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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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dann krümmte es sich vor Schmerzen.
    »Bleib ruhig liegen, Kind.« Kiri tupfte ihr das Blut von der Lippe. Ihre Miene war versteinert, wie Julie erschrocken bemerkte. So hatte sie ihre Angestellte lange nicht gesehen.
    »Was ist passiert?«
    »Masra Pieter«, kam es leise aus Karinis Mund.
    Julie sog scharf die Luft ein.
    Plötzlich öffnete das Mädchen die Augen ganz weit. »Masra Thijs … Sarina … sehr krank … Masra Pieter … sie brauchen Hilfe …«, stieß sie hervor.
    Julie erstarrte. Das konnte nur eines bedeuten! Pieter hatte doch wohl nicht schon wieder … Sie sprang auf. »Kiri, ich reite los und suche Jean, wir müssen nach Watervreede. Geh und hole Aniga, setz sie mit ein paar Männern und … am besten Inika … in ein Boot und schick sie auch dorthin.«
    Julie rannte aus dem Haus zum Stall, sattelte und zäumte in aller Hast ihre Stute und galoppierte vom Hof. Ihre Gedanken wanderten zu Henry, sie hatte ihn selten so wütend gesehen. Hoffentlich machte er gerade keinen Fehler. Er hatte einen großen Vorsprung. Wenn ihre Befürchtungen sich bewahrheiten sollten …
    Julie fand Jean in den Zuckerrohrfeldern. »Jean! Henry … Watervreede … schnell!«, rief sie ihm nur atemlos zu. Erleichtert bemerkte sie, dass er sein Pferd sofort wendete. In vollem Galopp setzte er ihr nach.
    Als Henry auf Watervreede ankam, drohte sein Pferd zusammenzubrechen. Er hatte es im schnellen Galopp durch den Wald getrieben, Stunde um Stunde und ihm kaum eine Pause gegönnt. Jetzt trabte das Tier mit letzter Kraft auf den Wirtschaftshof und blieb schließlich mit gespreizten Beinen schwer atmend stehen. Seine Flanken bebten, und der Schweiß floss in dicken Tropfen den Hals herunter. Henry klopfte ihm kurz dankbar und anerkennend auf die Seite, überließ es einem herbeigeeilten Stallburschen und machte sich eilig auf in Richtung Plantagenhaus. Je näher er Watervreede gekommen war, desto mehr hatte sich auch seine Wut gesteigert. Wie konnte es sein, dass Karini so geschlagen wurde? Er kannte Karini nun schon zeit seines Lebens und konnte sich nicht vorstellen, dass sie etwas verbrochen hatte. Doch selbst wenn sie einen Fehler gemacht hatte – eine solche Behandlung war schlichtweg unrecht! Es war noch früh am Vormittag und er hoffte, Martin und Pieter wären noch nicht auf der Plantage unterwegs.
    Henry betrat das Haus über die hintere Veranda. Im Flur kam ihm eine schwarze Frau entgegen, die ihn verschreckt anschaute.
    »Wo ist der Masra?«, fragte Henry. Die Frau deutete nach vorne auf das Esszimmer und schickte sich dann an, schnell das Haus zu verlassen.
    Ohne sich in irgendeiner Form anzumelden, trat Henry an den Tisch, an dem Martin und sein Vater saßen.
    »Henry?« Martin sprang von seinem Stuhl auf.
    Falls Pieter überrascht war, ließ er es sich nicht anmerken. Er nippte seelenruhig an seinem Kaffee. »Ah, Juliettes geliebter Sohn. Hast du uns unser Negermädchen wiedergebracht?«
    Henry wollte schon antworten, als er sah, dass Martins Blick zu seinem Vater wanderte und dann zurück zu Henry. Er meinte für einen Augenblick, Überraschung darin zu lesen, aber dieses Mal würde Martin ihn nicht täuschen! Was bildete er sich ein? Mit drei langen Schritten war er bei ihm und packte ihn am Kragen. »Was habt ihr mit ihr gemacht? Warst du das? Hast du sie so zugerichtet?«
    Martin war von diesem Angriff sichtlich überrumpelt und hob abwehrend die Hände. »Henry, wovon redest du?«
    »Schluss jetzt!« Pieter funkelte die beiden jungen Männer böse an.
    Henry aber packte noch fester zu. »Sag mir, was passiert ist!«, zischte er. »Los, wird’s bald! Karini lag heute Morgen grün und blau geschlagen auf unserem Feld.«
    »Was?« Martin schüttelte heftig den Kopf. Henry zögerte. Martins Überraschung schien echt.
    »Schluss jetzt, sage ich.« Pieter erhob sich und packte Henry an der Schulter und zog ihn von Martin weg. »Das kleine Biest war nicht artig, da musste man ihr mal Gehorsam beibringen.«
    Henry traute seinen Ohren nicht. Was bildete dieser Mensch sich ein? Er wollte sich auf Pieter stürzen, aber Martin hielt ihn zurück und schob sich zwischen ihn und seinen Vater. Sein Blick war dunkel, als er sich an seinen Vater wandte. Es war ein Blick, den Henry aus ihrer Kindheit kannte.
    »Hast du sie geschlagen, Vater? Sag!«
    Pieter zuckte nur die Achseln.
    Jetzt war es Martin, der mit dem Arm ausholte, doch Pieter war schneller und umklammerte die Hand seines Sohnes mit eisernem

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