Die blutige Arena
manche einen seiner Rivalen begünstigten.
Die Ausschmückung des Hauses verriet Charakter, wie Don José zu sagen pflegte: Säulen auf hohen Sockeln, die mit arabischen Porzellanfliesen verziert waren, auf den Wänden sah man zahlreiche Plakate früherer Stierkämpfe, ferner die Schädel von Stieren, welche durch die von ihnen getöteten Pferde oder durch die Erinnerung an den Tod eines hervorragenden Toreros eine traurige Berühmtheit erlangt hatten, Mäntel und Degen von Stierfechtern, welche diese Stücke zum Andenken zurückgelassen hatten, als sie ihren Beruf aufgaben.
Die Diener waren im Frack. Wenn aber in der Karwoche oder an großen Festen von Sevilla die Freunde der Stierfechtkunst aus anderen Städten Spaniens zum Besuch der »Fünfundvierzig« eintrafen, ging die in rotgelbe Livree gekleideteDienerschaft in Kniehosen und weißen Perrücken herum und würdevoll, wie Lakaien des königlichen Hauses, brachten sie ihren Gästen, von denen viele Kragen und Kravatte abgelegt hatten, die vollen Weinkörbe an den Tisch.
Wenn dann am Nachmittag der Vorsitzende der Gesellschaft, der edle Marquis de Moraima, kam, da saßen die Mitglieder im Halbkreis in bequemen Lehnstühlen um den berühmten Viehzüchter, dessen Fauteuil auf einer kleinen Erhöhung stand, von der er die Konversation leitete.
Diese begann immer mit dem Wetter. Der Marquis teilte seine Erfahrungen mit, die er auf seinen endlosen Ritten über die unübersehbare andalusische Tiefebene gesammelt hatte.
Doch wenn die Sorge um die Witterung nicht ihr Gespräch beherrschte, so plauderten sie über das Vieh und natürlich über die Stiere, von denen sie mit solcher Wärme sprachen, als wenn sie mit ihnen durch Bande der Verwandtschaft verbunden wären. Die anderen hörten achtungsvoll auf die Bemerkungen des Marquis und jene Klubmitglieder, welche die Stadt bewohnten, bewunderten ihn, da er es verstand, so tüchtige Bullen heranzuziehen. Und was wußte er nicht alles. Er zeigte sich durchdrungen von der Größe seiner Aufgabe, wenn er über die Sorgfalt sprach, welche die Stiere erforderten. Von 10 Tieren war eines für den Kampf geeignet. Wenn es sich unter dem Eisen der Wurflanze mutig und angriffslustig zeigte, konnte es für die Arena in Betracht kommen und mit aller Sorgfalt aufgezogen werden. Und was das für eine zeitraubende Pflege erforderte! Man mußte sich jeden Augenblick bereit halten, auf Futterund Wasser achten und bei jedem Temperaturwechsel einen anderen Platz aufsuchen. Diese Wartung kostete mehr, als der Unterhalt einer Familie und bis zum letzten Augenblicke hieß es, auf dem Posten zu sein, dem Tiere die Form zu bewahren, daß es der Zucht Ehre mache.
Der Marquis hatte sich in mehreren Städten mit den Unternehmern und Behörden zerstritten, da er sich weigerte, ihnen seine Stiere abzulassen, wenn die Musik während der Veranstaltung spielte. Der Lärm der Instrumente erschreckte die edlen Tiere und brachte sie um ihre Ruhe und ihren Mut, sobald sie in das Rondell sprangen.
»Sie sind gerade so wie wir,« sagte er ernst, »es fehlt ihnen nur die Sprache und manche sind mehr wert als ein Mensch.«
Und dann erzählte er von einem alten Stier, Lobito genannt, und erklärte, daß er ihn nicht für ganz Sevilla verkaufe. Wenn er während seiner Ritte über die weiten Grasheiden in seine Nähe kam, genügte der Ruf »Lobito«, um die Aufmerksamkeit des Tieres zu erregen. Der Stier verließ sofort seine Gefährten, lief dem Marquis entgegen und rieb sein Maul an den Stiefeln des Reiters. Dabei war er ein Riese an Gestalt und Kraft, so daß sich alle anderen Tiere respektvoll von ihm fernhielten.
Der Marquis stieg vom Pferde, zog aus seiner Tasche ein Stück Schokolade und gab es dem Stier, der voll Behagen den mit zwei gewaltigen Hörnern bewehrten Kopf vorstreckte. Der Marquis ging, einen Arm um den Hals des Tieres geschlungen, langsam weiter und mischte sich in die Schar der Stiere, welche infolge der Gegenwart des Menschen unruhig hin- und hertrotteten. Doch der Alte hatte keine Angst.Lobito, der wie ein Hund neben ihm daher Schritt, schützte ihn mit seinem Körper und blickte nach allen Seiten herum, als wollte er den Gefährten mit seinen flammenden Augen Furcht einjagen. Wenn einer, der kühner war, als die anderen, den Marquis angehen wollte, da streckten sich ihm die gewaltigen Hörner drohend entgegen. Wenn sich mehrere zusammenschlössen und den Weg versperrten, senkte Lobito sein bewehrtes Haupt und bahnte sich so seinen
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