Die blutige Arena
welche ihr Leben damit verbracht hatte, die Schwellen der Reichen zu scheuern, ein eigenes Haus mit großen Säulenhallen, prächtigen Marmorfliesen und reichgeschmückten Möbeln zu erbauen. Dennoch fühlte er sich durch eine traditionelle Neigung mit dem Stadtteil verbunden, wo er seine trübselige Kindheit verbracht hatte. Es freute ihn, die Leute zu blenden, bei denen seine Mutter im Dienste gestanden war, oder ihnen im Augenblick der Not eine Handvoll Geldstücke zu geben, weil sie seinem Vater ein Paar Schuhe gebracht oder ihm selbst in Tagen der Not ein Stück trockenen Brotes überlassen hatten. Er kaufte verschiedene alte Häuser auf; in einem derselben hatte sein Vater seinen Schusterladen gehabt. Er ließ es niederreißen und begann ein neues aufzuführen, welches weiße Mauern, grüne Fensterläden, einen großen Vorhof mit Fliesen und ein eisernes Gitter haben sollte, durch welches man einen Springbrunnen innerhalb einer Kolonnade sehen würde.
Die Freude seines Schwagers Antonio, so ungehindert über die Bauten des Torero verfügen zu können, verringerte sich plötzlich ganz gewaltig durch eine Schreckensnachricht. Gallardo hatte eine Braut. Er eilte jetzt im Frühling durch ganz Spanien von einer Stadt zur anderen, erlegte Stiere undwurde überall bejubelt. Doch sandte er täglich eine Karte an ein Mädchen des Bezirkes und während der kurzen Pausen zwischen zwei Tourneen verließ er seine Kameraden und eilte nach Sevilla, um mit ihr am Fenster zu sprechen. »Hat man so etwas gesehen?« äußerte sich der Schwager, der sich in dem Gefühl verletzt fühlte, das er Familiensinn nannte. »Er hat eine Braut, ohne seiner Familie ein Wort zu sagen!«
Die Braut war eine Waise und lebte bei Verwandten, welche einen Laden im Bezirke hatten. Ihr Vater, ein früherer Branntweinhändler, hatte ihr zwei Häuser in der Umgebung von Macarena hinterlassen. »Es ist zwar wenig,« sagte Frau Angustias, »doch bringt das Mädchen immerhin etwas mit. Und ihre Hände sind mehr wert, als manche reiche Ausstattung. Man mußte nur sehen, wie sie die Tücher einsäumte und sich die Ausstattung selbst zusammennähte.«
Gallardo erinnerte sich dunkel, mit ihr als Knabe gespielt zu haben, während die zwei Mütter miteinander plauschten. Sie war damals klein, dunkel, hatte schwarze, große Augen und war flink wie eine Eidechse. Beim Laufen zeigte sie ein mageres Bein, das Haupthaar ringelte sich in schwarzen, widerspenstigen Locken um ihr Haupt. Er hatte sie dann aus den Augen verloren und sah sie erst wieder, als er schon anfing, einen Namen zu haben.
Es war am Fronleichnamstage, einem der wenigen Feste, an welchem die Frauen Sevillas, die sonst zu Hause bleiben müssen, auf die Straßen gehen können. Gallardo bemerkte ein großes, schlankes Mädchen, mit vollen Formen, in der Kraft ihrer jungen Mädchenschaft. Ihr bleiches Angesicht färbte sich,als es den Torero sah. Ihre großen Augen verbargen sich hinter langen Wimpern. »Dieses Mädchen kennt mich,« sagte sich Gallardo voll Eitelkeit, »sie hat mich sicher im Zirkus gesehen.« Und als er erfuhr, daß das Carmen, die Spielgefährtin seiner Jugend war, fühlte er sich über die wundervolle Verwandlung der schwarzen Eidechse ganz verwirrt und betroffen. Sie verlobten sich und alle Nachbarn sprachen von dieser Verbindung, in welcher sie eine neue Ehre für den Bezirk sahen.
Als er nach der Verlobung mit ihr am Fenstergitter plauderte und ihr braunes Gesicht zwischen den Blumen betrachtete, da brachte ihm ein Bursch aus der nahen Schenke einen großen Korb mit Wein. Es war Brauch in Sevilla, den Verlobten, wenn sie am Fenster miteinander sprachen, diese Gabe zu senden. Nach der Rückkehr von seiner Frühjahrstournee verbrachte er die Frühlingsnächte, in seinen weiten seidenbesetzten Mantel eingehüllt, vor dem Fenster seiner Carmen.
»Man erzählte mir, daß du viel trinkst«, sagte sie, indem sie ihre Wange an die Eisenstäbe drückte.
»Nicht der Rede wert. Eine Zusammenkunft mit Freunden, sonst nichts. Und dann weißt du, ein Torero ist ein Torero, der lebt nicht wie ein Klosterbruder.«
»Man sagt mir auch, daß du mit schlechten Weibern gehst.«
»Das ist eine Lüge. Das war damals, als ich dich noch nicht kannte. Ein Schuft, der das sagte. Wenn ich ihn nur erwischen könnte.«
»Und wann werden wir heiraten?«
Mit dieser Frage schnitt sie den Zorn ihres Verlobten ab.
»Wenn das Haus fertig ist, mein Schwager, der Dummkopf, bringt ja nichts
Weitere Kostenlose Bücher