Die Bluterbin (German Edition)
schändliche Tat bereuen würdet.“ Er unterstrich seine Worte durch eine verächtliche Bewegung seiner Hand, die ihre Wirkung nicht verfehlte.
Robert merkte zu spät, dass er mit seiner Lüge einen Fehler begangen hatte. Doch wenn er stattdessen wahrheitsgemäß gesagt hätte, dass Bruder Gregor ihm in der Kapelle den Schlüssel zum Geheimgang übergeben hatte, hätte er auch sagen müssen, dass der Bischof Marie entführt und gefangen gehalten hatte, und dafür gab es nur einen Zeugen, Bernard.
Vor Gericht benötigte man aber mindestens zwei Zeugen, um jemanden eines Vergehens anzuklagen oder zu entlasten, und selbst dann würde ihnen noch immer niemand glauben, dass der Bischof von Bourges ein Entführer und Mörder sein sollte.
Ihre Lage war ernster, als er angenommen hatte. Suchend ließ er seinen Blick über die Menge schweifen, aber er konnte Bernard nirgends entdecken.
„Bringt die Zeugen her“, befahl Albertus dem Gerichtsdiener.
Gewaltsam räumten die bischöflichen Wachen den Mittelgang und bahnten den beiden Mönchen dadurch einen Weg nach vorne.
„Das hier sind Bruder Wilhelm und Bruder Martin. Sie haben gesehen, wie der Graf de Forez fluchtartig die Kapelle verlassen hat.“ Albertus wandte sich an das Tribunal.
„Warum sollte ein Mann, der nichts zu verbergen hat, aus der Kapelle stürmen, als ob der Teufel hinter ihm her wäre?“ Die Menge murmelte Zustimmung.
Robert wurde langsam wütend.
„Ich habe Euch schon einmal gesagt, dass ich Bruder Gregor in seinem Blut liegend vor dem Altar gefunden habe. Der Mörder konnte noch nicht weit sein, und ich fürchtete ebenfalls um mein Leben. Nur aus diesem Grund habe ich mich beeilt, von der Kapelle fortzukommen.“
„Aber es entspricht doch der Wahrheit, dass Ihr den Mord nicht gemeldet habt, sondern stattdessen noch in der gleichen Nacht aus der Stadt geflohen seid?“
Robert winkte resigniert ab. So wie Albertus den Vorgang schilderte, konnte gar niemand daran zweifeln, dass er Bruder Gregors Mörder war. Und wenn ihm nicht bald etwas einfiele, würden sie ihn tatsächlich wegen Mordes verurteilen.
Zufrieden mit sich selbst wandte sich Albertus daraufhin wieder an die Schöffen. Sein Gesicht glühte vor Eifer.
„Gott hat mich erwählt, um diesen heimtückischen Mord aufzuklären, bei dem Satan seine Hände mit im Spiel hat. Bringt die anderen Zeugen.“
Die Wachen brachten nunmehr drei Frauen herein, die Robert nie zuvor gesehen hatte. Ihren Gewändern nach zu urteilen, handelte es sich bei allen dreien um wohlhabende Händlerfrauen.
„Sagt, was Ihr zu sagen habt, so wahr Euch Gott helfe.“ Albertus nickte den Frauen aufmunternd zu.
Die Blicke der Frauen richteten sich auf Marie, die den Verlauf des Prozesses bisher schweigend verfolgt hatte.
„Das da vorne ist Marie Machaut, die Tochter des Tuchhändlers Jean Machaut, und sie ist von Dämonen besessen“, begann schließlich eine von ihnen, die offensichtlich als Wortführerin fungierte. Ihr gewaltiger Busen wogte drohend auf und ab, als sie Luft holte, um fortzufahren. Sie genoss die allgemeine Aufmerksamkeit ganz offensichtlich und leckte sich genüsslich mit der Zungenspitze über die fleischigen Lippen, bevor sie weitersprach.
Ihre mit Federn besetzte, überdimensionale Haube lenkte die Aufmerksamkeit von ihrem feisten Gesicht ab, konnte aber nicht verhindern, dass sie in ihrem blauen Gewand aussah wie eine Wurst in der Pelle.
„Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen, Gott ist mein Zeuge“, fügte sie theatralisch hinzu. Die beiden anderen Frauen nickten zustimmend.
Albertus triumphierte, und in seine harten Augen trat ein wissender, hasserfüllter Ausdruck. Einmal mehr zeigte sich, dass allein die Frauen der Grund und die Wurzel allen Übels waren.
„Da habt Ihr es. Die junge Frau hat einen Pakt mit dem Satan geschlossen und gemeinsam mit ihm den Grafen dazu verführt, den Mord an Bruder Gregor zu begehen. Heimtückisch und ohne Gnade.“
Die Zuschauer tobten. Rufe nach Vergeltung wurden laut, die Menge wollte Blut sehen.
Jean Machaut wurde blass. Gegen diese Beweislast würden selbst die von ihm erwählten Schöffen nichts ausrichten können. Die schrecklichen Bilder der Vergangenheit tauchten erneut aus den Tiefen seines Gedächtnisses empor. Sollte sich alles noch einmal ereignen? Konnte Gott so grausam sein und zulassen, dass seine Tochter in den Tod geschickt wurde, nur weil sie Menschen geheilt hatte? Auch wenn sie nach dem Mord an Bruder Gregor
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