Die blutige Arena
Mädchen, welche früher seinen Hunger gestillt und seine Kleider in Ordnung gehalten hatten, sahen sich nun plötzlich mit einem verächtlichen Lächeln abgelohnt. Sogar sein alter Gönner hielt sich klugerweise im Hintergrund, da man ihm gezeigt hatte, daß er ungelegen komme, deshalb nahm er andere junge Leute, welche dieselbe Laufbahn einschlagen wollten, unter seinen Schutz.
Die Unternehmung, welcher die Plaza de Toros gehörte, trat an Gallardo heran und ging mit ihm um, als wäre er schon eine Berühmtheit. Stand sein Name auf den Plakaten, so war der Erfolg des Tages gesichert, der Zirkus ausverkauft. Die Bevölkerung klatschte dem »Jungen der Frau Angustias« stürmisch Beifall und verkündete überall seinenRuf, der sich schnell über Andalusien verbreitete. Durch anderthalb Jahre trat Juan in den größten Städten Spaniens auf und schließlich war man in Madrid auf ihn aufmerksam geworden. Man wollte den jungen Sevillaner kennen lernen, von dem die Zeitungen so viel erzählten. Er hatte in Madrid Glück, er schloß dort Freundschaft und es bildete sich um ihn eine Gruppe von Anhängern, welche ihn den Torero der Zukunft nannten.
Das Leben in der Familie hatte sich vollständig geändert. Gallardo, der mit den großen Herren von Sevilla verkehrte, wollte nicht, daß seine Mutter in der alten Stätte des überwundenen Elends wohne. Er wäre gerne in die schönste Straße der Stadt gezogen, doch Frau Angustias blieb ihrem Bezirk treu mit jener Anhänglichkeit, welche sich oft die einfachen Leute im Alter für die Stätte ihrer Kindheit bewahren. Sie lebte jetzt in einem schöneren Hause, arbeitete nicht mehr und die Nachbarinnen machten ihr den Hof. Juan trieb, abgesehen von den Schmuckstücken, die er zur Schau trug, einen Aufwand, zu dem er sich als Torero verpflichtet fühlte. Er kaufte sich ein Reitpferd und ritt so durch die Straßen, nur um die Huldigungen seiner Freunde entgegenzunehmen, welche ihn überall mit lautem Bravo begrüßten. Das befriedigte für den Augenblick sein Streben nach Popularität. Ein andermal begab er sich wieder mit den vornehmen Herren der Stadt zu einem Stiergefecht, um diesesmal als Zuschauer das Spiel zu betrachten.
Endlich kam auch für ihn der Tag, an dem er seinen Befähigungsnachweis erbrachte. Ein berühmter Torero gab ihm inmitten der Arena den Degen mit dem roten Tuch unddas Publikum raste vor Begeisterung, als er mit einem Stoß den ersten Stier, der ihm entgegentrat, zu Boden streckte.
In den folgenden Monaten mußte der junge Doktor der Stierfechterkunst noch einmal im Zirkus von Madrid seine Kunst beweisen. Hier stellte ihm ein anderer, nicht weniger berühmter Meister des Faches die gleiche Aufgabe und zwar in einer Corrida mit Stieren aus Miura. Jetzt war er kein Anfänger mehr, der sich mit Neulingen abgab, nun stand sein Name neben dem der alten Toreros, welche er wie unerreichbare Götter bewundert hatte, wenn er seinerzeit von Ort zu Ort zog. Er erinnerte einen seiner Kameraden, daß er ihn auf einer Station in der Nähe von Cordoba erwartet und um Hilfe gebeten hatte, als er mit seinem Begleiter den Zug bestieg. Damals konnte er sich sogar satt essen, dank der Brüderlichkeit, welche alle Stierkämpfer untereinander verbindet und welche den berühmtesten Torero veranlaßt, dem jungen Anfänger eine Zigarre und einen Duro zu geben.
Die junge Berühmtheit wurde mit Kontrakten überrannt. Man wollte ihn in allen Städten der Halbinsel sehen. Die Zeitschriften veröffentlichten seine Bilder und machten ihn populär, sie schmückten seine Lebensgeschichte mit romanhaften Begebenheiten aus. Keiner unterschrieb so viel Kontrakte wie er, das Geld strömte ihm nur zu. Sein Schwager Antonio begleitete diesen Aufstieg vor seiner Frau und Schwiegermutter mit Protesten und Stirnrunzeln. Juan war ein undankbarer Bursche, er hatte sich einen Vertreter genommen, einen gewissen Don Jose, der gar nicht zur Familie gehörte. Doch Gallardo beschwichtigte seinen Schwager, indem er ihm die Aufsicht über den Bau seines Hauses übertrug, das er sicherrichten ließ, wobei er ihm bezüglich der Kosten freie Hand ließ. Der Torero, welcher über die Leichtigkeit, mit der ihm das Geld zufloß, ganz erstaunt war, wünschte sogar, daß sein Schwager sich etwas für seine Tasche beiseite lege, indem er ihn auf diese Weise dafür entschädigte, seine Vertretung einem anderen übertragen zu haben.
Juan war im Begriffe, einen langgehegten Wunsch zu erfüllen und seiner Mutter,
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