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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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unter völliger Verachtung jeder Gefahr in ein Dorf.
    Die »Fünfundvierzig« führten genaue Berichte über ihn, als wäre er ein Torero, sie entrichteten ihm gerne ihren Beitrag und teilten ihre Nachrichten nur Freunden mit. Eine Anzeige zog alle Arten von Unannehmlichkeiten nach sich. Und warum denn? ... Die Behörden verfolgten den Banditen ohne jeden Erfolg und die Denunzianten waren seiner Rache ausgeliefert.
    Der Marquis sprach von Plumitas, ohne gegen ihn Stellung zu nehmen und lächelte dazu, als ob es sich um ein natürliches und unvermeidliches Übel handelte. Er hatte auf seinen Höfen und Wirtschaften überall den Befehl erteilt, dem Räuber alles, was er forderte, zu geben. Und nach den Äußerungen seiner Pächter und Hirten sprach Plumitas mit dem alten Respekt des Landarbeiters vor seinem Brotherrn in Ausdrücken des größten Lobes über ihn, ja, er drohte sogar, jeden zu töten, der seinem alten Marquis nur das Geringste zu Leide täte. Armer Teufel! Für diese Kleinigkeit, ihm den Hunger zu stillen oder ihm ein Obdach zu gewähren, stand es wirklich nicht dafür, ihn zu reizen und seine Rache auf sich zu laden.
    Der Marquis, der allein über die weiten Steppen ritt, auf denen seine Tiere weideten, glaubte dem Plumitas öfters begegnet zu sein, ohne ihn zu kennen. Er mußte einer jener armen Reiter sein, die er zuweilen allein traf und welche die Hand zum abgegriffenen Hute führten, während sie ihm ihr »Gott zum Gruße, Señor Marqué« zuriefen. Manchmal geriet der Marquis, wenn er so von dem Banditen sprach, mit Gallardo in Gegensatz, da sich der Torero voll Entrüstung gegen die Behörden wandte, welche das Eigentum nicht schützen konnten.
    »Eines schönen Tages wird er sich in La Rinconada einfinden«, sagte der Marquis mit ernster Stimme.
    »Zum Teufel, das fehlte mir noch, Herr Marquis. Und dafür zahlt man so viel Steuern?«
    Nein, es war ihm gar nicht darum zu tun, bei seinen Ausflügen nach La Rinconada mit dem Banditen zusammenzutreffen.Er war ein tapferer Torero und setzte sein Leben aufs Spiel, um sein Brot zu verdienen. Doch jene Leute, welche sozusagen berufsmäßig ihre Mitmenschen töteten, flößten ihm jenes Gefühl ein, das er vor allem empfand, was ihm unbekannt und unverständlich war.
    Gallardo hatte seine Familie auf den Hof gebracht und versprach nachzukommen, doch schob er diesen Zeitpunkt durch alle möglichen Ausflüchte immer wieder hinaus. Er blieb mit Garabato allein in der Stadt und hatte so volle Freiheit, seine Beziehungen zu Doña Sol fortzusetzen. Diese Zeit war für ihn die schönste seines Lebens, manchmal vergaß er sogar auf La Rinconada und seine Bewohner.
    Doña Sol liebte es, über die weiten Steppen zu jagen und der Torero ritt in seinem pittoresken Kostüm an ihrer Seite, manchmal begleitete sie Don José, der durch seine Gegenwart das Gerede, das durch diese Offensichtlichkeit ihrer Beziehungen entstand, zu beschwichtigen suchte. Sie ritten auf die bei Sevilla liegenden Viehhöfe, um das gefährliche Spiel mit den jungen Stieren zu versuchen und Doña Sol, welche sich für jede Gefahr entflammte, geriet immer mehr in Feuer, wenn ein junger Stier, statt zu fliehen, sich gegen sie wandte, nachdem er den Stich der Lanze gespürt hatte. Und nicht selten geschah es, daß Gallardo ihr zu Hilfe kommen mußte. Dann begaben sie sich wieder zur Station Empalme, wenn sie erfahren hatten, daß man Stiere für irgend eine Veranstaltung in Spanien verschicken wollte.
    Doña Sol betrachtete diesen Ort, welcher der wichtigste Mittelpunkt der für diese Zwecke in Betracht kommenden Frachten war, mit begreiflicher Neugier. Unmittelbar nebender Bahn lagen ausgedehnte Fenzen, gewaltige, graue, mit Türen versehene Holzkäfige auf Rädern standen in langen Reihen und warteten auf die Zeit, ihre lebendige Fracht fortzuführen. Diese Käfige waren schon durch ganz Spanien gefahren und hatten in ihrem Innern so manchen Stier in die fernsten Plätze gebracht. Menschliche Klugheit und Geschicklichkeit hatten es schnell ermöglicht, diese an die Freiheit gewöhnten Tiere wie eine Ware zu verschicken. Die Stiere, welche befördert werden sollten, wurden auf einer engen und staubigen Straße zwischen zwei mit Stacheln versehenen Drahtgeflechten durchgetrieben. Wenn sie zur Station kamen, hetzte man sie zur schärfsten Gangart an, um sie so leichter täuschen zu können.
    Vorne gallopierten die Treiber und Hirten mit der Lanze und hinterher liefen die Leitstiere, welche die

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