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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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die Beine und den Rücken, aber Masra Pieter durfte sie hier auf keinen Fall entdecken. Wieder knarrte die Tür. Schritte entfernten sich. Karini blieb in ihrem Versteck hocken. Was hatte er da nur getan? Er kam doch nicht mitten in der Nacht, um Sarina Medizin zu geben? Plötzlich kam Karini ein böser Verdacht. Masra Pieter scherte sich nicht um die Kranken. Vielleicht, weil er ganz genau wusste, warum sie krank waren?
    Plötzlich packte sie jemand bei den Haaren und zog sie aus ihrem Versteck. Entsetzt erkannte sie Masra Pieter! Ehe Karini schreien konnte, drückte er ihr die Hand auf den Mund. »Wenndu schreist, bringe ich dich um.« Er zerrte sie hinter sich her, bis weit hinter das Mühlengebäude. Dort warf er sie auf den Boden. »Was hattest du da zu suchen? Was hast du gesehen?« Er beugte sich zu ihr hinunter und schlug ihr ins Gesicht.
    »Nichts«, wimmerte Karini.
    »Ich frage dich noch einmal: Was hast du gesehen?« Er schlug erneut zu, Karini spürte, wie ihre Lippe platzte, und schmeckte Blut. Sie musste husten. Er trat ihr in die Seite. »Wenn du verdammtes Negermädchen auch nur einen Ton sagst, dann …« Er trat noch einmal zu. Karini wurde schwarz vor Augen.
    Als sie die Augen wieder öffnete, schien der Mond über ihr. Einen kurzen Moment wusste sie nicht, was geschehen war, dann spürte sie die Schmerzen und krümmte sich zusammen. Schwer atmend versuchte sie, ihren Körper unter Kontrolle zu bringen. Sie horchte in sich hinein. Insbesondere ihr Bauch und ihre Rippen schmerzten, und sie schmeckte, dass ihre Lippe immer noch blutete. Sie nahm all ihre Kraft zusammen und versuchte, sich aufzusetzen. Als der erste Schwindel sich gelegt hatte, kam die Erinnerung zurück. Karini verstand sofort die Tragweite dessen, was geschehen war, und fasste einen Entschluss. Sie musste weg von hier. Und sie musste Hilfe holen. Masra Pieter würde nicht nur Masra Thijs und Sarina umbringen, sondern sie womöglich auch. Langsam richtete sie sich auf, kleine Sterne tanzten vor ihren Augen und ihre Knie drohten nachzugeben. Dann aber gelang es ihr, ein paar Schritte zu laufen. Und noch ein paar. Die Schmerzen ließen zwar nicht nach, aber sie lief.
    Sie lief in den Wald hinein, auf dem Weg, der nach Rozenburg führte.

Kapitel 22
    H enry erreichte in aller Frühe mit einer Arbeiterkolonne das Zuckerrohrfeld, als ein paar Arbeiter aufgeregt riefen und winkten. Er wendete sein Pferd und trabte auf sie zu. Zwischen den Männern lag eine Person am Boden. Im ersten Moment dachte er, einer der Arbeiter wäre erkrankt, doch dann sprang er schockiert vom Pferd.
    »Karini? Oh Gott … Karini?« Er beugte sich über das Mädchen. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Wie kam sie hier auf das Feld? War sie etwa gelaufen, mitten in der Nacht? Dann sah er ihr zerschlagenes Gesicht. Eine heiße Wut schoss durch seinen Körper.
    Behutsam hob er sie hoch, legte sie kurz einem Arbeiter in die Arme und stieg auf sein Pferd. Der Mann reichte ihm Karini vorsichtig hinauf. Mit einer Hand am Zügel, mit dem anderen Arm das Mädchen haltend, trieb er sein Pferd in Richtung Plantage.
    »Mutter!« Sein Ruf hallte über den Wirtschaftshof. Die Panik in seiner Stimme überraschte ihn selbst.
    Juliette und Kiri kamen fast gleichzeitig aus dem Haus gestürmt.
    »Henry? Ist etwas passiert?« Doch im selben Moment schlug sie sich die Hand vor den Mund. »Grundgütiger!«
    »Sie lag im Feld, hinten am Wald. Sie muss gelaufen sein.«
    Gemeinsam hoben die Frauen Karini vom Pferderücken und legten sie behutsam auf den Boden.
    »Oh Gott! Wer hat sie denn so zugerichtet?« Juliette wischte Karini vorsichtig mit einem Rockzipfel das Blut aus dem Gesicht.Das Mädchen gab ein leises Stöhnen von sich und die Augenlider flatterten.
    »Ich weiß es nicht, Mutter. Aber ich werde es herausfinden.« Henry wendete sein Pferd und trieb es an.
    »Henry, nein! Warte!«, hörte er seine Mutter verzweifelt rufen, doch er ritt blind vor Wut geradewegs zurück in die Zuckerrohrfelder und in Richtung Watervreede.
    Julie blickte ihm hinterher. Sie wusste, dass sie ihn nicht aufhalten konnte.
    »Kiri, komm, wir bringen sie ins Haus.« Gemeinsam trugen sie das Mädchen in eines der Zimmer. Julie schickte Kiri nach einer Schüssel und etwas Wasser und ließ sie ihre Tochter vorsichtig waschen. Julie strich dem Mädchen immer wieder behutsam über die Haare und beobachtete erleichtert, dass Karini wieder zu Bewusstsein kam. Das Mädchen blickte sich fragend um,

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