dicht gefolgt von Inika.
Jean trug Erika gleich in eines der oberen Schlafzimmer. Julie rief nach Liv, und auch Karini war sofort da. »Schnell, holt frisches Wasser und ein paar Tücher«, dann rannte sie die Treppe hinauf ins Obergeschoss. Sie merkte nicht, dass Inika und Bogo mit verlegenem Blick hinter der Eingangstür stehen blieben.
Erika glühte förmlich, sie hatte ganz offensichtlich hohes Fieber und sah ausgezehrt aus. Julie bettete sie vorsichtig in die Kissen, und als Liv mit einer Schüssel Wasser und ein paar Tüchern kam, machte Julie ihr sogleich ein paar kühlende Umschläge.
Bilder ihrer Stieftochter tauchten in ihren Gedanken auf. Wie diese vom Fieber befallen, wochenlang gelegen und letztendlich den Kampf gegen diese tückische Tropenkrankheit verloren hatte. Mit zittrigen Fingern griff sie nach Erikas Hand und drücke diese zärtlich. Das wollte sie jetzt nicht auch noch mit ihrer besten Freundin erleben müssen. Julies Sorge wuchs, als Erika auch darauf keine Regung zeigte.
Nachdem sie die kranke Frau versorgt hatten, trat auch Jean wieder an Erikas Bett und legte Julie sanft die Hand auf die Schulter.
Julie sah ihn mit einem besorgten Blick an. »Ich glaube, sie ist sehr schwach.«
Jeans Gesichtszüge waren angespannt. »Ich werde Aniga rufen«, sagte er und verließ den Raum.
Julie hoffte inständig, dass die schwarze Heilerin Erika helfen konnte. Julie hatte vollstes Vertrauen zu ihr, kannte sie doch eine Vielzahl an Heilmitteln, die weißen Ärzten meist unbekannt waren.
Kurz darauf betrat Aniga den Raum. Sie
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