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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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Ich spreche von den anderen Frauen, die ihr so, wie es Stierkämpfern zukommt behandelt, Frauen, welche euch um so mehr lieben, je mehr ihr sie prügelt. Nicht? Hast du noch niemals geprügelt?«
    Gallardo protestierte mit der Würde des Mannes, der unfähig ist, anderen, die nicht so stark sind wie er, etwas anzutun. Doña Sol zeigte sich über seine Erklärung ein wenig enttäuscht.
    »Eines Tages wirst du mich schlagen, ich will das kennen lernen«, sagte sie entschlossen. Ihr Gesicht verfinsterte sich, ihre Augenbrauen berührten sich und ein bläulicher Blitz belebte den Goldglanz ihrer Pupillen. »Doch nein, mein Freund, tue es lieber nicht, du würdest unterliegen.«
    Der Rat war gut und Gallardo hatte Gelegenheit, sich daran zu erinnern. Eines Tages entfesselte im Augenblicke ihres intimen Zusammenseins eine etwas rauhe Liebkosung seiner kampfgewohnten Hände den Zorn dieser seltsamen Frau, welche die Männer anzog und sie gleichzeitig haßte. Und ihre geballte Rechte, hart wie eine Keule, traf ihn von unten her mit solcher Sicherheit auf die Kinnbacken, daß diese Geschicklichkeit eine genaue Kenntnis des Boxkampfes verriet.
    Gallardo blieb, von dem Schmerz des Schlages und seiner Beschämung übermannt, wie betäubt liegen, während Doña Sol, als würde sie das Ungewöhnliche des Geschehenen begreifen, sich mit kalter Feindseligkeit zu rechtfertigen suchte.
    »Das soll dir eine Lehre für die Zukunft sein. Ich weiß, was ihr Toreros für ein Gesindel seid. Ließe ich dir freie Hand, so würdest du mich schließlich wie eine Straßendirne verprügeln ... So habe ich dich gewarnt und du kannst dich von nun an danach richten.«
    Eines Abends kehrten sie, es war im Frühling, von dem Besuche einer Zucht des Marquis zurück. Dieser schlug mit den Reitern die Straße ein, während Doña Sol mit Gallardo über die Wiesen ritt und sich an dem weichen Schritt der Pferde auf dem Graskissen der unübersehbaren Steppe erfreute.
    Die untergehende Sonne tauchte das Grün der Ebene in ein zartes Rot, in welchem alle Farben der fernen Baumgruppen und Gräser aufleuchteten, als wären sie von einem plötzlichen Feuer ergriffen. Die Schatten der Reiter wuchsen immer größer über den Boden hin und die Lanze, welche Gallardo trug, warf ihren Schatten bis an den Horizont. Auf der einen Seite glänzte der Fluß wie eine im Grase verborgene Stahlklinge.
    Doña Sol blickte ihren Begleiter mit herrischem Ausdrucke an.
    »Nimm mich um die Hüfte.«
    Er gehorchte und sie ritten so, Hüfte an Hüfte und eng umschlungen, weiter. Doña Sol betrachtete ihr gemeinsames, in eine einzige Form zusammengeflossenes Schattenbild, das im langsamen Rythmus des Rittes hin- und herschwankte.
    »Es scheint, wir leben in einer anderen Welt, in einer Welt der Legende,« murmelte sie, »wie man sie auf den alten Bildern oder Gobelins sieht und von der die Heldenbücher erzählen. Der Ritter und seine Dame reiten zusammen aufAbenteuer aus. Doch du verstehst nichts davon, nicht wahr?«
    Der Torero lächelte, wobei er seine schönen, weißen Zähne zeigte. Und wie von neuem durch dieses offene Geständnis seiner Unwissenheit angezogen, schmiegte sie sich noch inniger an ihn und ließ das Haupt auf eine seiner Schultern fallen, während sie gleichzeitig unter dem Kitzel von Gallardos Atem, der ihren Hals voll Wärme traf, erschauerte.
    So ritten sie schweigend weiter. Doña Sol schien auf den Schultern des Toreros eingeschlafen zu sein. Doch plötzlich öffneten sich ihre Augen mit jenem ungewöhnlichen Glanz, der immer der Vorläufer ihrer seltsamen Einfälle war.
    »Sag, hast du noch niemanden getötet?«
    Gallardo machte eine Gebärde der Überraschung und lockerte dadurch die Umarmung mit Doña Sol. Er sollte jemand getötet haben? Niemals. Er war ein guter Bursche, der es in seiner Laufbahn zu Ehren und Ansehen gebracht hatte, ohne jemandem geschadet zu haben. Manchmal war er mit einem Kameraden zusammengeraten, wenn sie unter ihresgleichen den Stärksten herausforderten. Ja, Ohrfeigen mit manchem seiner Nebenbuhler, ein Faustschlag in einem Kaffeehaus, darin bestanden seine ganzen Heldentaten. Doch das Leben seiner Mitmenschen flößte ihm eine unbesiegbare Scheu ein. Stiere, ja, das war was anderes.
    »Derart hast du also niemals das Verlangen gehabt, einen Menschen zu töten? Und ich glaubte, daß die Toreros ...«
    Der Schein der Sonne wurde schwächer, das Gelände verlor seine phantastische Beleuchtung, der Glanz des Flussesverlosch und die

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